Dass Axmann den Jahreswechsel, Silvester, nicht ausstehen konnte, war bekannt. Denn: „Was soll man am 31. Dezember feiern? Dass man wieder ein Jahr überstanden hat? Dass morgen die uralte Prozedur aufs Neue beginnt? Ich bin nicht Mitglied im Club der unerschütterlichen Optimisten. Wenn ich die Welt anschaue, sehe ich eher schwarz als rosarot. Je länger ich sie anschaue, desto fester stimme ich dem Satz zu: Ich habe das Gestern gesehen, ich kenne das Morgen…“
Dennoch war David Axmann, obwohl diese Zeilen, welche er in den letzten Tagen des Jahres 2014 verfasste, nicht unbedingt blühende Lebensfreude ausdrückten, keineswegs ein misanthropischer Pessimist. Dazu saß ihm ein zu satirischer Schalk im Nacken, der jenen Blick auf die Welt forderte, wo man sich bereit zeigen sollte, gehörig von der allgemeinen Volksverblödung Abstand zu nehmen.
Überhaupt galt für Axmann die Dummheit als größtes Übel menschlicher Existenz, zumal nämliche für ihn eindeutig hausgemacht war. Er vertrat sogar vehement die Ansicht:„Die größten und dauerhaftesten Gefahren, die uns drohen oder heimsuchen, werden bekanntlich nicht von einem nebulosen Schicksal verursacht, sondern von den Menschen selber. Dass wir, wie der Schriftsteller Arthur Koestler sagt, Irrläufer der Evolution sind, dürfte kaum zu widerlegen sein…“
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Allerdings ergab gerade Axmanns Wissen um diese Diskrepanz des Fehlwegs allen Lebendigen seinen lakonischen Texten die scharfe Würze des Satirikers, der sich gar nicht überlegen musste, ob man sich überhaupt ein Blatt vor den Mund nehmen soll. Dahingehend ging er sogar etwas weiter, als sein hochverehrter Friedrich Torberg, dem Axmann mit seiner „Die Biographie“ mehr als ein Denkmal setzte, weil er im Gegensatz zu Torberg nie daran zweifelte, eine legale Aufenthaltsgenehmigung in Herzmanovskys Tarockei oder Musils Kakanien zu besitzen.
Dahingehend ließ David Axmann sich auch von seinem väterlichen Freund Jörg Mauthe bestätigen, unter dessen Wiener-Journal-Ägide er sein journalistisches Handwerk derart perfektionierte, dass der nunmehrige Verlust seiner aktuellen Worte eine fürchterliche Lücke in der österreichischen Sprach- und Satirekunst hinterlassen wird.
Daher wäre es wohl dringends angebracht, dass eine/r der vielen Nachrufer/innen in der Wiener Zeitung das Heft in die Hand, sich Axmanns Texte zu Brust nimmt und diese im Rahmen einer Anthologie zur Veröffentlichung vorbereitet. Es nützt ja nix, nur über seine brillanten Wortgebilde zu schwafeln, um so zu glauben, ihm ein Denkmal zu setzen.
David Axmann hat uns genug hinterlassen, dass sich ein wohl wackeres Büchlein ausgehen wird und als Schüler dieses bedeutenden Literaten fordere ich sogar, dass die Edition Atelier, die ohne Axmann gar nicht denkbar wäre, alsbald mit der Buchproduktion beginnt! PS: Als sein Schüler wusste ich, dass er gerne das letzte Wort behielt. Ich möchte es ihm hiermit geben: „Während am Silvesterabend viele, fröhlich bis feierlich gestimmt, Bilanz über das alte Jahr ziehen und Pläne für das neue schmieden, liege ich im Bett und warte auf meinen 31. Dezembertraum. Da naht er auch schon, mit einem Satz ist er da, ein Satz voll Sätzen, ein Satzgetümmel, scheinbar willkürlich gefügt, doch wie sich bald zeigt durchaus geordnet, in vorderster Reihe marschieren Ein-, Aus-, Ab-, Zu-, Auf- und Umsatz, dahinter Er-, Be-, Ent-, Gegen-, Über- und Untersatz, dicht gefolgt von Bau-, Brand-, Boden-, Grund-, Merk-, Wurmfort-, sodann Neu-, Kern-, Spreng-, Zins-, Eingangs- und Schlusssatz, doch damit ist das Ende noch nicht erreicht, denn nun treten in respektgebietendem Abstand und in grammatikalischer Würde, gleich einem Herrscherpaar, Hauptsatz und Nebensatz auf, knapp dahinter schreitet Schwiegermutter Schachtel-, und grad wie ich meine, der kuriose Aufzug wär vorbei, hoppelt als ein Hofnarr der Vorsatz in den Traum, der gute Vorsatz, und ruft mir zu und ruft an meiner statt in die Versammlung hinein: Ich nehme mir zu Silvester vor, schöner zu schreiben! Alle Sätze applaudieren, bis auf den erst jetzt und also wie immer zu spät kommenden Nachsatz, der grantig grummelt: Oder wenigstens besser zu scheitern. Blitz, Donner, Tusch – Beckett erscheint, spitzt die Lippen und pfeift den Donauwalzer.“