Es droht eine Wirtschafts- und Gesellschafts-Krise, weit brutaler als 2008. Der Mittelstand wird als Krisenretter unzureichend wahrgenommen. Das hat damit zu tun, dass sich die Politik nicht an den Schlüsselzahlen des Mittelstands 63-32-7-1 orientiert.
Das Schlimme ist, dass die derzeit leichten Erholungstendenzen der EU-Wirtschaft ohne Lernreaktion auf die globalen wirtschafts-politischen Fehler der letzten 10 Jahre bald in noch ärgere EU-Katastrophen münden. Weil Kaufkraft durch von Digitalisierung und politischer Instabilität verursachter Arbeitslosigkeit weg zu brechen droht. Weil Konzeptlosigkeit und irreal hohe Staatenverschuldung den Gestaltungsspielraum der Politik einschränkt. Weil wahrscheinlich wieder Konzerne und Finanzunternehmen „gerettet“ werden müssen, weil sie „too big to fail“ sind. Weil die wachsende Anzahl der in Armut stürzenden Arbeitnehmer, Migranten und sozial Schwachen aufgefangen werden müssen. Und weil gerade derjenige, welcher der Retter in der Krise sein könnte, nämlich der Mittelstand mit seinen KMU und Freiberuflern brutal zur Kassa gebeten und behindert wird. Obwohl er bekanntermaßen innovativ, nachhaltig, fleißig und damit volkswirtschaftlich höchst wertvoll agiert wird er weiter ausgebeutet und von den Regierenden benachteiligt. Wieso eigentlich?
Die vier magischen Zahlen des politisch relevanten Mittelstandes Der Mittelstand sollte eigentlich als ganz tolle und starke politische Zielgruppe erkannt werden. 63% der österreichischen Bevölkerung sehen den Mittelstand als sehr wichtig an, 32% fühlen sich der Wertegemeinschaft Mittelstand (Werte Leistung, Eigentum, Nachhaltigkeit und Fairness) zugehörig, 7% sind Mittelstands-Unternehmer und Unternehmerinnen (KMU, Freiberufler, etc.) und 1% ziehen als Top-innovative, investierende, Wachstums- und Export-orientierte Betriebe ständig den Wagen aus dem Dreck. Alle miteinander sind sie starke Nettozahler ins Steuer- und Umverteilungssystem. Sie könnten der Retter vor und in der Krise sein.
Warum die Parteien bisher kaum - höchstens propagandistisch vor Wahlen - die Zielgruppe Mittelstand ansprechen, unterstützen und mobilisieren, ist völlig unverständlich. Wieso nützt keiner die Chance diejenigen 18% der Österreicher zu adressieren, die keine der bestehenden Parlamentsparteien als für den Mittelstand wählbar ansieht? Fast alle Parteien liegen mit ihren „Sonntagsfrage“-Werten unter dem der Wertegemeinschaft Mittelstand. Auch wenn in den meisten „Wirtschaftsflügeln“ der Parteien durchaus Mittelstands-freundliche Aussagen gemacht werden, die Gesamtpartei rudert zumeist in Richtung einer für sie traditionellen, meist polarisierenden Klientel. Es ist ein unfassbarer Fehler der Parteistrategen, immer nur mit dem partikulärem Primitiv-Schema „1. Wo sind einzelne Probleme? 2. Zu welchen haben wir eine glaubwürdige Lösungs-Kompetenz? 3. Welche Lösung trommeln wir daher?“ mediale Aufmerksamkeit zu suchen, weil auch die anderen Parteien mit anderen Partikulär-Themen punkten und letztlich die Gesamt-Glaubwürdigkeit aller Parteien schwindet. Schlimm, wenn auch junge Parteien so ähnlich vorgehen. Schlimm, wenn die meisten Parteien nicht mehr die Heimat einer maßvollen, ausgewogenen, leistungsbereiten Mitte-Zielgruppe sind, sondern sich an polarisierenden Themen abarbeiten und die Gesellschaft weiter spalten. Aber die künstlich mit mangelhafter Schulbildung „dumm gehaltene“ Gesellschaft begreift immer mehr, dass sie manipuliert wird und reagiert mit Passivität oder Wut: Beides keine Basis zur erfolgreiche Krisenbewältigung.
Seid ihr nicht längst fein raus?
Wann werdet Ihr endlich begreifen, dass man nichts mehr umverteilen kann, wenn die Quelle der Umverteilung, der Mittelstand endgültig ruiniert ist? Die wenig Steuern zahlenden Konzerne und irrational lieber in durch Weltbank und EZB gestützte Bereiche statt in Mittelstand investierenden Finanzunternehmen haben sich Eurer Kontrolle weitgehend entzogen und werden Euch nicht mehr wirklich helfen. Die schlecht ausgebildeten, in immer mehr Wirtschaftsbereichen nicht verwendbaren Arbeitslosen und Working Poor können Euch auch nicht helfen. Auch die digitale Revolution, die vor allem neue Leistungen aber kaum mehr Arbeitsplätze bringt wird Euch nicht helfen. Aber wer ist schon „Euch“? Ja, es gibt tolle, einsatzfreudige Politiker, aber den anderen sei gesagt: Seid ihr nicht längst fein raus? Wird Euch eine 2. Krisenwelle überhaupt betreffen? Müsst Ihr nicht noch nur eine Wahl mit vielen unredlichen Versprechen gewinnen und Euch dann in Eure Aufsichtsrats-, Berater- und Lobbyisten-Jobs, in Eure Villen und „Gated Communities“ zurückziehen? Und an alle: Wo ist die Partei, die ernsthaft für die Werte der Mitte und den Mittelstand eintritt? Wo ist die Stärkung des Herzens und des Rückgrats von Wirtschaft und Gesellschaft, ohne die es keine Krisenbewältigung gibt?
Mag. Wolfgang Lusak, Unternehmensberater und Lobby-Coach www.lusak.at ; www.lobbydermitte.at ; office@lusak.at
Genannte Markt- und Meinungsforschungs-Zahlen siehe:
www.lobbydermitte.at und 7. Welle des Mittelstandsbarometers:
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