Wer hat die Nase vorne: SMART CITY oder SMART REGION?

Man hört, dass 2050 zwei Drittel der Weltbevölkerung in Großstädten leben werden. Dass der Klimawandel und Fehlentwicklungen in Dritte Welt-Ländern uns in Europa beispiellose Migrationswellen bringen werden. Dass wir uns alle auf große Veränderungen in Beruf, Freizeit und Kommunikation einstellen dürfen. Und wir sehen jetzt schon, dass sich die „Big Players“ dieser Welt weniger mit Vernunft und Kooperation auf sinkende Ressourcen bei steigenden Bevölkerungs-Anzahlen einstellen als mit Handels-, Währungs- und sonstigen Kriegen.

Gleichzeitig prophezeien uns Digitalisierungs-Experten und die mit Ihnen verbundenen Konzerne die „schöne neue Welt“ der „Digital City“, welche – in manchen Punkten schon real – die Lösung für viele wenn nicht alle Probleme bringen sollte. Wir sollen dabei mit digitalen Leistungen, intelligenten Gebäuden, mitdenkenden Straßen und Verkehrsmitteln und Umweltqualitäts-Management versorgt werden. Dabei sollen all die Netze wie Strom, Verkehr, Energie, Kommunikation und deren Daten natürlich auch „intelligent“ verknüpft werden. Das bedeutet, dass die jetzt schon leidlich funktionierenden „Bausteine“ wie Fahrpläne, Verkehrsleittechnik, IOT –Internet of things, Facility-Management, kontinuierliche Energieversorgung, Breitband, 5G-Mobilfunknetze, Sicherheits-Überwachung, Feinstaub-Alarm etc. mit Hilfe von Clouds, Robotern, Handy-Apps und Computern etc. in riesigen Smart City-Betriebssystemen verbunden werden. In einer Digitalisierung, welche unseren Konsum, unsere Kommunikation, unseren Aufenthalt, unsere Arbeit, unser Einkommen, unser ganzen Leben kontrollieren kann.

Und was ist im Katastrophen- und Terror-Fall?

Das klingt schon ein wenig so, als ob nicht die Technik für die Menschen, sondern der Mensch innerhalb der Technik funktionieren soll. Aldous Huxley und George Orwell schaut‘s oba! Wird das die einzige Möglichkeit sein, die 2050 ca. 10 Mrd. Menschen zu „versorgen“? Und wird diese Technik auch dafür sorgen können, dass für all diese fast 7 Mrd. Menschen auch genügend Wasser, Luft, Lebensmittel, Platz und Energie vorhanden ist? Werden dann die vermutlich 50-60 smarten Mega-Cities wirklich lebensfähig sein? Was passiert im Katastrophen- und Terror-Fall? Und ist die Inhomogenität der Großstädte mit Ellbogen-Individualisten, gewaltigen sozialen Unterschieden und Parallelgesellschaften nicht eine Gefahr für ein friedliches Zusammenwirken?

Zusammenhalt versus Dschungel

Im „Kampf“ von Smart Cities und Smart Regions um den ersten Platz haben die Megastädte mit Ihren riesigen, Investoren anziehenden Märkten und den auf Veränderung und Anpassung „trainierten“ jungen Menschen jetzt klar die Nase vorne. Aber die mittelgroßen und kleinen Städte sowie ambitionierte Kommunen und Regionen haben auch ein paar starke Potentiale und Argumente für sich. Bei ihnen müssen die Lebensmittel wachsen, die in der Stadt gegessen werden, von ihnen kommt das Wasser, bei ihnen bestehen bessere Rahmenbedingungen für die Etablierung erneuerbarer Energien, gibt es eine attraktivere Lebensqualität, wunderbare Rückzugsorte für Kreativität. Und – vielleicht am wichtigsten – bei ihnen besteht noch eine größere Homogenität, Solidarität und Naturverbundenheit, ein mittelständischer Zusammenhalt, der im „Dschungel“ der Städte einem zunehmenden „jeder gegen jeden“ weicht. Dieser Zusammenhalt kann es sein, der im „ländlichen Raum“ die besseren Voraussetzungen schafft für erneuerbare Energie Zellen, Tourismus- und Technologie-Modell-Regionen, digitalisierte Innovatoren-Cluster, Smart Streets, Crowdsourcing/funding, nachhaltige Nahversorgung und friedliche Kultur. Der Regions-Igel hat eine gar nicht so schlechte Chance den City-Hasen ein wenig auszutricksen. Aber nur, wenn er sich rechtzeitig daran macht, dass er die dafür nötige Infrastruktur wie Glasfaser-Internet, 5G-Mobilfunk, öffentliches Verkehrsangebot, neue Technologien wie Blockchain etc. zur Verfügung hat.

Und wir alle müssen den Politikern und Konzernen mit aller Deutlichkeit erklären, dass mit dem gewaltigen Wachstum einer extrem heterogenen, oft gespaltenen Gesellschaft in Mega-Cities schwer umzugehen ist, dass dort auch die Verletzlichkeit durch Hacken, Terror und Cyber-Angriffe größer ist und … dass man weder Bits noch Bites essen oder trinken kann.

Wolfgang Lusak

( www.lusak.at www.lobbydermitte.at )

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