Personelle Nachbesetzungen sind im Alltagsleben von Gemeinden keine Fremdheit, wobei die Abwicklung und Vorgangsweise u. a. im Stellenausschreibungsgesetz geregelt ist. Bei derartigen Verfahren fließen noch Leitregeln anderer Gesetzesbestimmungen ein. Wesentliche Grundsätze sind dabei die korrekte, nachvollziehbare Verfahrensabwicklung (samt sauberer Protokollierung) und der Zuschlag der vakanten Stelle nach dem Bestbieterprinzip.
Die Gemeinde Biberwier ist schon vor einigen Jahren insofern negativ aufgefallen, als es um die Nachbestellung der Amtsleitung ging. Der Gemeinderat hat die Nachbesetzung ohne öffentliches Ausschreibeverfahren im Gemeinderat beschlossen und mit dieser unrechtmäßigen Vorgangsweise, allen potentiellen Interessenten ihrer verfassungsmäßiger Rechte beraubt. Dass damals keiner der agierenden Gemeinderäte aufgeschrien hat, verwundert sehr und erweckt den Anschein der Ahnungslosigkeit der österreichischen Gesetzgebung. Pikanterweise wurde die damit betraute Person vor vielen Jahren für einen zehn Wochenstunden-Posten für die Substanzverwaltung der Agrargemeinschaft angestellt. Die frühere Ausschreibung enthielt aber keinen Hinweis, dass damit die latente Ausbildung zur Amtsleitung angedacht ist. Auch hier wurde potentiellen Interessenten die Möglichkeit gestohlen, sich dafür zu interessieren!
Die Kritik an den Versäumnissen bei der Bestellung um die Amtsleitung dürfte nicht verhallt sein. Als die Finanzverwaltung erstmals mit 30 Wochenstunden ausgeschrieben war, gab es von mir eine schriftliche Bewerbung. Der Schriftsatz ist in der Amtsstube nie angekommen, die Ursachen für den in Verstoß geratenen Brief (Einwurf im Briefkasten) konnten nie geklärt werden.
Als die damit betraute Dame sich nun intern umorientierte, wurde die Finanzverwaltung wiederum ausgeschrieben, aufgrund der Buchhaltungsumstellung diesmal als Vollzeitstelle. Die Bewerbung wurde diesmal per E-Mail eingebracht. Aufgrund der genannten Profilanforderungen waren die Chancen, zu obsiegen, sehr gut.
Die Behandlung der eingelangten Bewerbungen wurden im Gemeindevorstand erledigt, wobei zu erwähnen ist, dass die Homepage der Gemeinde nicht einmal die Mitglieder dieses Gremiums ausweist. Der Gemeindevorstand hat nach Auskunft des Bürgermeisters die eingelangten Bewerbungen behandelt und für die Gemeinderatssitzung vorbereitet. Hier wurde wohl in autoritärer Methode festgelegt, wer die Stelle bekleidet. Im Gemeinderat wurde dann allen Mitgliedern die Entscheidung mitgeteilt und zum allgemeinen Abnicken vorgelegt.
Die abgesagten Bewerber erhielten ein Schreiben, wonach Sie den Profilanforderungen nicht entsprechen. Da ich als ehemaliger Finanzverwalter das Arbeitsgebiet und den Aufgabenbereich bestens kenne sowie auch die Handlungen von der Umstellung der Kameralistik auf die Doppik aktiv verfolgt habe und dabei laufend mit Kollegen einen ständigen Informationsaustausch betrieben habe, konnte ich es mir nicht verkneifen, die Gemeindeführung nach den Gründen zu fragen.
Der Bürgermeister meinte nur lapidar, dass dies eine Entscheidung des Gemeindevorstandes und des Gemeinderates im nicht öffentlichen Teil sei und er aufgrund dessen keinerlei Auskünfte erteilen müsse. Hiermit liegt er insofern falsch, dass die betroffene Person sehr wohl ein Anrecht auf Information hat. Selbst das Argument des Datenschutzes greift nicht, weil es ja um die eigene Person handle. Der Bürgermeister hat daraufhin eine Liste an Fragen zur Abwicklung des Stellenausschreibungsverfahrens erhalten. Es wurde ihm folgender Fragenkatalog gestellt:
1) Wieviele Bewerbungen gab es? (m/w/x)
2) Wurde ein Hearing durchgeführt?
2a) Falls ja, wann?
2b) Falls ja, wieviele Personen wurden geladen? (m/w/x)
2c) Falls nein, wie wurde die fachliche Einschätzung überprüft bzw. anhand welcher Parameter wurde diese erhoben?
2d) Falls nein, wie konnte man überhaupt ohne Hearing die persönliche wie fachliche Eignung erheben?
2e) Falls nein, wie wurden allfällige Fragen erörtert?
2f) In welchem Altersspektrum befinden sich die Bewerber?
3) Nach welcher Bewertungsmethode wurden die Fähigkeiten ermittelt?
4) Wie erfolgte die Gewichtung und Verteilung der einzelnen Anforderungen?
5) Was war die höchste zu vergebende Punkteanzahl?
6) Welche Punkteanzahl erreichte der beste Kandidat und der schlechteste Kandidat?
7) Gab es Ausscheidungsgründe?
7a) Falls ja, welche?
8) Spielten familiäre Beziehungen zu Gemeinderäten eine Rolle?
9) Spielten persönliche Bedenken der Entscheidungsträger gegenüber der Bewerber eine Rolle?
9a) Falls ja, welche?
10) Welche Personen nahmen am Auswahlverfahren teil?
Dieses Mail enthielt noch weitere Fragen, hatten aber nichts mit dem Stellenausschreibungsverfahren zu tun und werden daher nicht erwähnt.
Der Herr Bürgermeister hat es nun vorgezogen, auf diese Fragen zu schweigen. Nach mehreren Wochen des Wartens wurden ihm diese Fragen nochmals mit dem Hinweis auf das Bundesauskunftpflichtgesetz und dem Tiroler Auskunftpflichtgesetz gestellt, wobei die Verweigerung der Auskunft mit Bescheid zu erledigen ist. Um dem Unwillen des Bürgermeisters etwas Nachdruck zu verleihen, hat die regionale Presselandschaft mitlesen dürfen.
Die Vorgangsweise meinerseits schien dem Herrn Bürgermeister sichtlich zu nerven und meinte dann in seiner Antwort vom 26. August 2021:
"Die Bestellung des neuen Finanzverwalters wurde vom Gemeindevorstand vorbereitet und vom Gemeinderat beschlossen.
Aufgrund der Kriterien der Ausschreibung wurden die Bewerbungen behandelt.
Ich verwahre mich gegen jegliche direkte oder indirekte Unterstellungen die jetzige Finanzverwalterin betreffend.
Somit ist für mich die Angelegenheit endgültig erledigt. Paul Mascher"
Der Herr Bürgermeister hat von mir noch eine entsprechende Antwort bekommen, indem er abschließend nochmals zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen in Österreich hingewiesen wurde, wofür er ja vereidigt ist!
In weiterer Folge ergab sich der Zufall, dass mich ein Mitglied des Gemeinderates auf die Vorgangsweise dieser Stellenausschreibung ansprach. Die näheren Details dieses Gespräches werden aus gutem Grund vertraulich behandelt. Außerdem können meine Informanten darauf vertrauen, nicht genannt zu werden. Die weiteren Ausführungen sind daher sinngemäß. Jedenfalls wurde mir aus der betreffenden Gemeinderatssitzung berichtet, wie das Stellenausschreibungsverfahren verlaufen ist.
Die Gemeinde Biberwier erhielt für die Position des Finanzverwalters vier Bewerbungen. Zwei der Bewerber waren gesichert Akademiker. Eine Person war zuvor in der Bankbranche ohne Vorkennisse des Öffentlichen Dienstes tätig, meine Wenigkeit konnte die entsprechenden Kenntnisse dieser Sparte vorweisen. Von wem die beiden anderen Bewerbungen stammen, ist unklar. Wenn die betreffenden Personen diesen Blog lesen, dürfen sie sich gerne bei mir melden.
Was aber viel spannender an der Vorgangsweise war, ist das Faktum, dass von den vier Bewerbungen keine einzige Person zu einem Hearing geladen wurde, außerdem wurde nach der voreiligen Festlegung des Wunschkandidaten des Herrn Bürgermeisters (übrigens sein Nachbar (!), diese Voraussetzung war im Ausschreibungsprofil nicht zu finden!) alle anderen drei Personen sogleich die Absage übersandt wurde.
Dieses Vorgehen blieb dem Vernehmen nach nicht ganz ohne Reaktion. Es hat sich zumindest ein Mitglied des Gemeinderates über die dilettantische Vorgangsweise entsprechend moquiert, währenddessen die anderen Mitglieder dieses Gremiums stillschweigend diesen "Pfusch" goutierten. Die Vorgangsweise ist insofern bemerkenswert, da in dem Gremium auch Unternehmer und teils kaufmännisch höhere Angestellte vertreten sind. Man darf sich also fragen, ob diese Personen einen solchen "Pfusch" in ihrem eigenen Wirkungskreis selbst zulassen?
Wenn man nun diese Information mit der offiziellen Aussage des Herrn Bürgermeisters gegenüberstellt, ergibt sich nun ein eklatanter Widerspruch! Und da der Herr Bürgermeister auch nichts zum Verfahrensablauf beitragen konnte, hat er sein inkorrektes Verhalten konkludent dadurch verraten, wenn man die Meldung in der unlängst ausgeteilten Gemeindenachricht Nr. September 2021 auf Seite 2 liest:
"Als neuen Finanzverwalter konnten wir Herrn Mag. Martin Wilhelm aus Ehrwald gewinnen. Er hat viele Jahre Erfahrung in einer Bank und will sich verändern. Er hat die halben Wurzeln in Biberwier, seine Mutter ist Inge Wilhelm geb. Euchta."
Mit diesem Satz outet sich der Herr Bürgermeister selbst, wie das Stellenausschreibungsverfahren gelaufen ist und gibt zugleich offiziell bekannt, dass es sich um seinen Nachbarn handelt. Mit dieser Vorgangsweise hat er – dem "Biberwierer Hausverstand" folgend und untermauernd – auch vorgezeigt, wie man öffentliche Verfahren und vor allem Stellenausschreibungsverfahren besser nicht abwickeln soll bzw. darf!
Die Gemeinde Biberwier hat es nicht nur unterlassen, allen Bewerbern – vermutlich alle Österreichische Staatsbürger – das verfassungsmäßige Recht auf den Zugang eines öffentliches Amtes zu ermöglichen, sie hat es auch unterlassen, die Rechte von Personen mit Beeinträchtigung zu wahren. Die entsprechende Gesetzgebung besagt, dass Personen mit Behinderung, wenn diese die Voraussetzungen für eine ausgeschriebene Stelle erfüllen, zum Hearing vorzuladen sind. Der geniale Clou an der Sache ist aber, dass aufgrund der Handhabe nach dem "Biberwierer Hausverstand" sich die Gemeinde selbst entsprechende, rechtliche Probleme eingehandelt hat. Wie will die Gemeinde bei entsprechenden Klagen ihre korrekte Vorgangsweise beweisen? Diese Klage steht nicht nur mir zu, sondern auch den beiden anderen Personen mit negativer Nachricht (Absage). Der Vorfall zeigt also, wie man es eben nicht tun sollte. Allerdings ist davon auszugehen, dass diese Vorgangsweise landauf, landab die gängige Vorgangsweise zu sein scheint!
Den Damen und Herren im Gemeinderat, die von mir ein entsprechendes Schreiben mit meiner Meinung schon erhalten haben, kann nur folgendes angeraten werden: entweder geschlossener Rücktritt infolge eigenen Unvermögens oder Nachhilfericht!
Dem Herrn Bürgermeister sei geraten, der in seinem Brotberuf in der Diözese Innsbruck tätig war und die christlichen Werte bestens vertraut sein sollte, ein Zitat aus den zehn Geboten:
"Du sollst nicht lügen!"
PS: Die Causa mit den übertragenen und noch nicht bezahlten Gründstücken, ist ein eigenes Kapitel gelebtem Unvermögens nach dem "Biberwier Hausverstand"!