Ein Jahrhundert, nachdem die Sieger des Ersten Weltkrieges den Kurden im Vertrag von Sevres einen eigenen Staat versprochen hatten, von dem sie 1923 im Vertrag von Lausanne nichts mehr wissen wollten, droht der Traum der Kurden von einem souveränen Staat neuerlich an jenen der Welt- bzw. Regionalmächte zu zerschellen.
Am Beginn waren die Kurden die Gewinner des Staatszerfalls in der arabischen Welt, sprich sie profitierten von der Implosion des Irak und errichteten ein selbstverwaltetes Gebiet im Norden Syriens. Sie wurden von den USA unterstützt, weil die Interessen – die Bekämpfung des IS – gleich geschaltet waren. Mit dem Untergang des Kalifats begann das Ringen der externen Kriegsparteien um Einfluss, sprich um die Durchsetzung von größeren strategischen Interessen, die mit der von den Kurden angestrebten Autonomie nicht in Einklang zu bringen sind.
Ziel des Politikfuchs Putin ist es, das Assad-Regime zu stärken, wobei eine Schwächung von Erdogan mehr als hilfreich ist. Durch die Forderung von Russland an die Kurden, militärische Stellungen an das Assad-Regime zu übergeben oder andernfalls eine türkische Offensive gegen Afrin zuzulassen, setzten sie nicht nur die Kurden, sondern auch die USA unter Zugzwang.
Für Militärexperten nicht wirklich verwunderlich ist, dass der Gewinner der Situation mit Russland bzw. dem Assad-Regime von vornherein feststand, da es für Russland eine Win-Win-Situation war. Wenn die Kurden dem Deal zugestimmt hätten, dann hätten Assad und Russland wieder die Kontrolle im Grenzgebiet zur Türkei erlangt.
Da die Kurden den Deal abgelehnt haben und sich auf ihre Schutzmacht USA verlassen haben und letzten Endes verlassen waren, griff der Deal mit der Türkei, der vorsah, dass die Türkei eine Offensive des Assad-Regimes gegen die von der Türkei unterstützten Rebellen von Idlib hinnimmt und dafür Russland und Assad bei der türkischen Offensive gegen Afrin still halten.
Die USA stehen jetzt in einer Zwickmühle, sie können entweder die Kurden endgültig ihrem Schicksal überlassen und damit den Beweis antreten, dass sie Verbündete fallen lassen, nachdem sie ihre Pflicht für den Westen - in diesem Fall den Kampf gegen den IS - erfüllt haben oder die Türkei aus der NATO herauslösen und damit das Verteidigungsbündnis schwächen. Da es eine Loss-Loss-Sitation ist, steht der Verlierer mit den USA schon fest.
Laut kurdischer Gemeinschaft in Deutschland wurde die Leiche der kurdischen Kämpferin Barîn Kobanî von Soldaten und islamistischen Söldnern der Türkei geschändet.
Screenshot von Facebook
An den Kurden passiert gerade ein Völkermord, eine ethnische Säuberung und wir schauen zu!!! Wir schauen zu, wie Verbündete der Türkei dschihadistische Lieder singen! Wann endlich wachen wir auf und überdenken unser Verhältnis zur Erdogan-Türkei und auch zu all jenen die ihn hier, in unserem Land, unterstützen? Den Kurden gilt mein tiefstes Mitleid, rest in peace Barîn Kobanî.
Ein nachdenklicher Bürger
Robert Cvrkal