Nach dem Ausscheiden von Eleonore Berchtold-Ostermann, Gerhart Holzinger, Rudolf Müller mit Ende 2017 dürfte die österreichische Bundesregierung schon bald deren Nachfolger verkünden, die dann vom Bundespräsidenten ernannt werden müssen. Da Verfassungsrichter üblicherweise bleiben bis sie 70 werden handelt es sich dabei um langfristig wirkende Entscheidungen:
Screenshot von https://www.addendum.org/niederoesterreich/vfgh/
In der Dezembersession 2017 wollte der VfGH über die Rechtmäßigkeit der Deckelung der niederösterreichischen Mindestsicherung entscheiden - zufällig einen Monat vor der niederösterreichischen Landtagswahl.
Wie Addendum aus den Kreisen des Verfassungsgerichtshofs erfahren hat, standen die Zeichen in der Session darauf, dass die Deckelung verfassungswidrig sei: Sowohl der vorbereitende Richter als auch die Mehrheit in dem 14-köpfigen Gremium würden die Meinung vertreten, die Novelle verstoße gegen den Gleichheitssatz und sei daher aufzuheben.
Eine solche Aufhebung im Intensivwahlkampf des niederösterreichischen Landtagswahlkampfes wäre wohl für die Landeshauptfrau Partei ÖVP, die damit geworben hatte, dass "sich Arbeit auszahlen muss" wohl fatal und kontraproduktiv gewesen.
Der VfGH hat dann seine Entscheidung auf die März-Session verschoben, weil ein Richter ein Ko-Referat angemeldet hat, was bedeutet, dass dieser eine andere Rechtsmeinung vertritt als jener, der die Entscheidung des VfGH vorbereitet hat.
Keine Frage, dass die Darstellung von abweichenden Rechtsmeinungen wichtig ist, doch die politische Sichtweise der Dinge ist katastrophal und aufklärungsbedürftig. Unter vorgehaltener Hand wird von einer im Landtagswahlkampf aktiven Partei erzählt, dass besagter Richter, der mit seiner abweichenden Meinung die Verschiebung der Entscheidung bis nach der Landtagswahl bewirkt hatte, das mit voller Absicht getan habe, um das Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten.
Inwiefern jetzt die Reduktion des Gremiums von 14 auf 11 Personen (die nachrückenden Mitglieder des VfGH sind bei laufenden Entscheidungen nicht stimmberechtigt) Auswirkungen auf die Mehrheitsverhältnisse und damit den Entscheid des VfGH hat kann meinerseits nicht beurteilt werden.
Ein nachdenklicher Bürger
Robert Cvrkal