Der Deutsche Bundestag erkennt den „Holodomor“ als Genozid an und relativiert damit den Holocaust

Fotomontage Manfred Breitenberger

Im November 2020 war der Botschafter der Ukraine in Deutschland und Anhänger des antisemitischen Massenmörders Stepan Bandera, Dr. Andrij Melnyk noch enttäuscht wegen der Zurückhaltung des Bundestages: „An Stalins Hungermord traut sich der Bundestag nicht heran.“ Nun am heutigen Mittwoch, am 30. November 2022 um 18.00 Uhr ist es endlich soweit, die Ampelkoalition und die Union wollen in einer Resolution, Drucksache 20/4681 die Hungersnot in der Ukraine von 1932 bis 1933 als Genozid anerkennen. Da die gesamte Ukraine von Hunger und Repressionen betroffen gewesen sei, „liegt aus heutiger Perspektive eine historisch-politische Einordnung als Völkermord nahe“, schreiben die Initiatoren um den Grünen-Abgeordneten Robin Wagener, den Vorsitzenden der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe im Bundestag. Damit übernimmt der Deutsche Bundestag wie so oft das geschichtsrevisionistische Narrativ und den Gründungsmythos der Ukraine und relativiert damit, nun auf höchster politischer Ebene, den Holocaust.

Im Gegensatz zu Deutschland bezeichnet Israel den „Holodomor“ zwar als „größte Tragödie des ukrainischen Volkes“, lehnt aber die Verwendung des Wortes Genozid aus guten Gründen ab. Eine Wertung als Völkermord würde implizieren, dass Juden in Osteuropa auch als Täter in Erscheinung getreten seien. Bereits im Jahr 2019 erklärte Efraim Zuroff, der Leiter des Jerusalemer Büros des Simon-Wiesenthal-Zentrums, der Holodomor „ist definitiv kein Völkermord.“ Der Antrag des damaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, Israel solle den „Holodomor“, die menschengemachte Hungersnot in der Sowjetukraine 1932-1933, anerkennen, sei „unglaublich“ und ein Versuch, eine „Theorie des doppelten Genozids“ zu verbreiten. Zuroff sagte, Stalins Zwangskollektivierung galt für alle und richtete sich nicht nur gegen Ukrainer. „Es gab Juden, die an Hunger starben, ebenso Weißrussen und Russen.  Stalin hat Gewalt angewendet, um Menschen in sein System zu bringen, aber er hat nicht versucht, die Ukrainer auszurotten.“ Diese Behauptung sei absurd, so Zuroff: „Eines der größten Probleme, mit denen wir jetzt konfrontiert sind, ist die so genannte „Theorie des doppelten Völkermords“, die in ganz Osteuropa weit verbreitet ist, wo Regierungen versuchen zu sagen, dass kommunistische Verbrechen einem Völkermord gleichkämen.“ Es gab Juden die die jüdische Gemeinde verlassen haben und im KGB und im kommunistischen Sicherheitsapparat und anderen Behörden arbeiteten und teilweise schreckliche Dinge taten. Der verderbliche Subtext dieses Arguments ist: Wenn Juden Völkermord begangen haben, welches Recht hätten sie, sich über den Völkermord zu beschweren, der in Osteuropa während des Holocaust von Menschen begangen wurde, die mit den Nazis kollaborierten. „Die kommunistischen Verbrechen waren kein Völkermord, weil die Kommunisten kein Volk vom Erdboden vernichten wollten.“

Von der Totalitarismustheorie über die Holocaustrelativierung, der Dämonisierung und Delegitimierung Israels bis hin zur Holocaustleugnung, es gibt es seit dem Ende des 2. Weltkrieges unzählige Versuche die Geschichte umzuschreiben, zurechtzubiegen und umzulügen. Mit der „Holodomor“-Resolution des Bundestages ist ein neuer Tiefpunkt im ohnehin nicht an Tiefpunkten armen politischen Deutschland erreicht. Der Schoß ist offenbar sehr fruchtbar noch aus dem das kroch, den Ewiggestrigen sei folgendes gesagt:

Mithilfe des kaiserlichen Deutschlands hatte sich die Ukraine von 1918 bis 1921 von Russland abgespalten und mit dem Frieden von Brest-Litowsk hielten deutsche Truppen die Ukraine besetzt. Die Ukraine war das letzte Bollwerk gegen die Oktoberrevolution. Mit ausländischen Interventionen (USA, England, Frankreich)  zugunsten der „weißen“ Konterrevolution und vielen antijüdischen Massakern von Seiten der konservativ-monarchistischen „Weißen” unter Anton Denikin wurde der jahrelange Bürgerkrieg in die Länge gezogen. Symon Petljura war der Kommandeur der ukrainischen Armee und Präsident in dieser Zeit, als etwa 50.000 Juden bei Pogromen getötet wurden. Von mehr als 1.200 Pogromen in dieser Zeit wurden rund 500 von Soldaten unter Petliuras Kommando durchgeführt. Der militante ukrainische Nationalismus mit seinen antirussischen und antijüdischen Kennzeichen hat seine Wurzeln in dieser Zeit.

Die Sowjetunion war am Ende des Bürgerkriegs ein völlig verwüstetes Land. Zwischen dem Beginn des Ersten Weltkriegs und dem Ende des Bürgerkriegs 1921 waren Millionen Menschen Gewalt, Terror, Hunger und Seuchen zum Opfer gefallen. Die Produktion der Bergwerke und Fabriken betrugen 1921 nur noch 20 Prozent, die Ernte nur noch 37 Prozent des Vorkriegsniveaus. Der „Kriegskommunismus“ wurde deshalb durch die Bolschewiki aufgehoben, eine Bildungsreform folgte, Privateigentum wurde zugelassen und im Jahr 1927 hatte die Industrieproduktion wieder den Vorkriegsstand erreicht. Der Anteil der lese- und schreibfähigen Ukrainer verdoppelte sich im Verlauf der zwanziger Jahre und stieg nochmals zu Beginn der dreißiger Jahre, als die allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde. Die prosowjetischen Kräfte in der Ukraine stützen sich auf große Teile der russischen und jüdischen und auch der ukrainischen Bevölkerung der Städte und auf die Industriearbeiter des Donezk-Beckens und der Ostukraine.

Unter Stalin erfolgte im Jahr 1929 eine radikale Abkehr dieser Politik und die von ihm forcierte Industrialisierung der UdSSR binnen kurzer Zeit ging vor allem auf Kosten der Landwirtschaft. Die Beschaffungsprobleme für Getreide nahmen ab 1925 zu, worauf die stalinistische Führung mit Zwang und Terror reagierte. In seiner paranoiden Wahrnehmung glaubte Stalin, dass die Bauern dem Staat die Ernte vorenthielten, um die sowjetische Ordnung zu sabotieren. Im Frühjahr 1933 schickte der Schriftsteller Michail Scholochow, Autor des Romans „Der stille Don“, Stalin einen Brief, in dem er die Existenz einer „Kulakensabotage“ im Nordkaukasus bestritt und über die Terrorisierung der Bauern durch Parteifunktionäre berichtete. Stalin räumte in seiner Antwort Fehler ein erklärte aber, „dass Ihre geschätzten Bauern einen Zermürbungskrieg gegen die Sowjetmacht geführt haben. Einen Kampf auf Leben und Tod, lieber Genosse Scholochow!“ Das antibäuerliche Denkmuster bei Stalin begann in der Krise von 1927, als von Städten und Armee benötigtes Getreide in den ländlichen Speichern blieb, weil die Industrie zu wenige Waren zum Austausch bereitstellte. Stalin presste das völlig marktkonforme Verhalten der Bauern der damals noch auf Privatbesitz beruhenden Landwirtschaft in die politisierten Kategorien des Klassenkampfes.

Die Verkündung des ersten Fünfjahresplans und die Kollektivierung der Landwirtschaft bedeutete den Beginn einer Revolution von oben mit furchtbaren Folgen für Millionen von Menschen. Sie war verbunden mit der massenhaften Deportation von Bauern nach Sibirien, die sich der Kollektivierung widersetzten, wo es weder Nahrung noch Unterkunft für sie gab. Gleichzeitig entstand das riesige Zwangsarbeitersystem des Archipel Gulag, welches sich über das ganze Land verbreitete. Die Sowjetunion wurde 1931 und 1932 von einer schweren Dürre heimgesucht, dazu kamen Getreidekrankheiten, die zu einer schlechten Ernte führten. Ausschlaggebend für die Hungersnot, der Millionen Menschen zum Opfer fielen und die zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen in vielen Teilen der Sowjetunion führte war die Zwangskollektivierung und die katastrophale Politik Stalins gegenüber der Landbevölkerung. Große Teile der bäuerlichen Bevölkerung wurden zu unfreien Halbproletariern, die durch das 1932 wieder eingeführte Inlands-Passsystem wie zu Zeiten des Zaren an ihr Land gebunden wurden. Die vom Hungertod bedrohte bäuerliche Bevölkerung wurde so an der Flucht in die Städte oder in andere Republiken gehindert. Die neu gebildeten Kolchosen mussten ihre Produkte zu extrem niedrigen Preisen an den Staat abliefern und waren nicht in der Lage, die Ernährung vor allem der ländlichen Bevölkerung sicherzustellen.

Die Hungersnot spielte sich freilich nicht nur in der Ukraine ab, alle wichtigen Getreideanbaugebiete waren vom Nahrungsmangel betroffen. Im Nordkaukasus und an der unteren Wolga tobte wie im Ural und in Westsibirien der Hunger, in Kasachstan forderte die Zwangskollektivierung der Herden und der brutale Versuch, die kasachischen Nomaden sesshaft zu machen, weit mehr über eine Million Opfer. Die ukrainische Sowjetrepublik hatte im Jahr um das Jahr 1930 rund 30 Millionen Einwohner, davon waren rund 75 Prozent Ukrainer, 10 Prozent Russen und 6 Prozent Juden. Die Ukraine zählte in der Zeit die meisten Todesfälle, die Schätzungen reichen von drei bis fünf Millionen Opfer durch Verhungern. Die Mortalität beispielsweise in Kasachstan aber war deutlich höher als in der Ukraine, wo rund ein Drittel der Bevölkerung verhungerte.

Für die faschistischen OUN-Nationalisten und die offizielle ukrainische Geschichtsschreibung stand von Anfang an fest, dass Stalin den Hunger bewusst eingesetzt habe, um das ukrainische Volk auszurotten, was bei seriösen Historikern als längst widerlegt gilt. Manfred Hildermeier, einer der renommiertesten deutschen Historiker in Sachen Russland und Sowjetunion, kommt nach Abwägung aller bekannten Fakten zu folgendem Urteil: „Dagegen kann die weitergehende und eigentliche nationalukrainische These des gezielten Genozids als widerlegt gelten. Die neuen Daten haben endgültig bewiesen, dass andere wichtige Getreideanbaugebiete in ähnlicher Weise vom Hunger betroffen waren. Nahrungsmittelknappheit herrschte überall, verheerende Not in allen Getreideüberschussgebieten, weil man nach starren Plänen zu viel abzog und eine Hungerkatastrophe wissentlich in Kauf nahm. Soweit die Behörden Teile des Landes vor dem Schlimmsten retten wollten, galt ihre Sorge nicht primär russischen Regionen, um im Nebeneffekt den ukrainischen Eigenwillen zu brechen, sondern den Städten, der Arbeiterschaft und der Industrie. Nicht nationale, sondern bolschewistisch-marxistische Prinzipien setzten sich durch.“

Während des Zweiten Weltkrieges kollaborierten die ukrainischen Nationalisten mit Hitler in seinem Kampf gegen die Juden und gegen den „jüdischen Bolschewismus“. Im rassenbiologischen Vernichtungskrieg des nationalsozialistischen Deutschlands gegen die Sowjetunion wurden 27 Millionen Sowjetbürger ermordet, mehr als die Hälfte davon hinter der Front, ehe es der Roten Armee gelang Auschwitz, die Sowjetunion und den Rest Europas zu befreien. Stepan Bandera, der heute in der Ukraine als Nationalheiliger verehrt wird und seine faschistische OUN sind verantwortlich für die Ermordung von hunderttausenden Juden, Polen und Russen. Die OUN wollte eine ethnisch reine Ukraine, ohne Juden, ohne Polen und ohne Russen. Die Massenmorde an den Juden waren für die OUN ein wichtiger Schritt zur „Säuberung“ der Nation. Die Dimension der westukrainischen Kollaboration belegt der Massenmord an den Kiewer Juden. Über Babyn Jar, einer Schlucht, in der Nähe von Kiew, hing ein riesiges Transparent, auf dem in ukrainischer Sprache „Wir erfüllen Willen des ukrainischen Volkes“ stand. Ab dem 29. September 1941 erschießen zwei Bataillone ukrainischer Polizisten, eine Militäreinheit der OUN-B sowie Wehrmacht und SD in endlosen Salven zehn Tage lang 33.771 Menschen. Von den insgesamt 1500 Exekutoren waren 1200 Ukrainer und 300 Deutsche! Weil Stalin fürchtete, dass das gemeinsame Vorgehen von Deutschen und Ukrainern im ganzen Land unverhohlen begrüßt würde, durfte in der Presse und im öffentlichen Leben der Sowjetunion kein einziges Wort zu dem Massaker fallen.

Zu einem zentralen Thema der NS-Propaganda wurde die Hungersnot 1932–1933 in der Ukraine nach dem deutschen Einmarsch in die Sowjetunion 1941. In der Sowjetunion war der Hunger von 1932 -33 ein Tabu und wer öffentlich über die Opfer sprach, konnte wegen antisowjetischer Propaganda bestraft werden. Der Agrarökonom Stepan Sosnovyj untersuchte im Auftrag der Nationalsozialisten die Hungersnot von 1932–1933 in der Ukraine und kam zu dem Ergebnis von 4,8 Millionen Hungertoten. Seine Ergebnisse wurden einem breiteren ukrainischen Publikum zugänglich gemacht, unter anderem am 8. November 1942 in der Zeitung Nova Ukraina. In der deutschen Besatzungspresse zwischen 1941 und 1944 wurde die Hungersnot 1932–1933 öffentlich thematisiert und propagandistisch instrumentalisiert. Die NS-Propagandisten machten die Juden für die Hungersnot verantwortlich: „Nur ein Teil der Bevölkerung bekam den Hunger nicht zu spüren. Das waren die Juden. Sie nutzten still und heimlich die Dienste von „Torgsin“, in deren Läden es alles gab, was man sich nur wünschen konnte, einschließlich Lebensmittel. Aber sie konnten nur mit Gold und ausländischen Währungen gekauft werden, und den Juden fehlte es weder an Gold noch an Dollar.“

Nach dem Krieg floh der Führer der OUN, Stepan Bandera, wie so viele andere NS-Kriegsverbrecher nach München um dort weiterhin an seinem Lebenstraum einer unabhängigen „ethnisch reinen“ Ukraine zu arbeiten. Der extreme Antikommunismus der ukrainischen Nationalisten machte sie zu wichtigen Verbündeten der westlichen Geheimdienste. Nach dem Krieg war es opportun den Mord an den Juden durch die Ukrainer zu leugnen und so erschienen diverse Memoiren, führender ukrainischer Nationalisten in denen etwa das Pogrom in Lemberg am 30. Juni 1941 schlicht geleugnet oder die OUN zu einer Truppe von Philosemiten zurechtgelogen wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierten hunderttausende Ukrainer über Deutschland in die USA und versuchten dort ihre These vom Genozid an den Ukrainern zu verbreiteten. Nach dem umgeschlagenen politischen Klima in den USA nach dem Regierungsantritt von Ronald Reagan verstärkten die Anhänger von Stepan Bandera ihre Aktivitäten.

Im März 1983 startete eine Sondernummer der wöchentlich in den USA erscheinenden Zeitung der Exilukrainer, „The Ukrainian Weekly“, wo zum Beispiel behauptet wurde, sieben Millionen Ukrainer seien bei der Hungersnot ums Leben gekommen. Erich Später schreibt 2014 in „Die Befreiung der Nation“: „Große Probleme bereitete den Nationalisten allerdings im Jahr 1978 die öffentliche Resonanz der US-Fernsehserie „Holocaust“ in den Vereinigten Staaten und in Deutschland. Der Film erklärte anhand des Schicksals der jüdischen Familie Weiss, was die deutsche Vernichtungspolitik für die einzelnen Menschen bedeutet hatte. Die ukrainische Diaspora reagierte empört auf Szenen, in den ukrainische Polizisten als Judenmörder gezeigt wurden. Die Mörder fühlten sich bloßgestellt und führten eine Kampagne gegen die angeblich „antiukrainische Hetze“, die von Hollywood, den Juden und der Sowjetunion organisiert wurde. Gleichzeitig wurde eine propagandistische Gegenstrategie entwickelt, die bis heute erfolgreich ist: Das „ukrainische Volk“ wurde selbst als Opfer eines – sozusagen – anderen Holocaust dargestellt. Die Zwangskollektivierung und die schreckliche Hungersnot der Jahre 1932/33 wurden von den Nationalisten. die zumeist in Polen und Nazi-Deutschland gelebt hatten, als geplantes Verbrechen der russischen und jüdischen Kommunisten an den Ukrainern beschrieben. Der „Holodomor“ war in die Welt gesetzt und verlieh den ukrainischen Kollaborateuren und Judenmördern stellvertretend den begehrten Opferstatus.“

Die Anzahl der ukrainischen Opfer durch die „jüdischen“ Kommunisten wurde immer weiter in die Höhe getrieben um mindestens die Zahl von sechs Millionen zu erreichen. Der Historiker Per Anders Rudling hat diesen Vorgang ausführlich beschrieben, so haben die „Diaspora-Akademiker“ die Hungersnot als einen mutwilligen Genozid geschildert und dabei offen auf den Holocaust Bezug genommen, Rudling zitiert als Beispiel den Historiker Marco Carynnyk: „Die Opfer der Hungersnot in der Ukraine wurden dem langsamen und qualvollen Tod überantwortet – so gewiss wie die europäischen Juden den Planern der Endlösung ausgeliefert wurden.“  Zu Beginn der achtziger Jahre, so Später weiter,  habe man in der nordamerikanischen ukrainischen Diaspora von der Hungersnot noch als von einem „Hunger-Holocaust“ oder von einem „ukrainischen Holocaust“ gesprochen, die Zahl der Opfer aber bereits mit „mehr als sieben Millionen“ angegeben; der Begriff „Holodomor“ sei erst in den späten achtziger Jahren gebräuchlich geworden. Die Namensähnlichkeit ist kein Zufall, schon die Wortwahl „Holodomor“ belegt die Holocaustrelativierung der Geschichtsrevisionisten. In einer Publikation der OUN-B aus den achtziger Jahren, die von Stepan Banderas  Sohn Andrij im nordamerikanischen Exil herausgegeben wurde, findet sich Rudling zufolge eine Aufstellung von Genozid-Opfern, die neben den sechs Millionen ermordeten Juden 15 Millionen ukrainische Opfer anführt.  1986 erschien in einem Verlag von UPA-Veteranen eine Schrift, in der es hieß „zionistische Juden“ hätten die Hungersnot als "wirklichen Holocaust" veranlasst, bei dem „jüdische Bolschewisten“ Christen umgebracht hätten.

Außer einigen Alt- und Neostalinisten bestreitet heute niemand ernsthaft, dass Stalins Politik die Hungerkatastrophe in der Sowjetunion von 1932 bis 1932 herbeigeführt hat. Weil die Hungerkatastrophe aber nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Kasachstan, wo sie am tödlichsten ausfiel, im Nordkaukasus, im Wolga- und zentralen Schwarzerdegebiet, aber auch im Ural und in Westsibirien Millionen von Opfern forderte, war die Hungerkatastrophe kein Völkermord. Es gab in der Sowjetunion keine Wannseekonferenz, in der die Endlösung der Ukrainerfrage beschlossen wurde! Es gibt zahlreiche Dokumente, die Stalins Mordabsichten und -planungen, etwa bei der Organisation der Schauprozesse, der Durchführung der Zwangskollektivierung bis hin zum Großen Terror mit seinen vom Politbüro abgesegneten Erschießungsquoten belegen. Einen dokumentarischen Beleg für die Absicht Stalins Millionen Bauern in der Ukraine verhungern zu lassen, gibt es aber nicht. Ein Genozid, der Versuch der vollständigen Vernichtung der ukrainischen Bevölkerungsgruppe war die Hungerkatastrophe von 1932/33, wie unter anderem Efraim Zuroff festhält, eben nicht.

Der Deutsche Bundestag ist mit seiner Resolution jetzt endlich da angekommen wo Gerhard Frey von der DVU in den 1980er Jahren, später Martin Walser und Günter Grass und noch später Alexander Gauland immer geträumt haben, in der Öffentlichkeit muss ein breiteres Bewusstsein für Genozide erweckt werden: Im ukrainischen Narrativ ist der Holocaust ein Genozid unter vielen und die Juden waren nicht nur Opfer sondern auch Täter. Weil die Juden in den „Holodomor“ verstrickt waren, muss man heute Verständnis für den hunderttausendfachen Massenmord der Westukrainer an den Juden im Holocaust haben, so die „Argumentation“ einiger der heutigen Bellizisten und Sanktionen-Junkies. Der Geschichtsrevisionismus der Ukraine, die Übernahme durch den Bundestag und die überwiegend zustimmende Berichterstattung zu der ukrainischen Holocaustrelativierung und die nur zaghaften Proteste gegen die Holocaustrelativierung des Bundestages belegen die moralische Verwahrlosung des öffentlichen Diskurses in Deutschland.

Für die Wiedergutwerdung Deutschlands musste die singuläre Tat der Shoa relativiert und Auschwitz als die deutsche Untat als „eine unter vielen anderen“ eingegliedert werden. Die Bundestags-Resolution zum „Holodomor“ ist ein Meilenstein in diesem antisemitischen Projekt. Die früheren Verbündeten im Kampf gegen die Juden und gegen die Russen, die westukrainischen Nationalisten und die deutschen Bellizisten, heute von der FDP, der SPD über die Grünen bis zur CDU, ziehen wieder einmal an einem Strang. Alte Freunde können schlecht getrennt werden, der Geschichtsrevisionismus und die Holocaustrelativierung, bis hin zur Holocaustleugnung sind die verbindenden Klammern.

In der Präambel des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland steht: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“ Mit den kriegsverlängernden Waffenlieferungen an die Ukraine, einem Land, das den antisemitischen Massenmörder Stepan Bandera als Nationalhelden verehrt, der Ablehnung möglicher Friedensverhandlungen („Diktatfrieden“) und der bedingungslosen Übernahme des ukrainischen OUN- und NS-Geschichts-Narratives dient der Deutsche Bundestag keineswegs dem „Frieden der Welt“ – im Gegenteil.

Quellen: Erich Später – Die Befreiung der Nation – Ukraine über alles- Konkret-Verlag | Jürgen Zarusky – Timothy Snyders „Bloodlands“, Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 2012 Heft 1 | Stephan Merl – Entfachte Stalin die Hungersnot von 1932-1933 zur Auslöschung des ukrainischen Nationalismus? Anmerkungen zu neueren westlichen Veröffentlichungen über die „ukrainische“ Hungersnot, Franz Steiner Verlag | Helmut Atrichter – Offene Grossbaustelle Russland,  „Reflexionen über das „Schwarzbuch des Kommunismus, Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1999 Heft 47 | Grzegorz Rossolinski-Liebe – Der Verlauf und die Täter des Lemberger Pogroms vom Sommer 1941- Jahrbuch für Antisemitismusforschung 22 – Metropol-Verlag | Eliyahu Yones – Die Juden in Lemberg während des Zweiten Weltkriegs und im Holocaust 1939-1944- Ibidem-Verlag | Franziska Bruder -„Den ukrainischen Staat erkämpfen oder sterben!“ Die Organisation ukrainischer Nationalisten (OUN) 1929 -1948 – Metropol-Verlag | Leon W. Wells – Ein Sohn Hiobs – Carl Hanser Verlag | Klaus Kellmann – Dimensionen der Mittäterschaft, Die europäische Kollaboration mit dem Dritten Reich – Böhlau Wien | Erich Später – Der dritte Weltkrieg, Die Ostfront 1941-45, Hamburger Institut für Sozialforschung – Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944 | Stalin. Eine politische Biographie von Isaac Deutscher, Bechtermünz Verlag

Gleichzeitig veröffentlicht bei Mission Impossible

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