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Geboren wurde Hermann L. Gremliza am 20. November 1940 in Köln, aufgewachsen ist er in der Nähe von Stuttgart, der Vater arbeitete in hoher Position bei Daimler-Benz. Gremliza studierte in Tübingen und Berlin und ging danach als Redakteur zum Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Mit „zu großer Arroganz“ und Zielstrebigkeit wurde er bald leitender Redakteur. Gremliza initiierte mit anderen Redakteuren 1971 den großen „Spiegel“-Streik bei dem es um Mitbestimmung und Mitarbeiterbeteiligung ging. Von der Abfindung, die ihm Rudolf Augstein zahlen musste, kaufte er 1974 die linke Monatszeitschrift „Konkret“.
Jedes Heft war von nun an geprägt von Gremlizas Kolumne, die so gut wie immer den Leser zum Nachdenken und zum Diskutieren anregte und am Ende des Heftes gab es den „Gremlizas Express“, in dem die Stilblüten der bürgerlichen Presse schonungslos offengelegt wurden. Gremliza schrieb einige Bücher mit vielsagenden Titeln wie zum Beispiel: „Wie Hannelore Kohl die Russen bezauberte“ und er war Wallraffs Ghostwriter für sein Buch „Der Aufmacher“. In Konkret kamen sehr viele Autoren aus so gut wie allen Spektren der Linken und weit darüber hinaus zu Wort, aber auch Politiker und Funktionäre aus ideologisch völlig anderen Zusammenhängen. Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, dem FDP-Mitglied Ignatz Bubis, hatte der ehemalige Sozialdemokrat Gremliza freundschaftlichen Kontakt und beide einte der Hass auf alles Antisemitische.
Der große Verdienst von Konkret und Hermann L. Gremliza war das Sichtbarmachen des linken Antisemitismus und die proisraelische Haltung, die es bis dahin in einer linken Zeitung nicht gab. Durch Konkret, vor allem in den Jahren 1990 bis 2010, hat die Israelfeindschaft innerhalb der Linken ihre Unschuld verloren, was naturgemäß die Feindschaft der stalinistischen, islamophilen, antizionistischen und antiimperialistischen Linken nach sich zog.
In Konkret schrieben unter vielen anderen humanistischen Autoren Dan Schueftan, der stellvertretender Direktor des Zentrums für Nationale Sicherheit an der Universität Haifa, israelsolidarische Publizisten wie Stephan Grigat, Eike Geisel, Alex Feuerherdt, Stefan Frank, Matthias Küntzel, Yaacov Lozowick oder Wolfgang Pohrt (5.5.1945 - 21.12.18). Im Jahr 1991 wurde beispielsweise der Essay von Jean Améry „Der ehrbare Antisemitismus“ abgedruckt und im September 2006 wurde das Buch vom Archivdirektor der Gedenkstätte Yad Vashem, Yaacov Lozowick über Israels Existenzkampf vorgestellt. Das Thema des Politikwissenschaftlers Stephan Grigat in Konkret war der linke Antisemitismus und sein Verhältnis zum Islam. Matthias Künzel beispielsweise schrieb einige Artikel in Konkret über den islamischen Dschihad und die Gefahren die vom Gottesstaat Iran ausgehen. Im ersten Golfkrieg haben laut Küntzel die Mullahs die Minenfelder mit Kindern räumen lassen. Mahmoud Ahmadinejad ließ während des Krieges gegen den Irak 500.000 Plastikschlüssel aus Taiwan importieren. Iranische Kinder ab 12 Jahren durften oder mussten die Minenfelder mit ihrem Körper, eingewickelt in Decken räumen. Vor dem Einsatz wurde ihnen ein Plastikschlüssel aus Taiwan um den Hals gehängt, der ihnen, so die Zusicherung, die Pforte zum Paradies öffnen werde. Vor der Mobilisierung der Kindermärtyrer versuchte die iranische Regierung die Minenfelder mit kleinen Tieren, wie Esel, Hunde oder Ponys räumen zu lassen. Dieses Vorhaben misslang allerdings, weil die Tiere nach kurzer Zeit merkten in den Tod zu laufen und ihr Instinkt sie dazu zwang zurückzulaufen.
Während des zweiten Golfkrieges 1991 kam es zu antiamerikanischen Demonstrationen der Friedensbewegung. Die „Friedenskämpfer“ erinnerten mit Transparenten an die Bombennächte von Dresden, während die Bedrohung Israels durch mit deutschem Giftgas bestückten Mittelstreckenraketen kaum thematisiert wurde. Kein „Blut für Öl“ und „Heute Bagdad, gestern Dresden“ war auf den Plakaten der überwiegend linken Demonstranten zu lesen. Deutschland finanzierte den amerikanischen Krieg gegen Saddam Hussein, hatte jedoch zuvor den Irak durch massive technologische Unterstützung geholfen die Reichweite seiner Scud-Raketen zu erhöhen. Deutsche Firmen verhalfen mit Duldung der Bundesregierungen über Jahre dem Irak zu einer eigenen Giftgasproduktion. Dieses Giftgas setzte Hussein bereits drei Jahre zuvor gegen aufständische Kurden im Norden Iraks ein. Obwohl Israel nicht an diesem Krieg beteiligt war feuerte Hussein Scud-Raketen auf Israel ab, viele Raketen schlugen in israelischen Städten ein, wodurch israelische Zivilisten verletzt und getötet wurden. Hussein drohte Israel mit Giftgas auslöschen zu wollen. In Konkret 03/91 schrieb dazu Wolfgang Pohrt: “ …Diesmal hingegen steht etwas auf dem Spiel, unter anderem die Existenz des Staates Israel, und eine Neuauflage der Friedensbewegung bedeutet nun, dass die hiesige Linke im weitesten und im engen Sinn wirklich für alle Zeiten moralisch erledigt ist. Deutlicher gesagt: Verglichen mit der PDS ist der CIA eine hochmoralische Anstalt. Kein lustiger Brief also, eben (27.1. 17.00 Uhr) meldet Bagdad, dass es nun Israel mit Chemiewaffen auslöschen wolle, eine Absicht, die Israel gegebenenfalls hoffentlich mit Kernwaffen zu verhindern wissen wird. …“
In derselben Konkret-Ausgabe schrieb Hermann L. Gremliza zum Irakkrieg: “Das Richtige aber, das hier hoffentlich getan wird, darf nicht gesagt werden: dass der Irak der Fähigkeit beraubt werden muss, Israel – wie von Saddam angekündigt – anzugreifen und zu liquidieren. Würde dieser einzig vertretbare Kriegsgrund genannt, liefe jenes Gesocks, welches die arabischen Vertreter der alliierten Weltmoral darstellen, sofort auseinander oder zu Saddam über. Dass die USA tagtäglich die israelische Regierung anweisen, die irakischen Angriffe nicht zu erwidern, und die europäischen Alliierten Israel tagtäglich dafür loben, dass es diese Anweisung befolgt, weil sonst das ganze schöne Bündnis mit den Saudis, den Mubaraks und den Assads zerbreche, lässt freilich auch bei einem Betrachter, der Politik nicht in der Selbsterfahrungsgruppe gelernt hat, Zweifel aufkommen, ob die USA und ihre europäischen Alliierten unter allen Umständen am richtigen Zweck ihres Krieges festhalten werden oder schon heute mit dem Preis spekulieren, zu welchem sie Israel morgen an ihre arabischen Alliierten verkaufen würden. …“
Christian Ströbele, von den Grünen hatte dagegen, außerhalb von Konkret, erklärt: „Die irakischen Raketenangriffe sind die logische, fast zwingende Konsequenz der Politik Israels“ Auf die Frage ob denn Israel selber schuld sei, es mit Raketen beschossen wird, antwortete Ströbele: „Das ist die Konsequenz der israelischen Politik den Palästinensern und den arabischen Staaten gegenüber, auch dem Irak gegenüber.“ Ströbeles Position wurde weitgehend von vielen antizionistischen Linken geteilt. Wegen seiner antisemitischen Hetze verlor Ströbele allerdings seinen Sprecherposten bei den Grünen. Die "Bellizisten" Wolfgang Pohrt und Hermann L. Gremliza wurden von ewig gestrigen Autoren wie Jutta Ditfurth und vielen prominenten antiimperialistischen Linken wegen ihrer pro-israelischen und pro-amerikanischen Haltung massiv attackiert. Ditfurth und andere schrieben nicht mehr in Konkret und beinahe über Nacht verlor die Zeitschrift hunderte von Abonnenten.
Ein paar Jahre zuvor warnte einer der ersten linken Kritiker der sogenannten Friedensbewegung, Wolfgang Pohrt vor linken Weltfriedensrichtern wie folgt: „Vormundschaft und Sorgerecht für das Opfer werden dem Täter zugesprochen. Mit den Verbrechen, die Deutschland an den Juden und an der Menschheit beging, hat es sich eigenem Selbstverständnis gemäß das Vorrecht, die Auszeichnung und die Ehre erworben, fortan besondere Verantwortung zu tragen. Der Massenmord an den Juden verpflichte, so meint man, Deutschland dazu, Israel mit Lob und Tadel moralisch beizustehen, damit das Opfer nicht rückfällig werde. Zwei angezettelte Weltkriege böten, so meint man weiter, die besten Startbedingungen, wenn es um den ersten Platz unter den Weltfriedensrichtern und Weltfriedensstiftern geht — frei nach der jesuitischen Devise, dass nur ein großer Sünder das Zeug zum großen Moralisten habe“
Konkret blieb seiner proisraelischen Linie treu, so schrieb Gremliza beispielsweise 2006: „So schwer es dem Freund des Friedens fallen mag, das zu begreifen: Israel führt nicht Krieg, wie die Deutschen ihre Kriege geführt haben und führen, nicht um Raum für ihr Volk ohne Raum, um den Zugriff auf Rohstoffe oder um weltpolitische Bedeutung. Israel führt Krieg, um den Juden, die der Hass der Völker nach Palästina getrieben hat, endlich ein Leben in Sicherheit zu bieten. Die Juden versuchen nicht, andere unter ihre Herrschaft zu zwingen oder zu ihrem Gott zu bekehren. Sie versuchen, sich zu retten.“
In "Allahs willige Vollstrecker" schrieb Gremliza in seiner Kolumne im Jahr 2004 über die "dreihundertneununddreißig Toten, viele von Freiheitskämpfern in den Rücken geschossene Kinder", den Anschlag von Islamisten in Beslan: "Dreimal täglich wie die Muezzine vom Minarett riefen die Meinungsmacher ihre Landsleute auf, um Himmels willen nicht dem Islam anzulasten, was sie da auf dem Bildschirm gesehen hatten. Der Islam, der wahre Islam, sei etwas ganz anderes als dieser falsche, fanatische, der Islamismus, von dessen Taten man nicht auf die Gemeinschaft aller an Allah Gläubigen schließen dürfe. Wie es aber kommt, daß die Taten der Islamisten bei den geistlichen wie den politischen Führern des guten Islam so gut wie keinen Widerspruch finden, sagten sie nicht. Das ist verständlich, denn guter und böser Islam sind keine Unterscheidung, sondern eine Unterstellung. Als jüngst Israels Luftwaffe bei einem Angriff auf ein Trainingslager der Hamas 14 Kämpfer dieser von den Freunden des guten Islam dem bösen Islamismus zugerechneten Truppe beim Einüben des Judenmords tötete, nannte der palästinensische Ministerpräsident Kurei dies ein »nicht zu akzeptierendes Verbrechen« und eine Antwort der Hamas darauf »gerechtfertigt«. Was immer Allahs Gläubige nämlich sonst trennen mag, es eint sie die Überzeugung, daß man mit Ungläubigen machen darf, was man will. Es liegt also durchaus so falsch nicht, wer den Terroranschlag auf die Schule in Beslan als kaukasischen Kopftuchstreit versteht. Allahs willige Vollstrecker, Chatami wie Mohammed Atta, die Taliban wie der Al-Aksa-Brigadier, sind nicht vom Himmel gefallen." Religionsfreiheit war für Gremliza auch die Freiheit von Religion.
Im Juni 2010 informierte ich Herman L. Gremliza und Stefan Frank über die antisemitischen Umtriebe in Jakob Augsteins "Freitag". Stefan Frank schrieb mir: “Was Sie schreiben, ist alles sehr richtig, und Ihr Kampf gegen den Antisemitismus sehr wichtig, insbesondere, weil sie die Gefechte ins Hinterland des Feindes tragen. Nun wundere ich mich allerdings, dass Sie sich darüber zu wundern scheinen, dass der Feind sich das nicht länger bieten lassen will. (..)" Kurz darauf, am 29.6.2010 antwortete mir Hermann L. Gremliza: "(..) zurück von einer fernen Insel schnell einen Gruß, mit dem ich mich Stefan Franks Antwort anschließe. Wer mit Paech oder Watzal diskutieren will, soll es tun. Ich geh solange Sarah Silverman gucken. Ihr Gremliza“
Spätestens ab 2014 merkte man dem Herausgeber von Konkret seine schwere Krankheit in seinen Texten und in der Auswahl der in Konkret veröffentlichten Texte an. Einer dieser Tiefpunkte war ein Artikel von Bernhard Torsch in Konkret. Im Oktober veröffentlichte das Plenum des alternativen Kulturzentrums Conne Island in Leipzig eine Erklärung, in der es sich mit den gehäuften sexuellen Übergriffen durch überwiegend Flüchtlinge auseinandersetzt und offenbart das Scheitern ihres Versuches, sich „der Welle der Willkommenskultur“ anzuschließen. In Konkret 12/2016 bezichtigt der Konkret-Autor Bernhard Torsch das links-alternative Conne Island deshalb des Rassismus und wünschte den „jungen Männern mit Migrationshintergrund nur gutes Gelingen dabei“, „diese Inseln selbstgerechter Saturiertheit zu verwüsten“
Einige ähnliche Ungeheuerlichkeiten in Konkret der letzten Jahre verursachten unliebsame Kratzer und Beulen an Gremlizas Lebenswerk, seine Verdienste gegen linken Antisemitismus in seinen jahrzehntelangen Glanzzeiten machen ihn wie Wolfgang Pohrt trotz alledem unsterblich. Am 20. Dezember 2019 ist Hermann L. Gremliza nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 79 Jahren verstorben.
Gleichzeitig veröffentlicht bei Mission Impossible