Das Motiv im Dunklen

Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz hat in einem Interview mit der Kleinen Zeitung recht deutlich und mit gutem Grund ein Ende der deutschen Einladungspolitik gefordert. Langsam wird es nämlich zur Gewissheit: Man kann nicht ohne einen breiten Konsens mit den eigenen Bürgern Einladungen an Millionen Menschen in anderen Ländern aussprechen und dann den Eingeladenen zuerst eine lebensgefährliche Reise zum Ort der Einladung zumuten, danach die teils illusionären Erwartungen der Eingeladenen auch noch zwangsläufig enttäuschen und schließlich einen Teil der Eingeladenen sukzessive wieder zurückschicken - weil es kein Gesetz und keinen rechtlichen Grund für deren Bleibe am Ort der Einladung gibt. Wenn man eine solche als humanitär etikettierte Einladungspolitik betreibt, ist man entweder naiv-links, zynisch oder berechnend. Oder man hat ein besonderes Motiv, das im Dunklen liegt.

Links-naiv ist die deutsche Kanzlerin mit Sicherheit nicht. Ihr die üble Eigenschaft Zynismus zu unterstellen, ist zweifellos ebenso falsch. Zynisch ist sie genau so wenig wie naiv. Berechnend ist sie sicher, denn das muss man in der Politik ganz einfach sein, sonst kann man sich nicht ganz oben halten. Allerdings passt die Eigenschaft "berechnend" nicht wirklich zur gegenständlichen Einladungspolitik, denn Frau Merkel hat sich zumindest aus jetziger Sicht nach einem kurzen politischen Quick-win mit ihrer Haltung selber massiv geschadet und einen heftigen Konflikt mit ihrer eigenen Partei und dem Partner CSU riskiert. Das widerspricht einer berechnenden Überlegung.

Bleibt die Frage: Was ist das wahre Motiv der Einladungspolitik? Warum hat Frau Merkel sich so positioniert? Ohne eine klare Exit-Strategie, ohne einen erkennbaren Plan B ?

Das Humanitäts-Argument passt jedenfalls nicht mehr. Es war am Anfang der Einladungspolitik noch stimmig, ist aber angesichts der Entwicklungen nicht mehr wirklich angebracht: Die Situation wird für alle zusehends krisenhaft und gefährdet  die humanitären Prinzipien. Die Stimmung in Deutschland ist am Kippen, wenn man den vielen Berichten glauben darf. Abgesehen davon, dass nun eine Menge Menschen in Sicherheit sind (und das ist freilich hoch zu schätzen) und dass allen, die Hilfe brauchen, geholfen werden muss, ist pro futuro kein Nutzen des Merkel`schen Alleingangs erkennbar. Und selbst wenn das altruistische Prinzip ihr einziges Motiv war: Gut gemeint ist am Ende halt leider doch nur das Gegenteil von Gut.

Auch das Argument, dass sich Deutschland mit seiner aktuellen Flüchtlings-Politik vom Trauma des Dritten Reichs nachhaltig distanzieren und sich weltweit endgültig rehabilitieren will, ist eher schwach. Dass Hunderttausende und vielleicht bald Millionen Menschen aus einem anderen Kulturkreis für massive soziologische Spannungen sorgen werden, ist jedem klar, der zumindest die Zeitungen liest. Und diese Spannungen werden den Deutschen naturgemäß weder real nützen noch einem vielleicht erhofften neuen deutschen humanitären Nimbus Auftrieb verschaffen. Die zunehmend konfliktschwangere Atmosphäre wird auch den vielen Neuankömmlingen nicht die ersehnte langfristige Besserstellung bringen.

Ebenso ist die gerne getätigte Aussage, dass Deutschland die neuen Zuwanderer aus wirtschaftlichen Gründen für die Besetzung der vielen offenen Stellen dringend brauchen würde, durchaus zweifelhaft. Dazu gibt es reichlich anderslautende Ökonomen-Meinungen. Und die flaue Geburtenrate durch Zuzug auszugleichen funktioniert auch nur bedingt und nur kurzfristig. Es ist nämlich ein nachweislicher Integrations-Effekt, dass die Kinderzahl beim Migranten-Nachwuchs drastisch sinkt, sobald die zweite Generation sich etabliert hat.

Österreich ist in der aktuellen Flüchtlingskrise von allen deutschen Entscheidungen immer direkt betroffen. Es ist daher nicht nur erlaubt, sondern sogar dringend geboten, klare politische Stellungnahmen (wie die eingangs erwähnte) abzugeben. Wir dürfen und müssen aktiv mitreden, die üblichen geflissentlich abgesonderten Humanitäts-Floskeln helfen da nicht. Und als Land mit einer im Europa-Vergleich sehr hohen Flüchtlings-Aufnahmezahl und mit aktuell durch die Merkel-Politik ziemlich belasteten Regionen wie Spielfeld und Salzburg bzw. Oberösterreich steht uns auch ein Nachdenken über die Frage des Merkel`schen Motivs und dessen Auswirkungen zu. Ebenso dürfen wir mit Vehemenz eine substanzielle EU-Politik zum Thema Nr. 1 einfordern und auch selber klare Maßnahmen ergreifen, um die Krise so zu meistern, dass für alle Betroffenen das Bestmögliche erreicht wird.

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