Jeder von uns erinnert sich an den Willkommens-Herbst 2015. Und an die Bahnhöfe, wo die orientalischen und nordafrikanischen Ankömmlinge bestaunt und akklamiert wurden. Die Stimmung bei den Hiesigen war ein bisschen so wie im Zoo, wenn ein neugeborenes Elefanten-Baby begrüßt wird. Die Menschen standen auf den Bahnsteigen Spalier und winkten den Exoten voller Freude zu. Fleißig wurden selbstgemachte Transparente entrollt und manche jubelten sogar unter heftigem Schwenken von mitgebrachten Fahnen - so, als ob die eigenen Weltmeister von einer WM nach Hause kämen.
Man bestärkte sich gegenseitig in der Refugeeswelcome-Euphorie, oft sogar mit Tränen der Rührung in den Augen. Und man übersah, dass gar nicht selten der persönlich gespendete und freudig überreichte Pullover mangels modischer Marke im Dreck landete oder die wohlwollend übergebene Trinkflasche in die Ecke geworfen wurde. Von den Wurstsemmeln, die aus Glaubensgründen sowieso im Mist endeten, gar nicht zu reden. Wirklich wichtig waren für die Migranten nur die Stecker für die Smartphones. Die Handys hatte man ja noch, die Pässe waren leider verloren.
Nein, das wird jetzt kein Text gegen die heute gern abwertend als "Bahnhofsklatscher" bezeichneten Bürger. Die Mehrzahl der Leute meinte ihren Willkommensgruß damals ernst. Eine pauschale Kritik an den vielen Österreichern, die wirklich und schnell helfen wollten, ist fehl am Platze. Die Motive der Helfer waren überwiegend ehrlich und altruistisch. Sie wussten damals einfach noch zu wenig über die Hintergründe und die Fakten des Migrationsdesasters. Die vielen ehrlichen Helfer fielen einer durch die tendenziösen, einseitigen Medienberichte und durch die entsprechenden politischen Statements dramatisch verstärkten gutherzigen Naivität zum Opfer.
Weniger ehrlich waren von Beginn an die Motive der Verantwortlichen: Angefangen von der deutschen Regierung, die den Migrationszirkus und die heute irgendwie beschämend wirkende, weil Zoo-ähnliche Atmosphäre auf den Bahnhöfen erst ermöglichte, bis hin zu den professionellen NGOs und den Linksparteien - sie alle haben schuldhaft gehandelt, weil sie wussten, dass ein Desaster unvermeidlich werden würde. Und sie haben wissentlich und fortgesetzt bestehendes Recht gebrochen - alles unter dem Signum der "Menschlichkeit".
Aber es war und ist natürlich in deren ureigenstem Interesse, in humanitären Fragen möglichst gut dazustehen und sie nützten die im September fraglos heikle Lage für ihre Zwecke nicht nur populistisch aus, sondern missbrauchten sie sogar dafür. Der Ruf nach "Menschlichkeit" und das nicht enden wollende humanistische Selbstlob der Akteure und Migrations-Apologeten übertönten in diesem denkwürdigen Herbst 2015 fast alles. Und der Ruf hat gewirkt. Die frühen Kritiker wurden sämtlich in die Nationalisten-Rassisten-Ecke verwiesen und waren sofort verfemt.
Für die Durchsetzung der definitiv linken Ziele wurden die Rechte und die Interessen der österreichischen Nation preisgegeben und die grundlegenden Pflichten gegenüber der Republik Österreich vernachlässigt. Das betraf übrigens auch die ÖBB, deren damaliger Chef heute Bundeskanzler ist: Die werbetechnisch wirksamen großen Gesten der "Menschlichkeit" haben Herrn Kern geholfen, seine Reputation als smarter Manager mit Herz zu festigen. Obwohl er - objektiv betrachtet - eine Reihe von rechtlich zumindest fragwürdigen Aktionen ermöglicht hat, schaffte er sich damals eine von den Mainstream-Medien hochgelobte Position.
Mit "Menschlichkeit" wurde über Monate alles zugedeckt und alles gerechtfertigt. Und als Kanzler Faymann endlich begann, politisch richtig zu handeln und sich von Merkel distanzierte, war die Stunde des Kern gekommen. Faymann musste gehen, der Humanitäts-Spezialist durfte kommen und noch ein bisschen weiter im Menschlichkeitstheater agieren.
Heute wissen wir aber alle, dass die Politik der offenen Grenzen grundsätzlich falsch und höchstens pseudo-humanitär war. Wir wissen, dass wir zigtausende Leute ins Land gelassen haben, die keinerlei Bleiberecht bekommen werden. Wir wissen, dass zahlreiche Radikale unter den Migranten sind und die Zahl der Schläfer beachtlich. Wir wissen, dass die Kulturen aufeinanderprallen und die Stimmung und das Klima im Land furchtsam und auch aggressiv geworden sind. Und wir wissen, dass wir alle für den Herbst 2015 bitter bezahlen werden - in jeder Hinsicht.
Die einst naiven Kinder vom Bahnhofs-Zoo sind mittlerweile gereift, besser informiert, besorgter und klüger geworden: Die große Mehrheit der Österreicher sieht die Situation längst kritisch bis ablehnend. Kaum jemand würde heute noch auf einen Bahnhof fahren und einen Zug mit hunderten männlichen jungen illegalen Migranten beklatschen.
Nur in der Regierungspolitik wird leider noch immer versucht, Zeit zu gewinnen und klare Handlungen zu vermeiden. Die drei Minister Kurz, Sobotka und Doskozil dürfen zwar Dinge sagen, für die man im Herbst 2015 noch öffentlich verdammt wurde, aber der Weg vom Wort zur Tat ist noch lange nicht beschritten. Grillparzers Diktum vom Zauderer "auf halbem Weg zur halben Tat" gilt offenbar uneingeschränkt und überall. Anders gesagt: Die freie Wildbahn ist halt doch etwas anderes als der Bahnhofs-Zoo. Das hat nun wohl auch der nicht mehr im geschützten ÖBB-Bereich werkende Bundeskanzler bemerkt.
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