Nach wie vor beschäftigt der Po die Gemüter. Ich werde oft auf die hinlänglich bekannte Story angesprochen und erhalte viele Mails, Facebook-Einträge, Tweets und Zuschriften (die meiste Kritik enthält übrigens positive Inhalte, lediglich bestimmte Twitteristi und einzelne Medienleute sind da mehr im negativen Bereich angesiedelt).
Zur Erleichterung und Versachlichung der Debatte möchte ich nochmals eine Klarstellung abgeben:
Es geht bei allen meinen Bemühungen, die geplante Novelle des § 218 in der jetzt geplanten Form zu verhindern, nicht darum, das sogenannte „Po-Grapschen“ salonfähig zu machen, zu propagieren oder zu verharmlosen. Wenn dies jemand insinuiert, dann entbehrt das jeder sachlichen Grundlage und ist nachweislich nicht meine Absicht.
Es geht mir vielmehr um etwas Grundsätzliches, das in der Debatte vor allem von linksideologisch und feministisch eingestellten Menschen offenbar gerne oder sogar vorsätzlich missverstanden wird: Nämlich um die tiefgreifende, gesellschaftspolitisch relevante und prinzipielle Frage, ob das Verbieten von „unerwünschten Berührungen“ ins Strafgesetzbuch (StGB) gehört oder ob hier nicht viel eher das Zivil- oder Verwaltungsrecht zu bemühen wäre. Wenn überhaupt dafür ein Gesetz nötig ist. Denn: Grundsätzlich sollte das Zwischenmenschliche ohnehin durch Respekt, Anstand und Höflichkeit geregelt sein und nicht mit Gesetzbüchern.
Das StGB stellt einen Katalog dar, in dem Verbrechen gegen Leib, Leben und Eigentum ihre strafrechtliche Antwort finden. Es dient dazu, Täter (Verbrecher) massiv zu bestrafen: nämlich mit dem Entzug der Freiheit oder mit hohen Geldstrafen. Jedenfalls erfolgt bei Verurteilung eine Eintragung ins Vorstrafen-Register und daher ein nachhaltige Einschränkung des zivilen Lebens des Täters. Erst in zweiter Linie dient das Strafrecht den Opfern von Verbrechen dazu, Genugtuung zu erfahren: Sie können das meist nur auf ideellem Wege, wenn der vorher mutmaßliche Täter eben rechtskräftig verurteilt wird.
Schadenersatzansprüche müssen zivilrechtlich eingeklagt werden, diese Verfahren sind umständlich, lange und nicht mit Sicherheit erfolgreich. Es sind immer klare und ausreichende Beweise nötig, denn es gilt der Rechtsgrundsatz: in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten), sowohl strafrechtlich wie auch zivilrechtlich.
Die Beweisführung ist laut Strafrechtsexperten gerade beim § 218 oft extrem schwierig, es steht meist nur Aussage gegen Aussage. Es werden unzählige fragliche Opfer und Täter erzeugt, weil die juristische Situation nicht exakt zu klären ist. Die Mehrzahl der führenden Strafrechtsexperten ist daher der Ansicht, dass das StGB nicht geeignet ist, die in der Novelle aufgegriffene Problematik zu lösen.
Die fachliche Begründung lautet: Die aus dem StGB hervorgehende Judikatur stellt immer einen massiven Eingriff in die Bürgersphäre dar und das Strafrecht sollte keinesfalls zum Benimm-Kodex für zwischenmenschliche Fragen werden. Die Folge der Novelle wäre eine unnötige Kriminalisierung auf der einen und eine kontraproduktive Viktimisierung auf der anderen Seite. Es ist daher a priori nicht sinnvoll, eine solche Novelle im StGB zu entwickeln.
Schon bei der jetzt gültigen Version des § 218 zählen wir 1337 Anzeigen und nur 67 (!) Verurteilungen. Das heißt: 95% (!) der Verfahren sind ohne Ergebnis (Zahlen aus 2014). Diese Fakten werden aus ideologischen Gründen meist nicht zur Kenntnis genommen oder absichtlich ignoriert.
Ich habe mir die Datenlage genau angesehen und mich danach entschlossen, angesichts der Brisanz der Novelle "aktionistisch" tätig zu werden, um eine breitere Öffentlichkeit für die heikle Thematik zu interessieren.
Mit Erfolg: Immerhin hat die kürzlich angestoßene Debatte jetzt dazu geführt, dass der kritische Passus der Novelle nochmals Gegenstand juristischer Überlegungen in der sogenannten Begutachtungsfrist wird. Dies haben die Justizsprecher Jarolim (SPÖ) und Steinacker (ÖVP) bereits öffentlich über eine Presse-Aussendung kundgetan.
Die Diskussion, die in den SocialMedia (vor allem auf Twitter) leider ständig verzerrt und teils auch diffamierend geführt wird, könnte damit wieder jenes höhere Niveau erreichen, das ihr aufgrund ihrer gesellschaftspolitischen Wichtigkeit zukommt.