Das Herannahen des Designerbabys und die Möglichkeit der Leihmutterschaft machen Frauen zu potenziellen Plantagen für im Labor gezeugte Embryonen. Eine krassere Ausbeutung des weiblichen Körpers ist kaum vorstellbar. Selbst der Organhandel ist in seiner Verwerflichkeit weniger schlimm als die Kombination Designerbaby und Leihmutterschaft, weil bei ersterem "nur" Organe gehandelt und verpflanzt werden und keine menschlichen Lebewesen als Ganzes. Das Argument der Freiwlligkeit zählt bei der Leihmutterschaft nicht, denn der implantierte Embryo wird nicht um seine Meinung gefragt. Das wird er freilich bei der "normalen" Zeugung auch nicht, aber hierbei gehts wenigstens mit natürlichen und evolutionär entstandenen Dingen zu.
Das Kernproblem bei dieser angeblichen Freiwilligkeit ist, dass die Kinderrechte dabei mit Füssen getreten werden, weil eine regelrechte Angebots- und Nachfrage-Situation entsteht: Embryonen werden als Handelsware zwischen Kunden und Dienstleistern vermittelt. So eine Situation wird vermutlich nicht dem späteren freien Willen des zu gebärenden Kindes entsprechen.
Der im Namen der Fertilitätsmedizin entstehende Handel ist ein Zynismus der besonderen Art: Menschenhandel an sich ist in der zivilisierten Welt verboten, aber bei den Embryonen machen etliche Länder schon jetzt eine Ausnahme. Dem Kinderwunsch und dem damit zusammenhängenden Geschäft wird alles unterworfen - vor allem die Schicksale der Ungeborenen. Ein weiterer Haken bei der kolportierten Freiwilligkeit ist, dass kaum eine Frau aus Altruismus zur Leihmutter wird, sondern fast immer wird die Gage die Triebfeder sein. Was das alles für die grundsätzliche Rolle der Frau und überhaupt für die gesamte Ethik einer Gesellschaft bedeutet, mag sich jede(r) selber überlegen.
Man stelle sich das nun einmal plastisch vor: In naher Zukunft ist es technisch möglich, sein Kind vom Laptop online über genetische Baukastensysteme als Designerbaby herstellen zu lassen. Man braucht nur Samen und Eizellen, die nach den Wünschen der zukünftigen "Eltern" (oder nur der "Mutter" oder nur des "Vaters", je nach Belieben) aussortiert, genetisch getestet und danach verschmolzen werden. Wenn allles passt, wird der Embryo dann in eine Leihmutter implantiert. Die finanziell wohlbestallten Designerbaby-"Eltern" ersparen sich die Mühsal einer Schwangerschaft, die austragende Mutter bekommt für den Gebrauch ihres Uterus eine entsprechende Miete und liefert das Baby zum geplanten Zeitpunkt ab.
Das so entstandene Kind kann theoretisch drei Mütter haben: Zuerst die Eizell-Spenderin, dann die austragende und gebärende und danach die soziale Mutter, die das Kind aufzieht. Infolge des in praktisch allen westlichen Staaten gegebenen Rechts auf Information wird das Kind eines Tages davon erfahren (müssen). Wie die auf diese Weise erzeugten Kinder auf solche Botschaften reagieren werden, weiß noch kein Mensch. Dass eine derartige Information aber psychisch eine extrem schwierige Situation erzeugen kann, ist naheliegend.
Schauergeschichte? Nein. Ganz und gar nicht. Sondern bald Realität. In England haben führende Genetiker bereits Anfang des Jahres das britische Parlament aufgefordert, über die rechtlichen Rahmenbedingungen des Designerbabys nachzudenken und entsprechende Gesetze zu erlassen: Der BBC Bericht dazu. England ist ja weltweit eines der führenden Länder in der Fortpflanzungsmedizin. Man sollte also auf die Spezialisten dort hören. Bezeichnenderweise ist Robert Edwards, der Erfinder der IVF, ein Brite.
Wir stehen de facto vor einer Zeitenwende, die in ihrer Gewaltigkeit die kopernikanische Wende in den Schatten stellt: Es geht um nicht weniger als die technokratische Transformation der Lebensentstehung von der Natur hin zu einer technologisch vermittelten kontrollier- und steuerbaren Diensteistung, die dem Markt unterworfen wird und ganz klar ausbeuterische Züge trägt. Anders gesagt: Aldous Huxley`s Brave New World wird definitiv Realität.