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Seit dem Beginn der Migrationskrise im Herbst 2015 gehen die Wogen in der öffentlichen Debatte mehr denn je sehr hoch. Sachliche und juristische Argumente für oder gegen die Massenmigration werden regelmäßig durch ideologische Statements, moralisierende Urteile und ressentimentgeladene Äußerungen ersetzt.
Wie alles anfing: Die Haltung war "menschlich"
In der veröffentlichten Meinung hat sich von Anfang an eine Linie festgesetzt, die sich deutlich und zunächst völlig unkritisch für die neue Migration, für offene Grenzen, für eine hohe, ja unbegrenzte Aufnahmebereitschaft und für weitestgehende Toleranz den woher immer kommenden Fremden gegenüber stark machte. Also eine vordergründig durchaus humane, aber sohin auch nicht weiter hinterfragte Linie, was Zumutbarkeit, Bewältigbarkeit, Tragfähigkeit anbelangt.
Rechtsbrüche ignoriert
Diese Sichtweise schloss von Anfang an auch eine Akzeptanz der vielfachen Rechtsverletzungen, die durch die unzähligen illegalen Grenzübertritte entstanden sind, mit ein. Ebenso bestand keine wirkliche Sensitivität gegenüber den kulturellen und religiösen Unterschieden zwischen der europäischen und der aktuell von anderswo hereinströmenden Bevölkerung.
Zweifler attackiert
In dieser mehr oder weniger offiziellen Stimmung war Kritik der sich abzeichnenden Massenimmigration nicht opportun, trotz ihren eigentlich von Anfang an absehbaren dramatischen Folgen. Vereinzelte Kritiker fielen daher umso mehr auf – sobald sie sich öffentlich äußerten. Aber schnell wurde einem jeden, der zu der neuen „Völkerwanderung“ nicht bedingungslos applaudieren mochte und vielleicht sogar nachfragte, was denn da eigentlich läuft, das medien-offizielle Etikett Unmensch, Rechtsextremist oder gar Rassist verpasst. Und wer dann noch immer nicht kapiert hat, der wurde einfachheitshalber mit der Nazi-Keule erledigt.
Desinformationskultur
Freilich: Viele Bürger waren aufgrund der gegebenen gemainstreamten Berichterstattung damals tatsächlich nicht gehörig informiert, und viele wollten ihre Hilfsbereitschaft tatsächlich zur Geltung bringen. So schien das offizielle Klima allein von Menschlichkeit und Barmherzigkeit geprägt, Kritik kam da ganz ungelegen. Vereinfacht gesagt galt vom September 2015 bis etwa Mitte 2016 als Losung: Der Migrationskritiker ist böse, der Mensch am Bahnhof ist gut.
Flüchtling – Geflüchteter, usw
Wie es zu dieser Grundströmung gekommen ist, das ist heute klar. In den ersten Monaten der Krise ist es den Proponenten der Migration mit den Bildern und Berichten aus den vor allem orientalischen Kriegsgebieten und mittels der offiziellen politischen Position der meisten EU-Regierungen leicht gelungen, den Eindruck zu vermitteln: Alle Migranten sind Flüchtlinge. (Ehrlicherweise ist auch zuzugeben, dass unser aller Wissen damals nicht so umfassend war wie heute.)
Der Befund von heute
Mittlerweile wissen wir es längst besser. Die internationalen Asylstatistiken belegen, dass nur ca. die Hälfte aller Ankömmlinge Chance auf Asyl hat. Die anderen 50% müssen zurück, sie haben kein Bleiberecht und werden keines bekommen - aber bleiben werden sie fast alle trotzdem. (Allein in Deutschland zählt man über 500.000 Leute ohne Bleiberecht.) Solche Zahlen und die dazugehörigen Fakten sind der Öffentlichkeit nicht länger vorzuenthalten. Die Gewalt-Silvesternacht von Köln und die fatalen mediengesteuerten Fake-News vom Grenzfluss in Idomeni taten 2016 ihr Übriges.
Die Stimmung hat sich geändert
Aufgrund der als zunehmend dramatischer herauskommenden Faktenlage begann die oben beschriebene offizielle immigrationsfreundliche Haltung zu bröckeln, und einzelne verantwortliche Politiker schlossen sich der von den Oppositionellen schon seit September 2015 geäußerten und immer heftigeren Kritik an der europäischen Migrationspolitik an. Auch etliche Kommentatoren in den Medien revidierten ihre anfängliche „Refugees-Welcome“-Euphorie und fingen an, sich den Tatsachen zu stellen und deutlich kritischer zu werden.
Alles was "rechts" ist, muss bekämpft werden
Damit wuchs in Redaktionen und Parteizentralen umso mehr die Angst, die "Rechten" könnten infolge des sich ändernden Meinungsklimas zu stark werden. Dabei blieb der „xenophile“ Kern der Migrations-Apologeten von den geschilderten Fakten unbeeindruckt und begann aus taktischen Gründen, die anfängliche „Willkommenskultur“ aggressiv in eine nach innen gewandte Ablehnungskultur zu drehen: Erstes Ziel war es nun nicht mehr, die Fremden willkommen zu heißen, sondern die "Rechten" als Extremisten zu stigmatisieren, zu verdammen und mit allen möglichen publizistischen und politischen Mitteln zu bekämpfen.
Laßt uns die Keule auspacken!
Dafür liegen in den bezeichnenderweise mit öffentlichen Mitteln geförderten Redaktionsstuben natürlich alle Arten von irrationalen „Anwürfen“ bereit, die mit dem „Argument“ nur das „A“ gemeinsam haben: wer „rechts“ argumentiert, ist sowieso eine Ausgeburt von Rechtspopulismus, also ein Rechtsextremist, und – ja! – ein Neo-Nazi.
Die Empörten schäumen
Die Wahl von Donald Trump, die ungebetenen Auftritte von Viktor Orban und gar der Front National in Frankreich lassen die dafür einschlägig Bekannten nervös nach den Keulen fingern. Dabei ist die aktuelle Stimmung in der Bevölkerung längst gekippt, wie es eine kürzlich publizierte Umfrage des renommierten britischen Chatham-House-Instituts zeigte: 65% der Österreicher wollen keine Migration mehr.
Dirty Campaigning
Mit dem Einsatz der ungustiösen Nazikeule beginnt stets die dreckige Phase der öffentlichen Debatte: Die medial-politisch aktiven Akteure versuchen, mit unterschwelliger oder ausdrücklichen Unterstellungen, die sie "Argumente" nennen, aus dem natürlichen Patriotismus vernünftiger Bürger einen braungetönten Nationalismus zu konstruieren: Nahezu jede sachliche Migrationskritik wird mit unlauterer Rhetorik in rassistisch motivierte Ausländerfeindlichkeit transformiert und jeder Gegner der Massenimmigration wird vorsätzlich als Nazi-Wiedergänger diffamiert. Das Ziel ist klar: Die Reputation all jener Kritiker soll mit allen Mitteln angepatzt, noch besser aber zerstört werden. Und am allerbesten wäre natürlich gleich deren Existenzvernichtung.
Lenins "nützliche Idioten"
Die Abgefeimtesten unter den Rufmördern bedienen sich der ihnen hörigen "nützlichen Idioten" (Lenin) auf Facebook und Twitter: Die erledigen dort die Drecksarbeit für sie. Weniger Kluge (oder auch Mutigere) sind selber aktiv und bezeichnen dann etwa einen Präsidentschaftskandidaten als Nazi - und werden dafür höchstgerichtlich und rechtskräftig verurteilt.
Beweise? Wo sind die Beweise?
Damit sind wir bei einem zentralen Punkt dieser immer wieder aufkeimenden Nazismus-Debatte: Wer einen anderen als Nazi bezeichnet (und sei es auch in verklausulierter Form), der muss einen Beweis dafür haben, dass der so bezeichnete wirklich einer ist. Der Angeprangerte muss also in irgendeiner Weise als Nazi, also nationalsozialistisch, aufgetreten und sich der Wiederbetätigung schuldig gemacht haben. Jemandem auch nur sublim so etwas ohne vorliegende Straftat und ohne Beweis vorzuwerfen, ist nichts anderes als eine boshafte Verleumdung - das gilt in Österreich und auch in Deutschland.
Positionsbestimmung: Niemand will den NS
Wir sind uns alle einig: Dass der Nationalsozialismus verachtenswert und jede Wiederbetätigung sofort und gnadenlos strafrechtlich zu verfolgen ist, darüber herrscht einmütig Konsens und man muss sich von der NS-Ideologie daher nicht dauernd betulich und mit künstlicher Entrüstung distanzieren. Es ist heutzutage selbstverständlich und gewissermaßen in die weltanschauliche DNA aller seriös politisch aktiven Menschen eingeschrieben, dass man als österreichischer oder deutscher Bürger den NS absolut und unwiderruflich ablehnt.
Keine Anzeige? Keine Anzeige, keine Wiederbetätigung!
Wenn also jemand die „Nazikeule“ auspackt, dann müsste er, wenn er seriös agiert, zuerst sein Opfer wegen Wiederbetätigung anzeigen. Das aber trauen sich dann die wenigsten, und auch nur in den wenigsten Fällen. Warum das so ist, ist sonnenklar: Weil es eben keinerlei Nazismus bei den Angegriffenen gibt und die Gegenklage auf "Verleumdung" und "Üble Nachrede" mit Sicherheit durchginge und gewonnen würde.
Verleumdung als Mittel der Debatte
Wir stehen also vor einem eigentlich dramatischen Problem im öffentlichen Diskurs. Es herrscht dort eine nachweisliche intellektuelle Unredlichkeit und ein grundsätzlich verleumderischer Gestus vor, der leider vielen Personen des öffentlichen, medialen und politischen Lebens zu eigen ist: Wenn einem sonst nichts einfällt und man mit seinen Argumenten am Ende ist, dann nennt man den politischen Gegner halt einfach einen Nazi oder man dreht zumindest die eigene Rhetorik in diese Richtung, um ihn als solchen erscheinen zu lassen.
Gerade in der sogenannten Flüchtlingsdebatte sind durch diese rhetorischen Tricks lange Zeit die Fakten überdeckt worden. Genau das hat nicht nur der Migrationspolitik so sehr geschadet, dieser Unfug hat genauso die Glaubwürdigkeit der Politik und der Medien ganz massiv erschüttert.
(Zuerst erschienen auf meinem Blog: www.TheDailyFranz )