Ungarn, Bayern - und Österreich

Politiker sollen Politik machen. Hilforganisationen sollen helfen. Und Journalisten sollen berichten und kommentieren. Alle drei genannten Gruppen sind in letzter Zeit ein bisserl durcheinander gekommen, denn alle drei wollen derzeit Politik machen. Die ersteren haben dabei aber noch nicht die ideale Linie zur Flüchtlings- und Migrationspolitik gefunden und sich in ihrer Orientierungslosikeit zunächst einmal auf moralische Werte wie Humanität berufen, da kann man augenscheinlich nichts falsch machen - sogar unter Preisgabe des Rechtsstaates und seiner Auflagen. Das lässt sich anscheinend rechtfertigen, zumindest wenn man Merkel heißt oder in deren Kielwasser surft. Dass grundsätzlich dabei aber das Völkerrecht, das Fremdenrecht und diverse Paragrafen von Staats wegen missachtet wurden, sollte man nicht vergessen. Das könnte in späteren Zeiten nämlich einmal sehr kritische Fragen nach ziehen.

Zweitere (also die Helfer) haben gemeint, dass die Politk zu wenig für die in Massen Ankommenden unternähme und haben deswegen im Vakuum dieser politiklosen und rechtsstaatsfernen Phase ihre Positionen gestärkt und über weite Strecken in Eigeninitiative die Hilfe für die über die Grenzen hereinströmenden Menschen übernommen. Tausende Laienhelfer unterstützten sie dabei. Eine eigene medial hochgejazzte "Grassroots"-Bewegung namens #RefgueesWelcome ist daraus entstanden. Diese im Grunde linksorientierte Bewegung misst sich politisches Gewicht zu und stellt gerne die eigene Position als die einzig politisch legitime dar. Freilich zeugt dieses Phänomen auch von der Stärke der Zivilgesellschaft und soll nicht schlechtgeredet werden: hier haben viele Leute einfach was Gutes tun wollen. Das Ding hat sich dann halt rasch verpolitisiert bzw wurde von der Politik vereinnahmt. Ob das allen Helfern gefällt, muss noch geklärt werden.

Die dritte Gruppe (die Medienleute) haben offenbar mehrheitlich beschlossen, dass nur eine willkürlich festgelegte und selektive Wahrnehmung die Leitlinie des journalistischen Berichtens darstellen darf. Diese Leitlinie wurde zum moralisch einzig richtigen Zugang erklärt und darf daher nicht kritisiert oder gar verlassen werden. Objektivität ist längst nicht mehr jener Wert, der früher als Richtschnur des journalistischen Tuns galt. Sowohl die Bilder wie auch die meisten Beiträge waren und sind demzufolge von einer unkritischen Tendenz gezeichnet: Alles, was derzeit Migrant oder Flüchtling ist, gilt als sakrosankt und in ebendiesem Stil wird darüber berichtet. Das ist schade, denn so geht sukzessive die für eine gute politische Diskussion notwendige Differenziertheit verloren.

Unter ständigem Hinweis auf die Schutzbedürftigkeit der Migranten und Flüchtlinge wird ein Tabu hergestellt, das zu brechen als geradezu verabscheuungswürdig gilt. Das sachliche Hinterfragen der Motive und der Soziologie der Migranten gilt als menschenfeindlich, der Versuch, die Hintergründe auszuleuchten und klar zu unterscheiden, wer denn nun ein hilfsbedürftiger Flüchtling und wer nur ein Trittbrettfahrer ist oder das grundsätzliche Einnehmen einer zweifelnden oder gar kritischen Position in dieser Frage wird als rassistisch, xenophob oder rechtsradikal denunziert. Solcherart wird dem Land bzw. den Andersmeinenden und Kritischen ein riesiger Maulkorb umgehängt und jede offizielle Debatte, in der trotzdem nachgefragt wird, erhält dadurch einen speziellen Hautgout. Geredet und hinterfragt wird natürlich trotzdem. Umso heftiger sogar, vor allem an den Stammtischen und im Privaten. Das Thema beherrscht alles.

Und so wollen jetzt alle politische Meinungsbildung betreiben, jeder auf seine Weise. Leider wird dabei aber durch gezielte Aussparungen, Moralisierung und tendenziöse Meinungserzeugung vor allem das Ressentiment bedient - und zwar nach allen Seiten. Die seriöse und gestaltende Politik hat bisher noch zu keiner guten und dauerhaften Lösung gefunden, weil in Demokratien der Reifungsprozess für neue Gesetze und Regeln einfach länger dauert. Und man darf nicht vergessen, das hat vor allem Vorteile. Heikle Probleme müssen gut durchdacht werden, sonst gibt es keine guten Lösungen. Schnellschüsse sind nämlich vor allem eines: Schüsse. Und die treffen oft die Falschen. Nebenbei bemerkt: Österreich ist halt überhaupt ein Land der Cunctatoren, hier dauert alles ein wenig länger.

Allerdings steigt der Druck ständig und wir wissen um die Notwendigkeit, jetzt klare Ansagen zu treffen und die Dinge beim Namen zu nennen. Die Zeit der Lösungen bricht gerade an: Die bürgerlichen Parteien Europas sind diejenigen, die nun zu erkennbaren Linien finden und die Problematik lösen wollen. Sowohl in Ungarn, wo bereits seit Monaten die konservative Regierung einen glasklaren und sehr konservativen Kurs fährt als auch jetzt in Bayern, wo sich Ministerpräsident Seehofer (CSU) von den allzu offenen Armen seiner Kanzlerin nicht mehr so gern umarmen lassen will.  Und aktuell zieht Österreich nach: ÖVP-Vizekanzler Mitterlehner will nun ebenfalls Restriktionen und eine unkritische, herumwurschtelnde Haltung gilt ihm mittlerweile als obsolet. Die ÖVP hat einen Aktionsplan Asyl entwickelt und wird damit neue Impulse in der Migrations- und Flüchtlingspolitik setzen.

Politiker sollen Politik machen. Und die konservativ-bürgerliche Politik übernimmt gerade wieder das Gesetz des Handelns. Draus könnte nun eine konservative West-Ost-Achse entstehen, die Europa guttun würde: Ungarn, Bayern und Österreich als Impulsgeber einer neuen Migrationspolitik.

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