Viel mehr Kinder braucht das Land

Glaubt man Statistiken und Meinungsumfragen, dann will die Mehrheit der Bürger gerne Kinder oder hat schon welche. Familie zu haben ist noch immer eines der prioritären Ziele im Leben. Trotzdem scheint die öffentliche Haltung in Österreich nicht sehr kinderfreundlich zu sein - zumindest, wenn man die Welt aus der Warte der Eltern und Kinder betrachtet.

Unverständnis gegenüber Kindern, Vorbehalte gegenüber größeren Familien und die auffällig oft monierte Meinung, dass Kinder ein Hindernis im persönlichen Leben und bei der Selbstverwirklichung darstellen würden, kennzeichnen die öffentlichen Sphären. Speziell in den Großstädten ist dieses Phänomen besonders häufig: Wer etwa in Wien mit einem Kinderwagen und drei Kindern unterwegs ist oder mit diesen gar die öffentlichen Verkehrsmittel benützt, wird bald einmal scheel angesehen oder sogar angepöbelt. Eine Straßenquerung am Zebrastreifen wird oft zum Hasard, weil ungeduldige Autofahrer die Kinderwagenschieber als feindliche Objekte wahrnehmen.

Kinderreiche Familien wirken in der Öffentlichkeit heute fast wie Rowdies, die den kinderlosen Lebensgenießern den störungsfreien Alltag vermiesen wollen. Diese Haltung schadet letztlich der Gesellschaft. Kinder stellen nämlich ganz ohne pathetische Übertreibung eine Bereicherung der Gegenwart und die Gewährleistung der Zukunft dar. Kinder sind diejenigen Menschen, die das Leben weiter tragen und später einmal die Solidarsysteme für genau jene Leute aufrecht erhalten sollen, die jetzt so gerne dem Kinderkriegen ausweichen oder Kinder überhaupt für eine Belastung halten.

Freilich gibt es zweifellos auch genug Situationen, wo Kinder nerven oder fehl am Platz sind. Doch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass die grundsätzlichen Vorbehalte gegenüber Kindern und dem Kinderkriegen tendenziell zunehmen. Ein wertfreies Zeichen dieser negativen Haltung ist die sinkende Geburtenrate: In Österreich beträgt sie derzeit 1,4 Kinder pro Frau - das ist eine der niedrigsten Raten Europas. Im Gegenzug haben wir dafür vermutlich europaweit die meisten Abtreibungen. Leider gibt es hier aber nur Schätzungen, denn exakte Zahlen dazu werden nicht erhoben. Die Wahrheit soll wohl niemand wissen.

Um nicht missverstanden zu werden: Das Faktum unserer Kinderarmut ist definitiv nicht den Frauen anzulasten und kein seriöser Mensch will nur die Frauen als diejenigen sehen, welche für die Geburtenzahlen zuständig sind. Die Männer sind es genauso. Die Tatsache unserer geringen Vermehrungsfreudigkeit ist ein gesamtgesellschaftliches und durch viele Ursachen begründetes Phänomen, dem sich Politik und Öffentlichkeit stellen müssen. Die landläufigen Argumentationen, dass es die Selbstbestimmung und die Freiheit des Einzelnen bedingen, auch ohne Kinder leben zu können, sind kontraproduktiv, denn Kinderarmut verändert massiv die Demografie, gefährdet langfristig den Wohlstand und benachteiligt daher andere.

Es gilt also, diese Haltung zu hinterfragen und nachzudenken, wie man zu neuen gesellschaftspolitischen Positionen kommen kann, die im wahrsten Sinne des Wortes befruchtend wirken können. Klar ist: Ein Staat mit zu geringen Nachwuchszahlen ist zum Untergang bestimmt. Die einzige Alternative für das Überleben desselben ist die massive Förderung der Migration.

In führenden Nationen Europas ist die Geburtenrate weit höher: In Frankreich gilt die Familie als die primär erstrebenswerte Lebensumgebung, aber es gibt dort auch sehr gut funktionierende Kinderbetreuungseinrichtungen und insgesamt eine öffentliche Mentalität, die förderlich auf den Nachwuchs wirkt. In Österreich beschränkt sich die Debatte bisher nur auf Randfragen wie das Adoptionsrecht für Homosexuelle oder die Erlaubnis der Samenspende für lesbische Frauen. Daraus wird unsere Gesellschaft wohl nicht jenen Nutzen ziehen, den sie fürs Überleben braucht.

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Herbert Erregger

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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