Ich hab viele Freundinnen, die einen kenne ich seit dem Kindergarten, die anderen seit der Schul- oder Studienzeit und wieder andere habe ich zufällig mal irgendwo zwischen Tennisplatz, Bahnhof und Kaffee kennengelernt. Natürlich, dazu gibt es auch eine goldene Regel, stehen dir nie mehr als maximal eine handvoll Menschen wirklich nahe. Ich habe in Wahrheit drei engste Freundinnen. Wir haben eine Freundschaft wie man es sich vorstellt, wir sind gemeinsam das erste Mal miteinander tanzen gegangen, wir haben uns zusammen das erste Mal betrunken, wir sind quasi gemeinsam erwachsen geworden. Wir haben gemeinsam Burschen doof gefunden und urplötzlich waren wir alle vier gleichzeitig verliebt. Wir waren zuerst eine Radfahrgang, dann eine Vespagruppe und schließlich saßen wir stets zusammen in einem Auto. Wir haben Pferde gestohlen, uns gegenseitig die Haare geschnitten und uns unsere größten sowie geheimsten Geheimnisse anvertraut.

Und jetzt sind wir Erwachsen und wissen oft nicht mehr, was wir miteinander anfangen sollen. Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, was ich wem sagen kann und darf. Wie viel Ehrlichkeit ist noch erlaubt? Wie viel Wahrheit können die Freundinnen noch ertragen? Wir sehen uns nur mehr sporadisch, eigentlich echt selten. Ein sogenanntes "Vierer-Treffen" gibt es beinahe kaum mehr, das letzte solcher Zusammenkünfte fand im Rahmen einer kleinen Weihnachtsfeier statt. Alle vier hat es uns auf unterschiedliche geographische Punkte verteilt, aber doch sind wir alle im kleinen Österreich geblieben. Ich weiß nicht mehr viel über den Alltag der drei. Ich weiß nicht was sie im Augenblick tun, welche Pläne sie am selben Tag noch haben. Sicher kenne ich die großen Entwürfe, die einschneidenden Erlebnisse, die schönen und harten Schicksalsschläge. Logisch das teilen wir noch immer miteinander. Die großen Momente, da sind wir alle vier wieder stark und live dabei. Bei der ersten Hochzeit, bei den Geburten der Kinder. Aber wo bleiben die kleinen Gelegenheiten, die spontanen Verabredungen und die wilden Partys, die passieren und nicht monatelang geplant wurden?

Manchmal da macht mir das ganze nichts aus, ich denke nicht darüber nach wie es gestern war, heute ist und morgen sein wird. Ich mag die Gegenwart. Alles läuft. Ich weiß, dass ich trotz all den Distanzen auf die drei bauen kann. Ich bin mir ganz sicher, dass die Zeit unserer Freundschaft keinen Abbruch getan hat. Aber ich bin mir durchaus bewusst, dass das Erwachsen werden Dinge mit sich bringt, mit denen ich nicht wirklich gerechnet, mit denen ich mich nie auseinandergesetzt habe, von denen mir nie jemand erzählt hat und von denen ich eigentlich nichts wissen wollte. Früher waren wir - wir vier -, das sind wir auch heute noch. Aber jetzt hat jede ihren Partner (oder dann auch wieder mal nicht), die eine oder andere bereits ihr Kind. Was ist, wenn man mit der sogenannten besseren Hälfte der Freundin nicht gut auskommt? Was wenn einfach die Chemie viel zu schnell zerstört werden kann: Bei nur einem falschen Wort gegen die Erziehungsmethoden der Freundin?

Ich sitze im Zug und beobachte fünf Mädchen im Alter von 17 Jahren. Im besten Alter. Sie lachen, schmieden Pläne fürs Wochenende und bauen Luftschlösser für die Zukunft. Ich bin sentimental. Sentimental ist fast das falsche Wort, eher bin ich nostalgisch. Wie eine alte Frau, denk ich mir. Ich schwelge in Erinnerungen, träume von früher und denke mir, dass früher alles besser war, mit uns vier. Peinlich. Meine Oma hat gelogen, erwachsen werden ist doch schwer. Plötzlich klingelt mein Handy [...] !!!

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AnneVian

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Grexi

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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