Ich wiederhole es noch ein Mal: "Recht muss Recht bleiben!" - auch wenn das oft fragwürdig ist...
Zur Untermauerung dieser Tatsache darf ich auf zwei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit hinweisen.
Sie kamen aufgrund von aktuellen Handlungen erst in den letzten Tagen wieder in die Medien:
1) Im ersten Fall geht es um die Rechtssprechung in Deutschland zum Antrag des Bundesrates auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit und Auflösung der NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands)
Dieser Antrag wurde vom deutschen Bundesverfassungsgerichtshofes mit Urteil vom 17. Jänner 2017 (2 BvB 1/13) als unbegründet zurückgewiesen - und zwar mit folgenden (für mich fast unglaublichen) wortwörtlich zitierten Worten:
Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) vertritt ein auf der Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung abzielendes Konzept.
Sie will die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der ethnisch definierten "Volksgemeinschaft" ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen.
Ihr politisches Konzept missachtet die Menschenwürde und ist mit dem Demokratieprinzip unvereinbar.
Die NDP arbeitet auch planvoll und mit hinreichender Intensität auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin.
Ein bisher klares und vernichtendes Urteil (eindeutiger geht es ja nicht mehr!!) - aber der Urteilsspruch setzt sich dann überraschend wie folgt fort:
Allerdings fehlt es (derzeit) an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt, weshalb der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichtes den zulässigen Antrag des Bundesrats auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit und Auflösung der NPD und ihrer Unterorganisationen (Art. 21 Abs. 2 GG) mit heute verkündetem Urteil EINSTIMMIG ALS UNBEGRÜNDET ZURÜCKGEWIESEN HAT.
Ich habe diese Begründung ungläubig - "Das darf doch nicht wahr sein!" - nochmals und nochmals durchgelesen. Aber: Es ist wie es ist!
Das unfassbare Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichtes lässt sich in einem Satz (er ist auch der Titel der offiziellen Pressemitteilung dieses obersten Gerichtes) zusammenfassen:
Kein Verbot der NDP wegen fehlender Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele.
Dieses Urteil wurde jetzt erst wieder tagesaktuell, weil gestern Abend in der (österreichischen) Puls 4-TV-Sendung "Pro und Contra" mit Sendebeginn 22:35 Uhr, der Sprecher der Plattform "SOS Mitmensch" Alexander Pollak "der FPÖ ihre Nähe zur verfassungsfeindlichen NDP" vorwarf.
2) Im zweiten Fall geht es um die gesetzliche Lage in Österreich (und die natürlich darauf basierende Rechtssprechung) in Sachen "Wiederbetätigung" in Verbindung mit den für diesen Tatbestand vorgesehenen Verjährungsfristen.
Konkret geht es um den Fall "Andreas Bors":
Der FPÖ-Funktionär Andreas Bors ist im Herbst 2014 durch ein den Medien zugespieltes Jugendfoto aus der Silvesternacht 2006/2007, auf dem er eindeutig in einer Hitlergruß-Pose neben zwei anderen Personen zu sehen ist, "einschlägig" aufgefallen.
Das daraufhin eingeleitete Verfahren wegen "Wiederbetätigung" musste eingestellt werden - und zwar ausschließlich deswegen, weil die Tat nach österreichischem Recht VERJÄHRT war - eine inhaltliche Prüfung des Tatbestandes durch das Gericht fand daher nicht statt!!
Die Verjährungsfrist für den Tatbestand der "Wiederbetätiguing" beträgt in Österreich 10 Jahre. Für Jugendliche 5 Jahre.
Andreas Bors wurde am 17. August 1989 geboren.
Der Tatbestand der "Wiederbetätigung" wurde von ihm in der Nacht vom 31.Dezember 2006 auf 1. Jänner 2007 gesetzt.
Andreas Bors war damals also 17 Jahre und 4 Monate alt UND damit - knapp aber doch - ein Jugendlicher.
Der Tatbestand verjährte sich für ihn also am 1. Jänner 2012.
Da das Beweisfoto erst im Herbst 2014 auftauchte, hatte Andreas Bors "Glück".
Wenn Andreas Bors zum Zeitpunkt der Tat nur 8 Monate älter gewesen wäre oder den Tatbestand in der darauffolgenden Silvesternacht 2007/2008 gesetzt hätte, wäre seine "Wiederbetätigung" nicht verjährt gewesen und der Tatbestand wäre vom Gericht auch inhaltlich bewertet worden.
Tagesaktuell wurde die Causa "Andreas Bors" am 15. November 2017, als bekannt wurde, dass Andreas Bors auf Vorschlag der FPÖ als Vertreter Niederösterreichs in den Bundesrat einziehen sollte. Seine Wahl war für 16.11.2017 im NÖ Landtag ab 13 Uhr vorgesehen.
Die Medien entfachten - völlig zu Recht - einen Sturm der Entrüstung. Und Andreas Bors hielt diesem Druck - Gott sei Dank! - nicht stand und entschloss sich in der Früh des 16.11.2017 das bereits vorprogrammierte Bundesratsmandat doch nicht anzunehmen.
Und zwei Tage später zeigte sich Andreas Bors im Interview mit den Bezirksblättern im Wesentlichen genau so uneinsichtig wie im Herbst 2014. Damals versuchte er es mit Ausreden:
"Ich war damals ein junger Bub mit 17 und es war Alkohol im Spiel." - "Was man auf dem Bild sieht, ist kein Hitlergruß, das waren Fan-Gesänge für Rapid" (Hinweis: Das ist natürlich haarsträubender Unsinn! Die von ihm als Ausrede verwendete Pose der grün-weißen-Fans hat mit dem "Hitlergruß" nicht die entfernteste Ähnlichkeit!!!)
Im Bezirksblätter-Interview vom 18.11.2017 sprach Andreas Bors von einer "saudummen Geste" und bezeichnete sich selbst als "lupenreinen Demokraten".
Und zur Frage "Warum haben Sie das Bundesratsmandat nicht angenommen?" wurde Andreas Bors dann schon etwas deutlicher, blieb aber dennch etwas kryptisch: "Ich wollte nicht für eine Instrumentalisierung herhalten und die Regierungsbildung auf Bundesebene gefährden!" Was für eine edle Geste dieses "strammen FPÖ-Funktionärs" aus Tulln...!
Auch FPÖ-Nationalrätin Edith Mühlberghuber (aus dem Bezirk AMSTETTEN)sieht die Sache mit der "Hitlergruß-Pose" sehr entspannt und spielt sie herunter: "Das war eine Jugendsünde!" meinte sie im Telefongespräch mit mir am 18. November 2017 kurz nach 15 Uhr. "Und außerdem: Andreas Bors hat ja im ORF-NÖ-Interview von heute sowieso alles erklärt!"