Rot-Grün in Wien - wohl eher doch nicht

Das ist natürlich Spekulation. So wie eh alles, was in den vergangenen zwei Wochen in sämtlichen Medien des Landes zur neuen Wiener Regierung geschrieben worden ist. Trotzdem deutet einiges darauf hin, dass die soeben begonnenen Verhandlungen zwischen SPÖ und Grünen nur schief gehen können - und Bürgermeister Michael Häupl bereits fix auf den neuen Partner ÖVP eingestellt ist.

Allein die Zusammensetzung des roten Verhandlungsteams ist ein Schlag ins Gesicht der bisherigen grünen Partner. Renate Brauner und Rudolf Schicker sind gemeinsam mit Häupl und Parteimanager Georg Niedermühlbichler Chefverhandler der SPÖ. Das Signal ist ganz klar. Es ist kein Geheimnis, dass sowohl Brauner als auch Schicker zu den lautesten Gegner einer rot-grünen Koalition gehören - und das nicht erst, seit es in der bisherigen Zusammenarbeit zu Meinungsverschiedenheiten gekommen ist. Schicker hat seine Absetzung als Planungs- und Verkehrsstadtrat bis heute nicht verkraftet. Von Beginn der Koalition im Jahr 2010 an hat er immer wieder offen gegen Pläne der Grünen gekämpft und dies auch medial unterstrichen.

Das Verhältnis zwischen Maria Vassilakou und Renate Brauner wiederum war die vergangenen fünf Jahre vor allem von Eifersucht und persönlichen Befindlichkeiten geprägt. Auch das war nicht nur intern bekannt, sondern ein offen ausgetragener Konflikt. Warum wohl ist Brauner plötzlich zur "Öffi-Stadträtin" mutiert? Sicher nicht, um ihre Regierungskollegin bei den Verkehrsagenden zu unterstützen. Ohne Absprache mit dieser hat Brauner den Bau der U5 angekündigt, Vassilakou konterte öffentlichkeitswirksam mit dem Versprechen, das Straßenbahnnetz zu attraktivieren...

Atmosphärisch dürften die Gespräche also von Anfang an so laufen, wie vom (Bürger-)Meister geplant: schlecht! Dafür haben die Roten auch inhaltlich gesorgt. Schon kurz nach der Wahl haben sich zahlreiche Genossen (im Minus-Fünf-Prozent-Siegestaumel) dahingehend geäußert, dass die Grünen wohl einiges an Macht und Regierungsglamour abzugeben hätten. Mehr oder weniger prominente Rote wollen den Grünen nicht nur den Verkehr abnehmen, sondern auch die Planungsagenden. Im Gegenzug ließe man ihnen Ressorts wie Kultur, Frauen und die (wenig beliebte, weil schwierige) Aufgabe der Integration. Als "Dankeschön" soll Vassilakou auch gleich das Vizebürgermeisteramt abgeben.

Die Verhandlungen sind von der SPÖ klar darauf ausgerichtet, zu scheitern. Die Grünen haben natürlich einen gewissen Verhandlungsspielraum. Auf die bisher von den Roten - wenig freundlich - geäußerten Wünsche wird Vassilakou aber nicht eingehen können. Zu wackelig steht sie dank ihrer Rücktrittsankündigung vor der Wahl derzeit selbst auf den Beinen. Jeder faule Kompromiss, der nach Postenerhalt und inhaltlicher Leere klingt, wird sie parteiintern zu Fall bringen. Da warten schon zu viele Freunde auf einen Fehler ihrer Chefin, um selbst in die Führungsrolle zu wechseln. Ein schlechtes Verhandlungsergebnis mit Macht- und Gesichtsverlust wird die so genannte grüne Basis nicht schlucken. Das heißt, Vassilakou bleibt gar nichts anderes übrig, als hart zu verhandeln und im Notfall die Handbremse zu ziehen, die Opposition heißt.

Häupl wäre das nur recht. Er käme bei einem Scheitern der Verhandlungen elegant aus der bisherigen Partnerschaft raus. Und das mit der schönen Begründung, dass die SPÖ ja wollte, die Grünen aber zu Veränderungen nicht bereits seien. Und schon wäre die einzig noch verbleibende Tür für ihn offen: Eine Koalition mit der ÖVP. Diese wird parteiintern schon seit geraumer Zeit angestrebt. Zu lästig waren die Grünen mit der Umsetzung ihrer Projekte, zu mächtig zum Beispiel Schattenplanungsstadtrat Christoph Chorherr, der bei jedem Bauprojekt in den vergangenen Jahren seinen Standpunkt eingebracht und oft auch durchgesetzt hat. Mit den Schwarzen, glauben zumindest viele in der SPÖ, wäre vieles leichter - auch aufgrund deren Kleinheit und Schwäche.

Alles Spekulation, ich weiß. Aber ich trau mich fast zu wetten, dass wir in wenigen Wochen eine wackelige, aber glückliche rot-schwarze Liaison in Wien zu sehen bekommen.

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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