Warum Europa zur Integration von Muslimen eine Leitkultur braucht

In Anbetracht der vielen pluralistischen Weltanschauungen und Lebensvorstellen scheint die Frage, ob Europa eine starke Leitkultur braucht, obsolet zu werden. Wesentlich erscheint mir in diesem Zusammenhang die Frage nach der islamischen Weltanschauung aus einer europäischen Sichtweise zu erläutern. Historisch und traditionell teilen Muslime die Welt in ein „Dar al-Islam“ (Haus des Islams) und „Dar al-harb“ (Haus des Krieges). Wobei die nicht-islamischen Welt unterschiedlich verstanden wurde. So wurde statt von einem „Haus des Krieges“ auch von einem „Haus der Ungläubigen“ (Dar al-Kuffar) gesprochen.

Dar al-Salam

Aus dieser dichotomen Einteilung der Welt in ein islamisches Gebiet und ein nicht-islamisches Gebiet entspring auch der Friedensgeist der Muslime. Letztlich stellt das Friedensprojekt und dies ist keine islamophobe Zuordnung, sondern historisches islamisches Verständnis, eine vollständige Islamisierung der Welt dar. Auch die Muslimbruderschaft, eine mächtige und weltweit aktive Islamgruppe, erneuerte diese Vorstellung. So äußerte Hasan al-Banna, der Gründe der Bruderschaft, dass die Rückeroberung ehemaliger islamischer Gebiete das vorrangige Ziel sei und letztlich die vollständige Kontrolle der Welt erreicht werden muss.

Werfen wir nochmal einen Blick auf die Zweiteilung der Welt und dem islamischen Glauben, diese zu einer einheitlichen religiösen Gemeinschaft zu vereinigen. In der Vorstellung der tradierten Muslime wird das „Dar al-Islam“ gleichgesetzt mit dem „Dar al-Salam“ (Haus des Friedens), womit alle andere nicht-islamischen Gebiete generell als Konfliktgebiete verstanden werden. Gemäß dieser Zweiteilung der Welt ist Frieden nur dann möglich, wenn die Erde von einer islamischen Dominanz beherrscht wird. Im Laufe der islamischen Geschichte wurde diese Deutung der Welt nie reformiert, erst Muslime in Europa, wo sie ein Minderheitenstatus darstellen, sind mit einer notwendigen Reform direkt konfrontiert.

Moderne Hidschra

Bisher kamen Muslime in zwei großen kriegerischen Wellen nach Europa. Zum ersten Mal drangen die Muslime im 8. Jahrhundert tief nach Europa vor. Besonders in Spanien gelang es ihnen ein Kalifat zu errichten. Die zweite Welle der jihadistischen Bewegung fand im 15. Jahrhundert statt und konnte Konstantinopel erobern. Die muslimischen Eroberer ließen sich im Herzen des Balkans nieder. Heute kommen Muslime nicht mehr als die herrschende Klasse, sondern als eine sozial schwache Gruppe nach Europa.

Jihadistische Eroberungen finden heute nicht mehr mit dem Schwert, sondern durch gezielte Unterwanderung der europäischen Gesellschaft statt. Politisch aktive Muslime nutzen heute die westlichen Instrumente der Religionsfreiheit, der Toleranz und demokratische Prinzipien. Alles keineswegs Erfindung des islamischen Kulturraums, dennoch lassen sie sich perfekt für ihre Ziele instrumentalisieren.

Glaubt man seriösen Studien wird der Anteil der muslimischen Bevölkerung in Österreich im Jahr 2050 auf knapp 19% der Gesamtbeteiligung steigen. In Frankreich auf knapp 18% und in Schweden werden Muslime bis zu 30% ausmachen. Aber bereits dieser Verweis auf eine wissenschaftliche Erkenntnis führt in vielen linken Kreisen zu einer Schnappatmung und wird gerne als „Rechtspopulismus“ verschrien. Dabei versperrt ein solches Verhalten eine notwendige breite und offene Diskussion und stärkt wirkliche rechtspopulistisches Gedankengut.

Grundvorrausetzungen der Integration

Bei der Frage nach einer möglichen Integration von Muslimen in Europa sind zwei grundsätzliche Bedingungen abzuklären. Welchen Rahmen gibt Europa für die Integration vor und welche Bereitschaft zur Integration bringen die Muslime mit nach Europa? Die europäischen Gesellschaften müssen sich kritisch die Frage stellen, inwieweit sie bereit sind, die zugewanderten Muslime im Sinne des europäischen Bürgertums als ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu integrieren. Und hergewanderte Muslime müssen reflektieren, wie stark ihre Bereitschaft ist, sich zu den europäischen Werten zu bekennen und sich als Teil dieser Gemeinschaft zu identifizieren.

Beide Seiten benötigen eine entsprechende weltanschauliche Ausrichtung. Die westlich europäische Kultur bedarf einen entsprechend säkularisierten Wertekanon. Dieses Konzept bezeichne ich als europäische Leitkultur, dessen Basis die allgemeinen Menschenrechte und der freie Geist der europäischen Aufklärung ist. Auf der muslimischen Seite wird eine dringend notwendige Akzeptanz eines „Europäisierten Islams“ als eine Grundvoraussetzung des Integrationswillens sein. Das bedeutet im Klartext, eine Zurückweisung der Scharia als rechtliche Norm, eine Distanzierung von sozial gefährlichen Lehren sowie eine Unterordnung der religiösen Lehren unter den herrschenden säkularen Gesetzen. Erst dann kann es gelingen, dass aus Zuwanderern vollwertige Bürger werden.

Leitkultur statt Multikulturalismus

Doch warum kann es kein friedliches Nebeneinander beider kulturellere Lebenswelten geben, wie es Multikulturalisten sich gerne erträumen? Und warum ist die Forderung nach einer Leitkultur keineswegs eine rechtspopulistische Idee? Anders als viele vor allem linkspopulistische Missdeutungen stellt die Leitkultur lediglich eine gemeinsame Hausordnung für alle Kulturen in einer Gemeinschaft dar. Die hier formulierten Werte und Normen entspringen dem humanistischen Prinzip und folgen dem Leitgedanken der Aufklärung. Das hat mit Assimilation oder totalitäre politische Machtvorstellung oder gar Unterdrückung von Minderheiten gar nichts zu tun. Im Gegenteil schützt eine solche Leitkultur auch die religiösen Minderheiten, indem sie alle als gleichberechtigt anerkennt. Solange die Verpflichtung jeder einzelnen Person bei dem Primat der Leitkultur und nicht religiösen Offenbarungen liegt.

Den Islam zu integrieren kann nur dann gelingen, wenn es auf der Zuwanderungsseite entsprechende Anpassungsprozesse gibt und auf der europäischen Seite eine starke Wertgemeinschaft entwickelt wird. Dann kann es gelingen, Muslime erfolgreich zu integrieren ohne das Europa seine Identität verliert.

kirill_sobolev/pixabay https://pixabay.com/de/photos/die-blaue-moschee-istanbul-menschen-915076/

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