Alle diskutieren und empören sich zu Recht über den antisemitischen Angriff eines Syrers in Berlin: er war gerade Thema bei #AnneWill, und vorhin las ich einen guten Kommentar von Jürgen Domian im Kölner Stadtanzeiger. Ich finde diese Debatte zwar gut, weil ich dafür bin, alles anzusprechen, auch wenn es unbequem ist. Dennoch finde ich die Debatte nur halbmutig und irgendwie auch nicht ganz ehrlich.
Es muss also erst eine Minderheit - ein Mann mit Kippa - Opfer werden, damit es eine Debatte über das Verhalten von Menschen gibt, die einer anderen Minderheit angehören. Es werden und wurden ja nicht nur Juden und Schwule angegriffen, sondern auch Kinder, Jugendliche, Frauen, Männer und Alte. Auf Schulhöfen von Problembezirken werden regelmäßig Deutsche von Mitschülern mit muslimischem Migrationshintergrund verprügelt, als „Schweinefleischfresser“ oder „Ungläubige“ gemobbt, deutsche unverschleierte Mädchen als „Schlampen“ diffamiert. Das juckt nur so gut wie keinen. Und wenn man das als „schon länger hier Lebender“ dann doch anspricht, ist man „rechts“, schlimmstenfalls sogar ein „Nazi“; zumindest spiele man - so der Vorwurf - den „Rechten“ in die Hände.
Man denke an Kandel oder Berlin, wo mal eben alle Demonstranten pauschal in die rechte Ecke geschoben und sogar von Gegendemonstranten angegriffen wurden, weil sie gegen Gewalt an Frauen von Flüchtlingen demonstriert haben. Und Frauen, die auf offener Straße beraubt, vergewaltigt oder sogar getötet werden, gibt es in den letzten Jahren alle paar Tage. Die Kölner Silvesternacht war der traurige Höhepunkt, über den man nur deshalb bundesweit berichtet hat, weil er sich nicht verschweigen ließ und weil man noch ein Fünkchen Glaubwürdigkeit behalten wollte. Und selbst dort nannte man das Kind nicht beim Namen: in ersten Berichten war nur von „Männern“ die Rede.
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Um diese Zustände anprangern zu dürfen, muss man also scheinbar für eine Minderheit sprechen oder selbst einer angehören. Alles andere ist „voll rechts“ und „Nazi“. Genau diese Diffamierungen sind doch der Grund für diese Zustände, denn Probleme, die unter den Teppich gekehrt werden, verschlimmern sich normalerweise oder stärken tatsächlich die politischen Ränder. Weil es eine offene Debatte in der Mitte der Gesellschaft kaum gibt, sondern nur hinter vorgehaltener Hand, landet das Thema automatisch am rechten Rand, wo es Gefahr läuft, sich mit Xenophobie zu vermischen.
Ich hätte mir gewünscht, dass nicht erst ein Mann mit Kippa angegriffen werden muss, damit das Thema breit diskutiert wird. Aber dafür sind große Teile der Gesellschaft leider (noch) zu feige, zu gleichgültig, oder vielleicht geht es uns auch einfach zu gut. Wir müssen wieder lernen, einander zuzuhören und Dinge anzusprechen, die unbequem und vielleicht auf den ersten Blick nicht politisch korrekt sind und vor allem: andere Meinungen zu akzeptieren, statt sie zu diffamieren. Mir fehlt in der Debatte um Asylpolitik und Islam schon lange die goldene Mitte: irgendwas zwischen den Begriffen „Bahnhofsklatscher“ und „Nazi“. Solange die Mitte Probleme nur diskutiert, wenn Minderheiten betroffen sind, wird sich nichts ändern und solange bleibt die Debatte nur halbmutig.
pixabay/MabelAmber