"Man muss auch verstehen, wie Türken ticken", sagte Oliver Bierhoff, Manager der deutschen Fußballnationalmannschaft, auf einer Pressekonferenz zum Treffen von Özil und Gündogan mit dem türkischen Despoten Erdogan. Genau solche Sätze sind ein Teil des Problems in Deutschland. Man begegnet Muslimen bzw. Migranten nicht auf Augenhöhe und legt an sie einen anderen Maßstab an als an Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft - und das nur aufgrund ihrer Herkunft oder Religionszugehörigkeit. „DIE sind eben so oder so“, „DIE können nichts dafür...“. Im Klartext heißt das nichts Anderes als: „DIE sind noch nicht so weit.“ Man spricht ihnen individuelles Denken und jegliche Eigenverantwortung ab.
Man findet diesen Rassismus der gesenkten Erwartungshaltung auch z.B. bei Gerichtsurteilen, wenn es einen „Kulturbonus“ gibt. Der „edle Wilde“ ist automatisch gut, wird weniger kritisch gesehen und auf seine Herkunft reduziert: Kollektiv („Die Türken“) statt Individuum und Eigenverantwortung. Migranten bzw. Muslime werden als „Kuscheltiere“ (Ahmad Mansour) bzw. fast als Kinder gesehen, die man vor Kritik in Schutz nehmen muss. Beispiel: man stelle sich vor, die Einwohner eines Bergdorfs im tiefsten Bayern würden ab heute ihren Frauen empfehlen, ihr Haar zu bedecken, da dies Männer provozieren könnte. Das Bergdorf im tiefsten Bayern wäre die Lachnummer der Nation. An konservative Muslime, die das genauso sehen dürften, legt man aber einen komplett anderen Maßstab an. Sie werden sogar vor Kritik in Schutz genommen.
Dieses Gedankengut ist leider in weiten Teilen der Mehrheitsgesellschaft verbreitet. „Der türkische Gemüsehändler“ ist gerade mal gut genug, um Gemüse zu verkaufen. Da geht man gerne hin, man ist ja hip und ach so weltoffen. Was ist mit seinem Frauenbild? Darf seine Tochter einen andersgläubigen Freund haben oder im Sommer im Bikini an den Strand? Da hört das Interesse dann schon auf, darüber wird nicht geredet: „Das ist bei DENEN nun mal so.“
Genau dieses Denken ist ein Grund, warum die Integration auf der Strecke bleibt: der positive Rassismus der vermeintlich „Guten“. Importierter Faschismus und Extremismus ist dann plötzlich nicht mehr so schlimm oder wird erst gar nicht als solcher erkannt: da stört es viele plötzlich auch nicht mehr, wenn kleine Mädchen verschleiert werden oder ein Mann vier Ehefrauen hat. Probleme werden nicht thematisiert, es wird mit zweierlei Maß gemessen. Denn: „Man muss verstehen, wie DIE ticken“...