Während in einigen islamischen Ländern Frauen unter Lebensgefahr gegen Verschleierungen kämpfen, sagte der österreichische Bundespräsident ausgerechnet vor einer Schülergruppe: "Wenn das so weitergeht mit der Islamophobie, wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen - alle (!), aus Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun." Der O-Ton wurde Dienstagabend im ORF gesendet.
Diese Aussage ist in mehrfacher Hinsicht ein Skandal und eine Anbiederung an eine konservative Islamauslegung, die vor allem radikale und strenge Muslime freuen dürfte. Fraglos sind Übergriffe und Pöbeleien gegen Kopftuchträgerinnen und Muslime generell aufs Schärfste zu verurteilen. Das macht den Hidschab aber nicht besser und darf ihn auch nicht vor Kritik schützen. Aus Sicht konservativer Muslime ist die Frau bzw. ihr Körper sündhaft. Da die Ehre an ihrem Körper und ihrer Sexualität festgemacht wird, muss sie sich verschleiern bzw. aus Sicht Radikaler ganz aus der Öffentlichkeit verschwinden. Schon Frauen mit offenem Haar gelten im islamischen Kulturkreis schnell als "Schlampen", werden geradezu als satanische Wesen angesehen und sind entsprechend Freiwild. Was Leute mit diesem Weltbild über "unsere" europäischen Frauen denken, die im Sommer Tops, Kleider und kurze Röcke tragen und im Bikini oder oben-ohne an die Strände gehen, kann man an zwei Fingern abzählen. Zum Glück sind nicht alle so radikal: selbst viele Musliminnen tragen aus guten Gründen kein Kopftuch, weil es für eine konservative Islamauslegung und ein patriarchales Weltbild steht, dass mit Werten wie Gleichberechtigung, Freiheit, Aufklärung und sexueller Selbstbestimmung schlicht unvereinbar ist. Selbst in der Türkei war der Hidschab bis zu Erdogans Amtszeit in öffentlichen Einrichtungen verboten.
Mögen auch einige Musliminnen das Kopftuch freiwillig tragen, manifestiert es ein Frauenbild, das die Welt in "Ehrbare" und "Schlampen" einteilt, und letztlich Parallelgesellschaften schafft und die Gesellschaft spaltet. Es steht eben nicht für Freiheit, Gleichberechtigung und Emazipation. Man braucht sich nur die Kommentare unter Videos bzw. Postings durchzulesen, in denen mutige Frauen ihr Kopftuch ablegen: viele Muslime reagieren darauf mit purem Hass und tiefer Verachtung - Hatespeech lässt grüßen. Solange das geschieht, ist jede Verschleierung ein Schlag ins Gesicht liberaler Frauen.
Warum hat der Bundespräsident nicht vorgeschlagen, dass Kopftuchträgerinnen aus Solidarität mit Frauen, die frei sein wollen, ihr Kopftuch ablegen? Oder dass auch Männer es tragen? Oder dass Muslime aus Solidarität mit Christen und Juden ein Kreuz oder eine Kippa tragen sollten? Stattdessen werden durch seine Aussagen konservative Muslime gestärkt und in der ewigen Opferrolle bestätigt. So hätte er ja, überspitzt gesagt, gleich alle Frauen bitten können, "aus Solidarität und weniger Provokation" einfach nicht mehr am öffentlichen Leben teilzunehmen oder einen Tag nicht alleine aus dem Haus zu gehen oder mit fremden Männern zu reden.
Zudem ist der von ihm verwendete Begriff der "Islamophobie" ein Kampfberiff der Islamisten, um Kritiker zu diffamieren, und stammt aus der Zeit der iranischen Revolution, als die Mullahs alle Frauen als "islamophob" bezeichneten, die sich der Verschleierungspflicht widersetzten.
Mit der Aussagen, man werde alle (!) Frauen bitten müssen (!), aus Solidarität Kopftuch zu tragen, ist Van der Bellen als Bundespräsident untragbar geworden. Falls er doch im Amt bleibt, wovon leider auszugehen ist, kann er doch selbst Solidarität mit dem politischen Islam zeigen. Wie wär's, wenn sich Van der Bellen selbst mal ein Kopftuch umschnallen würde, um so richtig als ehrbar zu gelten? Am besten bei einem Treffen mit Erdogan oder einem anderen islamischen Staatschef. Das wäre mal ein starkes Zeichen der Solidarität...