"Das Land Berlin darf muslimische Bewerberinnen wegen eines Kopftuchs nicht pauschal von einer Anstellung als Grundschullehrerin ausschließen. In einem Berufungsverfahren verurteilte am Donnerstag das #Landesarbeitsgericht Berlin das beklagte Land zu einer Entschädigungszahlung von insgesamt 8680 Euro wegen Benachteiligung", heißt es im Ticker.
Noch im Bewerbungsverfahren wurde der Kopftuchträgerin gesagt, sie habe aufgrund des Neutralitätsgesetzes des Landes Berlin keine Chance auf einen Platz an einer allgemeinbildenden Schule. Zwar kann das Land in Revision gehen, das Urteil sendet aber schon jetzt ein fatales Signal aus. Stück für Stück bewegen wir uns weg von der Aufklärung, säkularen Werten und einem neutralen Staat.
Es gibt viele Muslimas, die kein #Kopftuch tragen und ihren Glauben so leben, wie man ihn leben sollte: privat; als spirituelle Sache zwischen einem selbst und Gott. Religion sollte im zwischenmenschlichen und vor allem im politischen Bereich keine Rolle mehr spielen.
Aber was bedeutet eine Kopftuch tragende Lehrerin konkret? Wo könnte es z.B. Probleme geben? Kinder werden gerade in der Schulzeit geprägt und auf das spätere Leben vorbereitet. Sie sollten auf diesem Weg nicht ideologisch beeinflusst werden, sondern zu kritischen Geistern im Sinne einer demokratischen, liberalen und aufgeklärten Gesellschaft erzogen werden, in der Frauen und Männer gleichberechtigt sind.
Das Kopftuch dagegen steht für einen konservativen politischen #Islam und ist ein bewusstes Signal nach außen. Seine Trägerinnen wollen das i.d.R. auch zum Ausdruck bringen. Wie wird eine Kopftuch tragende Lehrerin reagieren, wenn ein muslimisches Mädchen ihr anvertraut, sie habe einen Freund, sie wolle abends mit ihren Freundinnen weggehen oder vielleicht im Sommer mit Jungs an den Badesee oder an den Strand? Oder sie wolle doch heimlich an einem Tanzkurs teilnehmen? Das sind alles Dinge, die für konservative Muslime "haram", in einer liberalen Gesellschaft aber normal sind. Wird jetzt die #Lehrerin mit Kopftuch wirklich auf "unserer" Seite sein oder dem Mädchen solche Dinge mit Verweis auf den Islam ausreden, womöglich sogar die Eltern informieren? Welche Gesinnung hat denn eine Frau, die Kopftuch trägt? Werden Mädchen auf Klassenfahrt sich trauen, einen Bikini anzuziehen, wenn sie im See baden gehen oder werden sie sich schämen, weil die Lehrerin verhüllt ist und das entsprechend vorlebt? Werden die Kinder die mit der Verschleierung einhergehende Sexualisierung der Haare, der Arme und der Schultern einer Frau irgendwann normal finden und Frauen, die sich nicht so "sittsam" kleiden, künftig abwertend betrachten? Wird dadurch nicht über kurz oder lang eine neue Prüderie Einzug halten, die wir eigentlich längst hinter uns gelassen haben sollten?
Schon jetzt gelten freizügig gekleidete Mädchen in einigen Schulen als "Schlampen". "Haram" ist das neue Schimpfwort, um einen Ausschnitt, ein ärmelloses Top oder eine Hotpants als "unehrenhaft" und "unmoralisch" zu deklarieren. Die österreichische Zeitung "Das Biber" hatte in der Vorweihnachtszeit eine sehr gute Reportage über die "Generation #haram" veröffentlicht, die exakt diese Problematik zum Thema hatte.
Die Übersexualisierung der Frau, die neu einsetzende Prüderie, eine neue Machokultur, eine Klerikalisierung des öffentliches Raumes, die fehlende Neutralität des Staates - alles Dinge, die ich nicht möchte. Verschleierungen aller Art stehen für Werte jenseits von Freiheit, sexueller Selbstbestimmung und Gleichberechtigung. Deshalb hat der #Hidschab in staatlichen Einrichtungen nichts zu suchen - erst recht nicht bei Lehrerinnen.
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