Das politische Koordinatensystem hat sich in Deutschland in den letzten Jahren verschoben. Wurden Themen wie Gleichberechtigung, sexuelle Selbstbestimmung, Aufklärung oder der Kampf gegen Homophobie früher eher vom politisch linken Spektrum besetzt, gelten diese Themen heute als "rechts" - vor allem und in erster Linie, wenn man dafür den Islam kritisieren muss. Das ist nicht nur unlogisch, sondern auch gefährlich, misst man hier mal wieder mal mit zweierlei Maß.
Dass für den Islam bzw. für Muslime andere Maßstäbe gelten, kann man mit einem einfachen Gedankenspiel leicht erkennen: man ersetze einfach "Islam" durch "Katholische Kirche" bzw. "Muslime" durch "Katholiken". Man stelle sich vor, die Katholische Kirche würde auf einmal den Burkini legitimieren wollen oder wäre für Geschlechter-Apartheid in Kirchen oder in Schwimmbädern. Oder männliche Katholiken würden auf einmal Frauen nicht mehr die Hand geben wollen. Katholische Frauen würden sich zudem auf einmal verschleiern und auf das Recht klagen, z.B. auch im Staatsdienst ein Kopftuch zu tragen. Immer mehr männliche Katholiken würden zudem unverschleierte Frauen oder Frauen, die vor der Ehe keine Jungfrauen mehr sind, verachten und nicht respektieren. Überdies stelle man sich noch vor, fanatische Katholiken verübten in großen Städten regelmäßig Anschläge und brutalste Verbrechen und fielen auch sonst negativ durch Parallelgesellschaften auf. Nein, selbstverständlich wäre nicht jeder Katholik so radikal, aber viel zu viele wären leider so und würden unsere Werte ablehnen. Kritik daran würden Katholiken als "antikatholische Hetze" oder "christophoben Rassismus" brandmarken und sich permanent in die Opferrolle begeben, statt sich klar und unmissverständlich von den Radikalen in ihren Reihen zu distanzieren.
Kein Mensch der übrigen Gesellschaft käme auf die Idee, Kritik an diesen Dingen als "rechtsextrem" oder "rassistisch" zu diffamieren, obwohl es z.B. viel mehr farbige Christen als farbige Muslime gibt. Die katholische Kirche bzw. die Katholiken würden scharfen Gegenwind bekommen und ohne Ende in den Medien verarscht werden. Wir hätten einen parteiübergreifenden und gesellschaftlich breiten Konsens, dass man Werte wie Aufklärung und Gleichberechtigung gegen religiöse Fanatiker verteidigen müsse. Ja, wir hätten... nur beim Islam ist es anders. An ihn werden andere Maßstäbe angelegt. Das Koordinatensystem hat sich verschoben. Doch wollen Muslime mit uns zusammenleben, müssen für sie und ihr Verhalten dieselben Maßstäbe gelten wie für alle anderen auch. Kritik, ja selbst Ablehnung einer Religion, muss unbedingt keulenfrei möglich sein. Das Gedankenspiel verdeutlicht, dass dem leider nicht so ist.