Mein lieber Sohnemann will sein Taschengeld nicht aufs Bankkonto bekommen. Ich soll es auf seinen Paypal-Account überweisen. Und er ist damit nicht alleine. Immer mehr Menschen vertrauen bei ihren Geldgeschäften auf neue Player statt auf die traditionelle Bank.

Grundsätzlich haben sich die Bedürfnisse der Menschen gegenüber Banken in über hundert Jahren nicht geändert. Man will Geld sparen, Geld investieren oder Geld leihen. Allerdings hat sich die Art und Weise geändert. Bank und KundInnen treffen sich immer seltener direkt, vieles läuft online ab. Das Online Banking der meisten Banken aber wirkt aus heutiger Sicht, vor allem auf junge Menschen, sehr altbacken. Eine große österreichische Bank hat nun ein neues Angebot gestartet und bewirbt es sehr stark. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber das groß beworbene Produkt ist auch nicht viel mehr als eine neuer, sexy Anstrich, die Strukturen dahinter bleiben dieselben. Im Grunde wurde ein heruntergekommenes Haus neu angestrichen, schaut hübsch aus, die Probleme drinnen sind aber noch immer da.

Was sind die Probleme der Banken? Warum können alle möglichen FinTech-Startups den Banken Konkurrenz machen? Einfach, weil es die Technologie heutzutage hergibt. Für viele Menschen ab 30 ist das egal. Wer da jetzt sein Girokonto bei der Bank XY hat, wird nichts mehr ändern. Aber der nachkommenden Generation wird das nicht mehr reichen. Eben wie bei meinem Sohn. Online wird mit Paypal bezahlt. Bei Number26, das jüngst neu startete, gibt es das Girokonto quasi als App. Oder Kickstarter, um Projekte zu finanzieren. Oder Lending Club, wo in einem Peer-to-Peer-Netzwerk Privatpersonen an Privatpersonen Kredite geben. Ein anderes Beispiel ist Kiva, eine Non-Profit-Organisation, mit der man Mikrokredite an interessante Projekte in Gegenden vergeben kann, wo es für die Menschen keine Finanzierungsmöglichkeiten über Banken gibt. Da mach ich mit und investiere 100 Euro in eine neu eröffnete Bäckerei in der Ukraine. Das sind typische Bankgeschäfte nur ohne Bank.

Der Knackpunkt ist das Girokonto. Das braucht es bekanntlich, um in der EU zu arbeiten. Wenn ich dazu keine klassische Bank mehr brauche, dann kann mir das Geldinstitut auch keinen Bausparer mehr verkaufen, keinen Hypothekenkredit, keinen Leasingvertrag für mein Auto oder keine Lebensversicherung. Viele Banken haben den Ernst der Lage noch nicht erkannt, denn die meisten dieser FinTech-Startup haben noch keine relevante Flughöhe erreicht und werden werden nicht als Mitbewerb gesehen, mit Ausnahme von Paypal. Vor allem Kickstarter zeigt die sich ändernde Wirklichkeit sehr gut. Wenn ich früher eine Finanzierung für eine Idee oder ein Projekt wollte, ging ich zur Bank. Dort bekam ich den Kredit – oder eben nicht. Jetzt stelle ich das Projekt auf Kickstarter oder ähnliche Plattformen und tausende begeisterte Menschen geben Geld, weil sie an die Idee, das Produkt oder das Team dahinter glauben.

Man mag nun denken, dass da die Zukunftsvisionen mit mir durchgehen. Wer kann sich auch vorstellen, dass es Kredite für den Hausbau via App geben kann? Aber als ich Mitte der 90er-Jahre angefangen habe, mit dem Internet zu arbeiten, als Amazon in den Kinderschuhen war, sagte man auch, dass die halt Bücher und CDs über das Internet verkaufen. Aber nie wird man so Gewand verkaufen, nie Autos, nie Schmuck, geschweige denn Häuser oder Baumaschinen. Das ist 15, 20 Jahre her. Wir wissen, wie die Sache ausgegangen ist. Im Moment mag es noch so sein, dass es die klassische Bank braucht. Aber wie es in eine paar Jahren aussieht, kann niemand sagen. Die heutige Generation Z oder jünger, die früher zur Erstkommunion ein Sparbuch bekommen haben, lässt sich davon nicht mehr beeindrucken.

Zwar haben einige Institute in Österreich schon erkannt, dass sie sich neuen Möglichkeiten öffnen müssen, wie die Erste Bank mit George oder die BAWAG P.S.K. mit crowdfunding.at. Ob das alleine reichen wird, um die Digital Natives anzusprechen ist fraglich. Mein Sohn braucht sie nämlich schon nicht mehr.

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