#Strafrecht #Kindesmissbrauch #Deutschland #Strafmaß
Da ist es wieder, ein Urteil, dass der juristische Laie nur schwer nachvollziehen kann. Was ist geschehen? Das Landgericht Münster hat die fünf Beschuldigten im Alter zwischen 28 und 43 Jahren im „Missbrauchskomplex Münster“, bei dem es sich um schweren sexuellen Missbrauch in 29 Fällen an Kindern handelt, zu Haftstrafen zwischen 5 und 14 Jahren verurteilt. Für vier der Beschuldigten wurde eine „anschließende Sicherungsverwahrung“ angeordnet.
Die Sicherungsverwahrung wird wie die Freiheitsstrafe in Justizvollzugsanstalten vollzogen. Der so Verwahrte soll zum Schutz der Allgemeinheit oder vor sich selbst von der Freiheit ausgeschlossen werden. Die Sicherungsverwahrung gilt grundsätzlich unbefristet. Jährlich wird der Sicherungsverwahrte in Hinblick auf seine Gefährdung beurteilt. Nach 10 Jahren gilt die Sicherungsverwahrung als erledigt, es sei denn, von diesem geht weiterhin eine deutliche Gefährdung für sich und andere aus. Im positiven Fall wird die Sicherungsverwahrung verlängert und der Verwahrte wird neunmonatlich überprüft.
Die Männer haben sich die Kinder-Opfer mittels so genannten „K.o.-Tropfen“ gefügig gemacht. Anschließend mehrfach schwerstmissbraucht. Ihre Taten filmten die Pädophilen und stellten diese in das „Darknet“, wo „Gleichgesinnte“ sich an diesen ergötzen.
Das „Darknet“ als versteckter Teil des Internets ist für alle unsichtbar, die mit einem Standard-Browser (Opera, Firefox, Internet Explorer etc.) unterwegs sind. Um Seiten im Darknet aufzurufen, ist ein spezieller Browser erforderlich. Dieser bietet einen Zugang zum „Tor-Netzwerk“. In diesem Netzwerk läuft das „Darknet“. Das Surfen in diesem Netz ist nicht verfolgbar, da ein spezieller „Tor-Browser“ den Datenverkehr explizit verschlüsselt. Dieser Umstand ist für Kriminelle daher durchaus reizvoll, ihre zum Teil perversen und schwerstkriminellen Machenschaften mit „Ihresgleichen“ auszutauschen.
Im Jahr 1977 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass jeder Inhaftierte zumindest die Chance erhalten müsse, wieder in Freiheit zu kommen. Dies gebiete die Menschenwürde (Artikel 1 Grundgesetz). Der Entscheidung des höchsten deutschen Gerichtes ist in diesem Zusammenhang zu entnehmen:
„Zu den Voraussetzungen eines menschenwürdigen Strafvollzugs gehört, daß dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten grundsätzlich eine Chance verbleibt, je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden. Die Möglichkeit der Begnadigung allein ist nicht ausreichend; vielmehr gebietet das Rechtsstaatsprinzip, die Voraussetzungen, unter denen die Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ausgesetzt werden kann, und das dabei anzuwendende Verfahren gesetzlich zu regeln.“
In Deutschland gilt eine so genannte „lebenslange Freiheitsstrafe“ grundsätzlich als ein Leben lang. Genauer ausgedrückt: Frühestens nach 15 Jahren Haft besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, den Rest der Strafe zur Bewährung auszusetzen. Lebenslange Freiheitsstrafen werden u. a. dann verhängt, wenn wenigstens leichtfertig der Tod eines Menschen verursacht wird. Als Zentral wird hier die eingetretene Todesfolge gesehen.
Das Landgericht Münster hat in seinem Urteil im vorliegenden Kindesmissbrauch auf ein Strafmaß zwischen 5 und 14 Jahren erkannt. Sarkastisch müsste angeführt werden, mehr war nicht drin, da die Opfer nicht zu Tode kamen. Soweit die Beurteilung durch die Juristen mittels der definierten Strafnormen.
Verhält es sich nicht in diesem konkreten Fall so, dass die Kinder-Opfer ihr Leben lang durch diese schlimmen körperlich-kriminellen Erfahrungen geprägt, gezeichnet und gefoltert sind? Ein „normales“ Leben ist diesen Kindern genommen worden. Die Seele, die Psyche ist dem Grunde nach getötet worden. Hier sollte der Gesetzgeber ansetzen und gleichsam ein „Qualifikationsdelikt“ festlegen, um eine „lebenslange Freiheitsstrafe“ verhängen zu können.
Das Münsteraner Urteil bedeutet für die Opfer, deren Angehörigen und den Menschen mit einem gesunden Menschenverstand einen deutlichen Schlag ins Gesicht. Da hilft es auch nicht, dass am Ende die „Sicherungsverwahrung“ angeordnet wird. Mit der Hilfe gutgesinnter Psychologen und Psychiater ist eine Verkürzung der Sicherungsverwahrung nicht nur theoretisch möglich. Diese Situation im Hinterkopf, macht es für die konkret betroffenen Menschen noch unerträglicher, die Strafe nachzuvollziehen und zu akzeptieren.
Gleichsam fällt hier die verloren gegangene Verhältnismäßigkeit des Strafmaßes auf. Derjenige, der sich nach 316 Strafgesetzbuch durch das Fahren mit einem E-Scooter (elektronischen Roller) unter Alkohol im Straßenverkehr strafbar gemacht hat, wird ohne Ansehen der Umstände, der individuellen Folgen (Unfall, Sachbeschädigung, Zustand der fahrenden Person) seiner Fahrt mit voller Härte und Rechtsfolgen belangt. Ein Ermessensspielraum sieht der Gesetzgeber hier nicht vor. Die Verhältnismäßigkeit ist vollständig abhandengekommen.
Erkennbar sind gerade am heutigen Tage die Lücken im deutschen Strafrecht, deren Rechtsfolgen, speziell dem Strafmaß. Der Gesetzgeber hat hier wiederholt genau hinzusehen, um die sich zeigende für viele Menschen nicht mehr nachvollziehbare und damit verloren gegangene Verhältnismäßigkeit im Strafmaß wieder herzustellen.
Der Volksmund hat heute wieder recht, wenn er sagt: „Du kannst lieber einen Mord begehen, als betrunken am Straßenverkehr teilzunehmen oder 5 Euro zu viel bei der Steuererklärung anzugeben!“. Eine traurige Realität, die vor dem Hintergrund der Kinder-Opfer sichtbar wird. Es besteht akuter gesetzgeberischer Handlungsbedarf – Abgeordnete des Deutschen Bundestages übernehmen Sie!
Zuerst erschienen im blaulichtblog.de!
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