#pflege #Sozialstaat #Sozialversicherung
Das Bundeskabinett hat in dieser Woche die Pflegereform mit der Pflicht zur Tarifbezahlung für die Pflegekräfte auf den parlamentarischen Weg gebracht. Noch im Juni 2021 soll der Deutsche Bundestag über die Reform beschließen. Die Neuregelung soll ab dem September 2021 greifen.
Im Kern geht es darum, dass Pflegebedürftige von stetig steigenden Zuzahlungen für die Pflege im Heim entlastet werden. Ab Januar 2022 soll der Eigenanteil für die reine Pflege durch Zuschläge gesenkt werden. Praktisch bedeutet dies im ersten Jahr eine Reduktion um 5 Prozent, im zweiten Jahr um 25 Prozent, im dritten Jahr um 40 Prozent und im vierten Jahr um 70 Prozent.
Finanziert werden die in der Pflegereform enthaltenen finanziellen Erleichterungen über einen jährlichen Bundeszuschuss in Höhe von einer Milliarde Euro. Der bisherige 0,25-prozentige Zuschlag für Kinderlose in der Pflegeversicherung soll um 0,1 Punkt auf 0,35 Prozent erhöht werden. Insgesamt steigt der Beitrag für Kinderlose dann von 3,3 auf 3,4 Prozent.
Über 50 Prozent der Gesamtausgaben des Bundes werden inzwischen im Sozialhaushalt verbraucht. Um 102 Milliarden Euro wächst der Zuschuss des Bundes zur Rentenversicherung. Für das Jahr 2024 werden prognostiziert 120 Milliarden Euro veranschlagt.
Der Euphemismus „Sozialgarantie“ macht sich im politischen Berlin breit. Gemeint sind damit die finanziellen Bezuschussungen der Sozialversicherungszweige, die ohne dem nicht weiter finanzierbar wären.
Der Bundeszuschuss zur Gesetzlichen Krankenversicherung beträgt im nächsten Jahr 20 Milliarden Euro. Die Bundesanstalt für Arbeit benötigt ca. 10 Milliarden Euro. Neu ist, dass die Pflegeversicherung in diesem Jahr erstmalig über den Bundeshaushalt unterstützt wird. Dieser Trend setzt sich in den folgenden Jahren sicherlich fort. Erstmalig wird die Pflegeversicherung vom Bund mit 1,8 Milliarden Euro bezuschusst.
Für den Arbeitnehmer sollen die Beiträge zur Sozialversicherung 40 Prozent des sozialversicherungspflichtigen Einkommens nicht übersteigen. Der Sozialstaat steht zur Disposition. Eine fundamentale Debatte über dessen Fortbestehen muss kurzfristig erfolgen. Etwa die Frage „Wie wollen wir eigentlich unseren Sozialstaat in Zukunft finanzieren – über Beiträge oder über Steuern?“ ist rasch zu beantworten.
Die Diskussion und die Debatte über dieses für die Menschen so wichtige Thema wurden auch in der aktuellen 19. Wahlperiode vermieden. Eine fatale Entwicklung zeichnet sich ab. Die Reform der Pflege erhöht weiterhin die Gesamtausgaben im Sozialhaushalt. Eine Reform des Sozialstaates ist politisch dringend geboten. Packen wir es an!
Zuerst erschienen im blaulichtblog.de