Tierschutz ist ein Paradebeispiel für den Einfluss von Freihandelsabkommen. Die EU gibt mittels Richtlinien Mindeststandards vor, der Nationalstaat darf strenger sein. Also grundsätzlich.
Eine EU-Richtlinie muss innerstaatlich umgesetzt werden. Das heißt, dass die EU sich auf etwas verständigt und alle 28 Mitgliedsstaaten eigene nationale Gesetze zur Umsetzung erlassen müssen. Theoretisch dürfen die Staaten dabei strenger sein, als es die Richtlinie vorsieht, die Mindeststandards definiert. Allerdings gibt es auch Deckelungsrichtlinien. Diese verhindern strengere, als vonseiten der EU vorgegebene, Richtlinien. So werden Staaten gezwungen – unter kräftigem Lobbying der Pharmaunternehmen – Tierversuche an Affen zuzulassen. Selbst wenn 99 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher sagen, dass wir das hier nicht wollen, muss es zugelassen werden. Umgekehrt muss man laut EU-Richtlinie eine „ethische Abwägung zwischen Schaden und Nutzen" für jeden Tierversuch durchführen, bevor er stattfinden darf. Das ist immerhin etwas, denn der Versuch kann abgelehnt werden, wenn er einfach zu wenig Nutzen mit sich bringt.
Wir haben deshalb die Idee eines sogenannten Kriterienkatalogs entwickelt und im Rahmen einer schlagkräftigen Kampagne erreicht, dass dieser nun im Tierversuchsgesetz steht. Ab Juli 2016 ist er für jeden Tierversuchsantrag Voraussetzung. Dabei werden Punkte für Schaden und Nutzen vergeben, überwiegt die Punkteanzahl beim Schaden, ist der Versuch abzulehnen. So weit so gut. Der Entwurf hätte am 1. Juli 2015 präsentiert werden sollen. Aber die Tierversuchsseite ist voll reingefahren, hat einen Haufen hochkarätiger AnwältInnen bezahlt. Die argumentieren, der Kriterienkatalog wäre verfassungswidrig, es würde die Freiheit der Wissenschaft eingeschränkt werden. Damit wird das zuständige Wissenschaftsministerium eingeschüchtert. Momentan wird die Veröffentlichung des Katalogs hinaus gezögert. Es kann nun gut sein, dass dieser Kriterienkatalog nie im intendierten Sinn umgesetzt wird.
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Führen wir uns in dem Zusammenhang ein paar Zahlen vor Augen: Die Hälfte aller Tierversuche in Österreich betrifft gar nicht die menschliche Gesundheit, sondern bloß Grundlagenforschung, wie Verhaltensforschung oder Gentechnik. Dazu gab es in der angewandten Forschung letztes Jahr beispielsweise 38 Tierversuche nur zur Effizienzsteigerung von Tierfabriken. 92 Prozent aller Medikamente, die die menschliche Gesundheit betreffen und in Tierversuchen erprobt wurden, haben bei den Tieren Wirkung, bei den Menschen aber nicht die erwünschte. Das heißt, dass es zu viele Nebenwirkungen oder keine Wirkung gab. 92 Prozent der Medikamente, die an Tieren getestet werden, scheitern spätestens in den klinischen Versuchen an den Menschen. Kosmetika sind da nicht dabei, denn das ist in der EU verboten – auch wenn das Verbot unterlaufen werden kann, wenn die Inhaltsstoffe separiert werden. Anders sieht es bei Alltagschemikalien aus, wie etwa Lacke oder Putzmittel. Für die ist rund ein Viertel der Tierversuche verantwortlich. Es gibt Labors, die lassen sich für eine Versuchsreihe gleich 20.000 Tiere genehmigen und dann wird alles Mögliche getestet.
Man sieht also hier ganz praktisch, wie Lobbys, vor allem der Pharmaindustrie, ihre zum Gutteil sinnlosen Tierversuche mittels auf dem Freihandel basierenden EU-Richtlinien, aber auch direkter politischer Intervention, gegenüber den Nationalstaaten verteidigen.