Martin Balluch
Die Gatterjagd ist eine Treibjagd mit Hundemeute auf Tiere, die sich in einem eingezäunten Gelände befinden und für diese Jagd gezüchtet wurden. Man muss diese Definition immer wieder wiederholen, weil es verständige Menschen für undenkbar halten, dass so etwas in Österreich noch passiert. Aber es passiert. Und nicht zu knapp. Wir haben 74 solcher Jagdgatter in Niederösterreich, 8 im Burgenland, aktuell 2 in Salzburg und 1 in Wien, macht nach Adam Riese gesamt 85.
Dass die Mächtigen im Land, der Großgrundbesitz und der ehemalige Adel, diese Gatterjagd betreiben, macht dagegen vorzugehen nicht einfacher. Ständig ist in den Medien zu lesen, dass die Jagdgatter einer Kontrolle unterliegen würden und alles dem Gesetz entspräche, erst kürzlich wieder in einem langen Interview im Kurier mit Gatterjäger Max Mayr-Melnhof in Salzburg. In dem Artikel meint die Redakteurin, dass unsere Kritik darauf abziele, dass Mayr-Melnhof in seinem Gatter gegen Gesetze verstoße. Man scheint davon auszugehen, dass Gesetze in Stein gemeißelt sind und wer nicht dagegen verstoßt, dürfe auch nicht kritisiert werden. Unser Ziel ist aber die Aufklärung der Bevölkerung und dadurch eine Gesetzesänderung. Gatterjagden müssen verboten werden.
Die Brutalität einer Gesellschaft im Umgang mit Tieren könnte man wie folgt kategorisieren. Da ist einmal die Tötung von Tieren aus Versehen, wie z.B. im Autoverkehr oder durch den Mähdrescher. Das mag brutal sein und häufig passieren, aber es ist immerhin nicht böswillig und daher niederprioritär für Tierschutzorganisationen. Die nächste Stufe ist, absichtlich Tiere zu verletzen oder zu töten, aber wenigstens mit gutem Grund. Darunter könnte die „Ultima Ratio“-Jagd fallen, also die Jagd mit möglichst wenig Leid nach rein ökologischen Gesichtspunkten, oder vielleicht auch gewisse Tierversuche, wenn sie tatsächlich einen echten medizinischen Nutzen bringen. Die dritte Stufe stellt die Verletzung und Tötung von Tieren für Profit dar. Da sind die brutalen Haltungsbedingungen in Tierfabriken zu nennen, wenn man möglichst viele Tiere in möglichst kleine, strukturlose Buchten ohne Lebensqualität zwängt, um Geld zu sparen, auch wenn die Tiere immens darunter leiden. Die vierte, höchste und brutalste Stufe im Umgang mit Tieren ist das Leid und der Tod aus Spaß, aus Jux und Tollerei, zur reinen Unterhaltung. Darunter fallen Hunde- und Hahnenkämpfe, die bei uns bereits verboten sind, aber auch das Widderstoßen, das erst 1998 verboten wurde, aber genauso der Singvogelfang im oö Salzkammergut, der noch immer erlaubt ist. Und dazu gehört, ganz zentral, natürlich auch die Jagd im Gatter. Man kann argumentieren, dass diese brutalste Stufe gesetzlich verboten werden muss, bevor in den niedrigeren Stufen irgendein handfester Fortschritt erzielt werden kann. Deshalb hat es im Tierschutz Priorität, die Tierquälerei aus Lust zu verbieten. Wie die Gatterjagd.
Und das scheint uns jetzt endlich zu gelingen. Zuerst in Wien, wo es schon 2015 eine Übereinkunft mit der Forstdirektion gab, den Lainzer Tiergarten als historisches Jagdgatter aufzulösen. Bis 2021 wird die Gatterjagd dort Geschichte sein und ein Austausch mit den Tierpopulationen außerhalb über Grünbrücken möglich. Das Gatterjagdverbot in Wien kommt am 3. März 2017 in den Landtag.
Im Burgenland aber steht ein historischer Fortschritt bevor. Ebenfalls im März 2017 wird das neue Jagdgesetz beschlossen, und es sieht eine Auflösung sämtlicher Jagdgatter bis 1. Februar 2023 vor. Bis dahin dürfen keine neuen mehr gebaut und die bestehenden nur mit großen Einschränkungen geführt werden. Die Übergangsfrist bis Februar 2023 hat 2 Gründe. Erstens endet dann die laufende Jagdperiode und zweitens sehen beide vorhandenen Gutachten zur verfassungsrechtlichen Beurteilung eines Gatterjagdverbots vor, dass ausreichende Übergangsfristen eingehalten werden müssen. Alfons Mensdorff-Pouilly, der Jagd- und Zuchtgatter im Burgenland betreibt, hat bereits mit einer Verfassungsklage gedroht. Entsprechend wichtig ist es, dass man bei der Formulierung des Verbots auf der sicheren Seite ist.
Bis 2023 darf man ab 1. Mai 2017 nur mehr Oktober-Jänner im Gatter jagen, im Jänner ohne Hunderudel, und, besonders einschneidend, alle neu ins Gatter gebrachten Tiere müssen in ein Separationsgatter und dürfen erst frühestens 12 Monate nach der Anlieferung bejagt werden. Im Südburgenland gibt es Jagdgatter, die 20 Treibjagden pro Jahr durchführen und ständig neue Tiere anliefern. Das wird ab sofort verboten sein. Verboten mit sofortiger Wirkung werden übrigens auch Zuchtgatter für jagdliche Zwecke.
Dieses neue Gesetz im Burgenland ist wirklich bemerkenswert, weil es viele der Mächtigen im Land trifft. Esterhazy führen ein Jagdgatter, genauso wie Draskovich, besagter Mensdorff-Pouilly und andere. Mit dem Gatterjagdverbot im Burgenland kommen Salzburg und Niederösterreich unter Druck, weil sie die letzten Bundesländer sind, die diese Brutalpraxis noch erlauben. Wir werden sehen, ob wir dort nicht auch noch auf einen grünen Zweig kommen – auch wenn die Zeitungen die Promis der Gatterjagd aus der kritischen Berichterstattung aussparen, wie zuletzt Mayr-Melnhof im Kurier.