Das Jagdgatter von Max Mayr-Melnhof, einem ehemaligen Adeligen und Salzburger Lokalpromi, liegt mitten in den Salzachauen nördlich der Stadt Salzburg. Dieses Gebiet ist an sich ökologisch sehr wertvoll, eine der letzten noch ursprünglicheren Auenlandschaften. Deshalb wurde es 1997 der EU-Kommission als Natura 2000 Sonderschutzgebiet genannt. Das Problem ist nur, dass in gut der Hälfte der geschützten Auen dieses seit 1983 bewilligte Jagdgatter liegt. Nebenbei: 1983 war Friedrich Mayr-Melnhof, der Vater, zuständiger Landesrat. Dort werden jährlich ca. 700 Wildschweine und 150 Damhirsche gezüchtet, um bei 4 großangelegten Treibjagden für zahlende Jagdgäste mit Hunderudeln in Panik versetzt, gehetzt und dann beschossen zu werden. Das ist einmal ein großes Tierschutzproblem, immerhin ist genau diese Art der Gatterjagd in 6 von 9 Bundesländern bereits als schwere Tierquälerei verboten. Andererseits aber konterkariert ein Jagdgatter natürlich die Natura 2000 Schutzvorgaben.
Dabei ist Salzburg in Sachen Natura 2000 mehrfach säumig. Mit diesem Konzept wollte die EU zurecht ihre Mitgliedsstaaten dazu bringen, die eh nur noch spärlich vorhandene, halbwegs intakte Natur zu schützen. Deshalb muss jedes Land, und in Österreich jedes Bundesland, einen gewissen Prozentsatz der Landesfläche als Natura 2000 Gebiet melden. Salzburg hat bisher zu wenig Fläche genannt. Und nicht nur das, das Natura 2000 Gebiet in den Salzachauen wird einfach nicht, wie vom EU-Recht vorgesehen, geschützt.
In der Salzburger Landesregierung ist ausgerechnet die Chefin der Grünen, Astrid Rössler, als Vizelandeshauptfrau und Landesrätin für den Naturschutz zuständig. Sie hat eine Broschüre zu den Salzachauen herausgegeben. Darin wird, ein bisschen verklausuliert, von „ökologischen Defiziten“ gesprochen, die durch die jagdliche Nutzung bewirkt würden. 2014 wurde deshalb im Auftrag der Landesregierung von WissenschaftlerInnen ein Managementplan und 2015 eine Kartierung der Amphibien und Reptilien in den Auen erstellt. Beides verschwand aber in der Schublade und wurde nie öffentlich. Wir sind durch das Umweltinformationsgesetz und durch anonyme Quellen an die beiden umfassenden Gutachten herangekommen und staunten nicht schlecht, was dort steht. Hier z.B. ein zusammenfassendes Statement in diesen Gutachten zu den Auswirkungen des Jagdgatters:
Mit anderen Worten: Aufgrund der viel zu hohen Wilddichte im Jagdgatter (etwa 100 x mehr Wildschweine, als dort natürlich vorkommen würden), ist die Vegetation zerstört, sind die Bäume verbissen, die Ufer vollkommen vernichtet, die Gewässer verschmutzt und werden sämtliche schützenswerten Amphibien und Reptilien zusammengefressen. Im Abschnitt „Prioritäten“ findet sich daher ganz oben im Managementplan die Forderung, das Jagdgatter Mayr-Melnhof zu schließen:
Ebenso wird in dem Managementplan gefordert, dass das Aussetzen von Zuchtenten zum Abschuss, wie im Jagdgatter Mayr-Melnhof praktiziert, unterlassen werden soll.
Der VGT ließ auch 6 Wasserproben aus dem Jagdgatter in einem Labor prüfen und mit einer Wasserprobe aus den Salzachauen außerhalb des Gatters vergleichen. Das Wasser im Jagdgatter enthielt viel zu viel Stickstoff und hatte überall eine derart hohe Belastung durch Fäkalienkeime, dass der Konsum des Wassers schwer gesundheitsgefährdend wäre.
Im Zusammenhang mit Natura 2000 Schutzgebieten hat die EU die sogenannte Flora-Fauna-Habitatsrichtlinie erlassen. Und diese verpflichtet die zuständigen Regierungen, innerhalb von 6 Jahren nach Meldung eines Gebiets als Natura 2000, dazu eine Verordnung zu deren Schutz zu erlassen. Die Salzburger Landesregierung hat diese Frist vor 13 (!) Jahren bereits verstreichen lassen und noch immer gibt’s, offenbar aus Rücksicht auf Herrn Mayr-Melnhof, keine solche Verordnung. Zusätzlich müssten Verschlechterungen, wie sie durch viel zu hohe Wilddichten auftreten, aktiv verhindert werden. Dabei gilt das nach gängiger Judikatur zu Natura 2000 für jede kleine Fläche. Landesrätin Astrid Rössler hat uns geschrieben, dass zwar im Jagdgatter sämtliche Amphibien und Reptilien durch die Zuchtschweine vernichtet werden, dass das aber nicht so problematisch sei, weil diese Tiere dafür außerhalb des Gatters eh noch vorkämen. Da hat sie aber offenbar die Richtlinie nicht gelesen, weil das eindeutig dennoch gesetzwidrig ist:
- ausnahmslos alle Flächen innerhalb des Natura 2000 Gebiets sind zu schützen
- selbst kleine Verschmutzungen und Naturschäden sind relevant
- auch wenn noch keine Verordnung zum Schutz erlassen wurde
- und selbst die Duldung einer Gefährdung ist ein Verstoß!
Der VGT hat deshalb bei der EU-Kommission einen Antrag auf Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Salzburger Landesregierung eingebracht. Bemerkenswert, wie unsere gewählten PolitikerInnen das Gesetz biegen, wenn es die politischen Netzwerke erfordern. Ohne Zivilgesellschaft würde das ungebremst und unbeachtet von der Öffentlichkeit einfach so weiter gehen.
Zuletzt noch ein paar Impressionen von der Naturzerstörung im Jagdgatter: