Förderungen sind ein wesentlicher Bestandteil des Einkommens europäischer Bauern. Ab 2020 gibt es eine neue Gemeinsame Agrarpolitik, kurz „GAP“. Die EU-Kommission hat mich und weitere Journalisten aus 21 Mitgliedsländern nach Brüssel eingeladen und ausführlich über die neue GAP informiert. Die Grundsätze des Fördersystems verändern sich nicht dramatisch, einige Änderungen könnten aber bestimmte landwirtschaftliche Betriebe stark treffen, vor allem die großen.
Es ist alles andere als eine leichte Aufgabe für die Verantwortlichen von DG Agri, eine neue Gemeinsame Agrarpolitik umzusetzen. DG Agri ist jene Einrichtung der EU-Kommission, die die GAP gestaltet. Am besten soll sie es allen recht machen: Den konventionellen und Bio-Bauern, den Kleinen und Großen, den Umweltschutzorganisationen, Industrieverbänden, 27 Mitgliedsländern und knapp 450 Millionen Menschen, von denen das Steuergeld kommt. Und das in Zeiten, in denen die Diskussionen um Pestizide und Co besonders hart geführt werden. Umweltschutzorganisationen wie Industrieverbände dürfen in im Entstehungsprozess mitwirken, als Mitglied der Refit-Plattform. Die Mitgliedsländer und Bürger haben indirekt über den Rat der EU und das EU-Parlament Einfluss. Diese können den Vorschlag der EU-Kommission ablehnen, abändern lassen oder absegnen.
Land schafft Leben, 2018
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Die EU-Kommission hat eine Vielzahl an Maßnahmen ausgearbeitet. Landwirtschaftskommissar Phil Hogan zeigt sich im Gespräch mit uns 24 Journalisten als Unterstützer der Familienbetriebe und Jungbauern. Großbetriebe sollen ab 60.000 Euro an Direktzahlung weniger pro Hektar bekommen, eine Obergrenze soll bei 100.000 Euro liegen. „Capping“ heißt diese Maßnahme. Das wird den Wünschen vieler nach einer kleinstrukturierten Landwirtschaft nachkommen. Aber was wird aus den Großen? Wer sagt, dass Groß automatisch schlecht ist? Mein Kollege Peter Fuchs hat dazu kürzlich eine interessante Frage aufgeworfen: „Wie groß darf Bio?“ EU-weit wären laut DG Agri 0,2 Prozent der Bauern betroffen. Am meisten mit neun Prozent in der historisch bedingt weniger kleinstrukturierten Slowakei. Auch im Osten Deutschlands wird Capping viele treffen. In Österreich werden 80 Betriebe über der Obergrenze liegen und insgesamt rund 300 von Kürzungen aufgrund ihrer Größe betroffen sein. Dass sich große Betriebe einfach in mehrere kleine zerteilen um Capping zu umgehen, sei nicht so einfach, so die Antwort von DG Agri auf Nachfrage eines Journalistenkollegen.
Mehr für Umwelt und Klima
Junge Bauern zu fördern, „this is very important for me“, sagt Phil Hogan. Er betont, dass nur sechs Prozent der Bäuerinnen und Bauern in der EU jünger als 35 Jahre sind. Die Förderung für Junglandwirte will Hogan von zwei Prozent auf drei Prozent des Fördervolumens erhöhen. Hört sich nach wenig an, ist aber um die Hälfte mehr. Eine Kollegin von Deutschlandfunk fragt Hogan, ob jung sein alleine nicht etwas wenig Anforderung für eine Förderung sei und ob andere Förderungen auch so leicht zu bekommen sind. Hogan verneint, das sei eine Ausnahme. Aber die neue Generation ist der EU-Kommission eben wichtig. Auch „Cooperatives and producer organizations“, also Genossenschaften und Erzeugerorganisationen, seien Phil Hogan von Bedeutung, was sich wiederum in den Förderungen wiederspiegeln wird.
Sehr hohe Priorität sollen Umwelt- und Klimaschutz haben. Der Prozentsatz der Förderungen, die daran gebunden sind, wird auf 30 Prozent angehoben. Dazu gibt es noch soziale und ökonomische Ziele. Die Ausgleichszahlungen für Benachteiligte Gebiete zählt übrigens nicht zu den Umwelt- und Klimazielen, sondern zu den ökonomischen. Konkrete Maßnahmen ausarbeiten müssen die Mitgliedsländer selbst. Dann berichten sie der EU-Kommission und diese kann zustimmen oder Änderungen einfordern. Die Kontrolle, ob die Bauern eh genau das machen, wofür sie Förderungen bekommen, ist Aufgabe der Mitgliedsländer. Bleibt zu hoffen, dass das in allen 27 funktioniert.
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„Gemeinsam“ als große Herausforderung
Die Gemeinsame Agrarpolitik wird immer ein Kompromiss sein. Das ist wohl auch gut so, weil sich das Fördersystem nicht zu stark auf einzelne Ziele konzentriert. Die EU-Landwirtschaft bleibt trotz Umweltschutz wettbewerbsfähig und muss sich nicht von Importen aus Billigproduktionsländern überrollen lassen. Die GAP vergisst nicht auf konventionelle Bauern, die nach wie vor den überwiegenden Teil der EU-Bevölkerung ernähren. Gleichzeitig fordert sie diese in Richtung mehr Nachhaltigkeit.
Das Gesamtbudget für Förderungen wird etwas gekürzt, auch für Österreich. Die GAP 2020 dürfte durch Capping, Förderung von Kooperativen und mehr Umwelt- und Klimaschutz aber auch vielen in der heimischen Landwirtschaft liegen. Die GAP wird Landwirtschaft in Nicht-Billigproduktionsländern weiterhin ermöglichen, ohne auf Nachhaltigkeit zu vergessen. Wir Konsumenten müssen ehrlich zugeben, das Fördersystem ist viel nachhaltiger als unser eigenes Konsumverhalten. Die EU verlangt für Förderungen ökologische, ökonomische und soziale Maßnahmen. Aber verlangen wir das auch vom Lebensmittel, wenn wir es kaufen? Der Bio-Anteil liegt selbst im vorbildlichen Europa bei wenigen Prozent. Wichtigster Faktor für die Kaufentscheidung ist der Preis. Würden Herkunft und Nachhaltigkeit eine größere Rolle spielen, wären Förderungen gar nicht notwendig.
Jeder der knapp 450 Millionen EU-Bürger wird seine Kritikpunkte finden, sonst wäre es ja auch keine Gemeinsame Agrarpolitik. Gut, dass in der Agrarpolitik ein „Gemeinsam“ überhaupt möglich ist. Man stelle sich vor, jedes der 27 Mitgliedsländer würde seine eigenen Ziele verfolgen. Das eine oder andere Land würde auf Nachhaltigkeit völlig verzichten und sich so im Preiskampf einen Vorteil verschaffen. Ein Fair-Play wäre dann nicht einmal innerhalb Europas möglich.
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Kürzlich hab ich einen Artikel über Öffentliche Gelder für Bauern geschrieben. Er zeigt auf, wer warum und wofür Förderungen bekommt.