Unweit von Wladiwostok befindet sich die Insel Russki. Früher hatte Sie einen anderen, komplizierteren Namen, daher war oftmals weniger die Bezeichnung der Insel Gesprächsinhalt unter den Menschen, als die Frage, wem die Insel denn gehöre? Den Russen gehörte sie, und wurde damit zur Insel Russki.

Zwischen der Stadt Wladiwostokund der Insel wurde im Jahre 2012 anläßlich eines asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgipfels dieimmerhin 3100m langeRusski Brücke eröffnet und in Folge begann man mit der Ansiedelung eines riesigen Campus auf der bis dahin weitgehend unerschlossen Insel....

Interessanter Weise schießt die großzügig asphaltierte und ausgiebig beleuchtete Strasse einige Kilometer über das Campus-Ziel hinaus. Man wird wenig Fragen gestellt haben, Hauptsache Moskau stellte ausreichend Rubel zur Verfügung, und dem Präsidenten hätte ja bei der Eröffnung einfallen können, noch ein wenig weiter zu gehen, blicken oder fahren zu wollen.

Nach etwa drei bis vier Kilometern verjüngt sich allerdings der Asphalt zu einem steinigen Feldweg der zu einem sehr, sehr, sehr sowjetischen Ort führt: der Küstenbefestigung gegen etwaige japanische Kriegsschiffe. Unter den zig-meterlangen und zig-tonnen schweren Kanonenrohren wurde von sowjetischen Ingenieuren ein 26m tiefer Bunker zur Beschickung der Waffen errichtet, in dem 75 Mann jahrzehntelang auf jenen Augenblick warteten das Sowjetreich mit 470kg-schweren Kanonen gegen maritime Eindringlinge zu verteidigen.Der Augenblick kam natürlich nie. So wie der Präsident nie den feinen Asphalt bis zum Feldweg fahren würde.

Ich bin froh, dass ich im dritten Untergeschoß des Bunkers an einem spitzen Metalteil hängen geblieben war - die unscheinbare "Laufmasche" am Ärmel meines Mantels erinnert mich jetzt immer an den vielen Schwachsinn den sich Menschen einfallen lassen, wenn sie nicht miteinander reden.

Bis heute lernen die vladivostoker Kinder in den von Moskau 8000 Kilometer entfernten Schulen Russisch, aber nicht die Sprachen ihrer wenige hundert Kilometer entfernten Nachbarn Japan, China und Korea.