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Die Frage stellte ich mir schon des Öfteren und kam zu unterschiedlichen Antworten. Als Jugendlicher hatte ich großen Respekt vor den Kirchen, speziell den Freikirchen, die erheblichen Anteil am Widerstand gegen das Regime hatten. Ich konnte mich danach aber nicht als praktizierender Christ zu einem regelmäßigen Besuch der Kirche durchringen. Ich hielt die Kirchen und den Glauben für altbacken und überflüssig. Es ist auch offensichtlich, dass man auch ohne der Zugehörigkeit zu einem Glauben menschlich leben kann.

Doch Religionen sind bei weitem nicht überflüssig, der christliche/jüdische Glauben ist identitätsstiftend für Deutschland. Jeder Mensch braucht ein Gerüst, Traditionen, die man als Heimat sehen kann und etwas Einbindung in der Gesellschaft, sei es nur der individuelle Weg, wie man seinen Glauben lebt. Wer kennt es nicht, im Glück ein Kreuz machen oder wenn man Glück braucht, Gott anzubeten oder den Spaß in der Gemeinschaft.

Über eine Freundin bin ich zu einem gläubigen Christen geworden, der regelmäßig zu den Messen geht und den Glauben lebt. Ich spende bei jeder Messe. Der Kirchensteuer, also der Anmeldung als Christ, entziehe ich mich aber nach wie vor. Nicht um Geld zu sparen, sondern weil mir die Kirchenorganisationen und deren Spitzen vollkommen suspekt sind, wie Bischof Franz-Josef Overbeck(Bistum Essen) oder Johann Friedrich Kramer(Bischof EKD). Beide Kirchen haben sich zu Stellvertretern der schlimmsten Ideologen des Landes entwickelt, zumindest sind die Botschaften der Spitzen so.

Wie weit geht mein Glauben? Diese Frage stellt sich mir speziell in Messen, wenn sie mehr links-grüner Propaganda ähneln als herkömmlichen christlichen Messen.

Ich halte es mit Martin Luther „Wodran Du hängst Dein Herz, dass ist Dein Gott.“ Jeder Mensch hängt sein Herz an etwas, das ist seine Orientierung im Leben, um es zu Leben, wofür man dankbar ist und zu dessen Erhalt man Zeit und Geld aufwendet. Insofern hat nahezu jeder Mensch eine Religion. Mir sind christliche Werte enorm wichtig, ich lebte sie immer, wie Glaube, Liebe, Hoffnung, Demut, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Recht (Psalm 33, 5 „Gott liebt die Gerechtigkeit und das Recht.“). Insofern war der Schritt hin zu den Gottesdiensten kein großer, es ist lediglich die Teilnahme an den Messen. Aber ich versuche zu trennen zwischen meinem Glauben und den Institutionen. Immer im Widerspruch, ich spende auch um zu helfen, wie für die Tafel, aber weiß wer dieses Geld empfängt. Ich genieße die Zughörigkeit zu den Messen, die Teilnahme an Pilgertouren, das gemeinsame Singen, immer im festen Rahmen der Institutionen.

Die Widersprüche werden bleiben, genau wie das Bewusstsein, dass es das Christentum braucht.

Émile Durkheim(1858-1917), ein Soziologe sagte: Gesellschaften brauchen Religion, sonst funktionieren sie nicht und haben auf Dauer keinen Bestand. Religion hatte für ihn die Funktion eine Zusammengehörigkeit zu vermitteln, die moralischen Werte in der Gesellschaft zu verankern und der Gesellschaft einen Sinn zu geben. https://www.philomag.de/philosophen/emile-durkheim

Man kann noch kritisch ergänzen, Religion ermöglicht den Umgang mit erlebter Sinnlosigkeit, man kann nahezu alles mit den Taten Gottes begründen. Auch geben Religionen Antworten in ethischen Fragen, wobei sich auch sehr religiöse Menschen daneben benehmen können. Die Ungewissheit, ob es Gott gibt, wird immer bleiben. Wie die Widersprüche, daher bleibe ich offen für künftige Entwicklungen, auch bei den Institutionen. Vielleicht besinnen sie sich ja, hören auf den Grünen nachzulaufen, beteiligen sich nicht mehr an der gesellschaftlichen Ausgrenzung Andersdenkender und bieten diesen wieder eine Anlaufstelle. Dann käme auch ein Beitritt für mich in Frage.

Andere religiöse Ansätze

Im Islam kommt hinzu, dass „Gott einem Menschen die Brust weitet“, d. h. in Beziehung zu Gott erkennt man seine Begrenztheit, kann sie aber mittels Gott stetig ausweiten. In diesem Zusammenhang kann man A. Rüdigers Statement des Zeigefingers kritisch sehen.

Oder der jüdische Philosoph Hans Jonas, der nach Ausschwitz sagte, Gott konnte nicht mehr eingreifen, denn indem er die Welt geschaffen hat, indem die Menschen auferstanden sind, mit all den Möglichkeiten Gutes und Böses zu tun, hat er ihre Freiheit anerkannt und sich damit zurückgezogen. Das schließt wiederrum aus, dass Gott allmächtig ist. Jonas folgert daraus, dass Menschen nicht nur vor Gott, sondern auch für Gott verantwortlich sind.

Kulturelle Werte

Unbestritten sind die enormen kulturellen Werte die durch das Christen- und Judentum für Deutschland entstanden sind. Es ist aber auch jedem klar, dass im Namen der Religionen auch viel Leid geschah. Daher sollte man wie bei anderen ideologischen Auswüchsen auch bei religiösem Fanatismus vorsichtig sein. Andererseits werden mit dem Abschaffen der Religionen andere ideologische Richtungen entstehen, die meinen feste Antworten zu haben und alles auf diese Antworten zuschneiden zu müssen. Ideologien sind schon immer ein riesiges Problem gewesen, jenseits der Religionen(wie bei den Grünen, den Sozialisten) und auch innerhalb der Regionen, der religiöse Wahn. Insofern sind nicht die Religionen das Problem, sondern die Ideologien, speziell wenn sie sich menschenverachtend und verschlossen zeigen.

Zu Ostern: Johann Sebastian Bach | Matthäus - Passion / St Matthew Passion (BWV 244).

Hier eine Dokumentation über den Einfluss von Religion auf die amerikanische Politik, die interessant ist, aber nur am Rande das Thema betrifft.

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