Erika Steinbach hat soeben, nach über 40 Jahren Mitgliedschaft bei der CDU, ihren Austritt aus der Partei erklärt. Seit 1990 sitzt sie im Deutschen Bundestag. Sie lag mit der CDU und mit Angela Merkel seit längerem im Streit bzw. kritisierte deren Politik teils sehr scharf. Steinbach war von 1998 bis 2014 Präsidentin des Bunds der Vertriebenen (BdV). Einige CDU Mitglieder zeigten für ihren Austritt Verständnis und werteten dies als gutes Signal für die CDU.

Wie kann man so daneben liegen? Die CDU will eine Volkspartei sein, die für große Bevölkerungsteile die politischen Themen abdeckt. Dass es da auch grundverschiedene Meinungen gibt, sogar geben muss, steht außer Frage, sonst spricht man ja einige Teile der Bevölkerung nicht an. Diskurs ist dennoch weitgehend unerwünscht, zu viele Mitglieder gingen den bequemen Weg und wichen jeder Konfrontation aus, auch deswegen entstand die AfD, weil viele Themen in der CDU nicht offen und ehrlich diskutiert wurden. Viele Gründungsmitglieder der AfD kamen ja aus der CDU. Nicht zu unterschätzen ist Steinbachs Einfluss auf den BdV, der sehr konservativ eingeschätzt wird und wo sicher viele CDU-Wähler zu finden sind.

Das Parlament kontrolliert die Regierung, so sollte es sein – tatsächlich ist es umgekehrt. Wer als CDU Parlamentarier heftige Kritik an Merkel oder den Landesspitzen der CDU äußerte, der wurde intern kaltgestellt und hatte nur über ein Direktmandat noch die Chance, in den Bundestag zu kommen. Auf einen Listenplatz kamen nur brave CDUler. Trotzdem war Steinbach, zusammen mit Bosbach oder Klaus-Peter Willsch, eine der wenigen in der CDU im Deutschen Bundestag, die offene und scharfe Kritik an Merkel und dem CDU Kurs vorbrachte.

Die CDU meidet zu ihrem Nachteil den Streit in der Partei, schon gar nicht handelt sie konsequent nach den Ergebnissen bzw. aus den Erkenntnissen aus dem vorangegangenen Diskurs. Die CDU agiert seit Jahren nicht, sondern reagiert nur noch auf die Geschehnisse unserer Zeit oder die Unmutsbekundungen des Volkes.

Insofern ist der Austritt Steinbachs mit viel Getöse begleitet, man erwartete die letzte große Kritik und sie kam auch, ihr Worte:

„Würde ich aktuell CDU wählen? Nein. Würde ich heutzutage gar in die CDU eintreten? Nein. Daraus kann ich nur die ehrliche Schlussfolgerung ziehen, die CDU zu verlassen.“ Damit begründete sie ihre Austrittsentscheidung.

Merkel habe mit der Grenzöffnung im Herbst 2015 gegen geltendes Recht verstoßen: „Dass monatelang Menschen unidentifiziert mit Bussen und Zügen über die Grenze geschafft wurden, war keine Ausnahme, sondern eine gewollte Maßnahme entgegen unserer gesetzlichen Regelungen und entgegen EU-Verträgen.

Steinbach unterstellt der Bundesregierung, absichtlich illegale Einwanderung zu fördern: „Beim Bundesamt für Migration sind Tausende von Pässen als gefälscht identifiziert worden, ohne daß die rechtlich vorgesehenen Konsequenzen für die jeweiligen Migranten gezogen worden wären. Ein solches Ignorieren unseres Rechts wagt keine Bundesbehörde auf eigene Verantwortung. Da steht ein politischer Wille dahinter. Am Recht vorbei.“

„Mit den Migranten kamen nicht nur Schutzsuchende ins Land, sondern, wie viele von Anbeginn an gewarnt haben, auch Terroristen. Unsere Sicherheitslage hat sich seit der Grenzöffnung signifikant verschlechtert.“

In der Gesellschaftspolitik habe sich die CDU einem linken Zeitgeist angepasst und ihr Alleinstellungsmerkmal aufgegeben, sagte Steinbach. Deshalb sei eine neue Partei entstanden: „Die AfD greift heute Themen auf, die in den vergangenen Jahren defizitär geworden sind. Und: sie ist auch Fleisch vom Fleisch der CDU!“ In die AfD will Steinbach trotzdem vorerst nicht eintreten. „Aber ich hoffe, dass die AfD in den Bundestag einzieht, damit es dort endlich wieder eine Opposition gibt. Nur so bleibt die Demokratie lebendig.“

Merkel entscheide notfalls „auch unter Außerachtlassung von Recht und Gesetz“. „Sowohl der ökonomische als auch der kulturelle Schaden sind für Deutschland ohne Beispiel und in ihrem Ausmaß noch überhaupt nicht in vollem Umfang abschätzbar.

Seit der Regierungsübernahme 2005 durch die Union habe sich das politische Handeln der CDU mit Merkel an der Spitze „beunruhigend, ja dramatisch verändert“, schrieb Steinbach. Als Beispiel nannte sie den von Merkel überraschend beschlossenen Atomausstieg nach der Atomkatastrophe von Fukushima 2005, der „ohne jegliche Rechtsgrundlage“ und „ohne akute Gefahr, dass in Deutschland ein ähnliches Ereignis zu befürchten ist", erfolgt sei. Auch hätten die milliardenschweren Euro-Rettungspakte „den Stabilitätspakt aus den Angeln gehoben“ und seien „am Recht vorbei durchgesetzt“ worden. Besonders heftig kritisierte Steinbach aber die „einsame Kanzlerentscheidung“ Merkels in der Flüchtlingspolitik, mehr als eine Million Migranten „ungesteuert und unüberprüft monatelang nach Deutschland nicht nur einreisen zu lassen, sondern sie auch noch mit Bussen und Zügen hierher zu transportieren“, obwohl viele aus einem sicheren Herkunftsland gekommen und „praktisch alle“ über andere EU-Länder eingereist seien. „All das widersprach unserer geltenden Rechtslage und hat Deutschland zudem aufgrund des unabgestimmten Vorgehens in Europa isoliert“, so Steinbach…

Für Merkel sei es „offenkundig unerheblich, ob Grundlagen und Beschlüsse der eigenen Partei konterkariert werden, ob verabschiedete Koalitionsvereinbarungen davon betroffen sind oder ob dadurch geltendes Recht verletzt wird“, kritisierte Steinbach. Mit ihrer Reaktion auf dem Bundesparteitag der CDU auf den Beschluss der Delegierten zur doppelten Staatsbürgerschaft habe Merkel das „unverblümte Signal gesetzt, dass für sie Beschlüsse der eigenen Partei völlig unerheblich sind, ja, dass sie überhaupt nicht daran denkt, ihre Politik danach auszurichten“, schrieb Steinbach in der Erklärung weiter.

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Letztlich ist es für die CDU negativ, sie verliert einen weiteren Teil ihres Themenspektrums und eine Persönlichkeit. Für Steinbach gilt: Wenn eine Abgeordnete für ihre Positionen etwas tun will, dann setzt sie sich doch mittels ihres Mandates innerhalb der regierenden Partei für diese ein, da wo sie noch verhältnismäßig viel Gehör findet, teils noch in die Entscheidungen mit eingebunden wird. Andererseits zeigt es ihren Frust. Während des Parteitages der CDU in Essen entschieden die Delegierten gegen die doppelte Staatsbürgerschaft und Merkel kündigten an, diese Entscheidung nicht in „ihre“ Politik einfließen zu lassen. Dies zeigt wie Merkel denkt, demokratisch werte ich dies nicht. Sie achtet die Vorgaben/Wünsche ihrer Parteimitglieder nicht, die ihrer Wähler schon gar nicht.

Wie las ich neulich? Die CDU sei zu einer reinen Partei der "Klatsch-Affen" geworden. Sie steht nicht mehr für vernünftige Wirtschaftspolitik, für Sicherheit, für eine gute Bundeswehr, für sichere Außengrenzen, für eine stabile Währung, sondern für Beliebigkeit und rot-grüne Politik. Um sich die Veränderung der CDU unter Merkel bewusst zu machen, höre man das angehängte Video einer Rede von Merkel im Bundestag über Integration und Zuwanderung vom 13.09.2002.

Damit konnte Erika Steinbach irgendwann nur noch die Reißleine ziehen und sich entweder ganz aus der Politik zurückziehen oder so unabhängig der CDU machen, dass sie alles sagen kann, was sie will.

Ihre Twittereinträge werden uns erhalten bleiben, sie behält ihr Bundestagsmandat, ihre Stimme wird aber verblassen. Die CDU wird weiter an Gewicht verlieren.

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/protest-gegen-merkel-erika-steinbach-will-cdu-verlassen-14651899.html

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/austritt-aus-der-cdu-steinbach-merkel-hat-deutschland-massiv-geschadet-14658173.html

Deutscher Bundestag https://www.cducsu.de/abgeordnete/erika-steinbach via Wikimedia

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