Max Neumeyer
Von einem, der die Schnauze voll hat(te)
Seit vier Monaten antworte ich auf die Frage nach meinem Alter mit dem Sätzchen: "40, sieht man das nicht?"
Seit sechs Monaten antworte ich auf die Frage nach meinem Wohnort kurz und bündig: "Idylle Südburgenland!"
Und ebenfalls seit sechs Monaten sage ich allen, die mich fragen was ich beruflich mache, ich sei "Aussteiger" (inkl. Krähenfüße).
Aber Aussteiger von was? Vom System? Vom Leben?
Ich halte für nahezu unmöglich aus dem System als solches auszusteigen. Auch nach unserem Umzug, der zu einem kompletten Neuanfang werden sollte, bin ich immer noch Teil des Systems.
Ich bin kranken- und anderweitig versichert, habe mit meiner Frau (die noch immer berufstätig ist) ein gemeinsames Konto und einen Sohn der seit einigen Wochen seiner Schulpflicht nachgeht.
Wir zahlen Steuern, nutzen in Notfällen die Angebote des Sozialstaates und sind froh in Österreich leben zu dürfen. Auch wenn viele jammern - es geht uns gut.
Wovon sind wir dann eigentlich ausgestiegen? Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, aber ich werde es versuchen. Die Entscheidung unser Leben grundlegend zu ändern, war ein Schritt zu mehr Unabhängigkeit. Wir wollten nicht mehr beide Vollzeit arbeiten müssen, nur um unseren Lebensstandard aufrecht erhalten zu können. Ein gewisser Standard hat doch nur Sinn, wenn man auch die Zeit hat ihn zu genießen. Jetzt, in einem wesentlich älteren Haus, mit wesentlich mehr Natur rundherum und wesentlich mehr Zeit zum Leben, ist unsere Lebensqualität auch wesentlich besser als je zuvor.
Wir sind ausgestiegen aus jenem Wertesystem, das unsere Gesellschaft zu dem macht was sie ist: ein schnelllebiges, auf Kommerz aufgebautes und von der menschlichen Natur entfremdetes Nebeneinanderherleben ohne Maß und Ziel. So habe ich es zumindest empfunden.
Wir sind aus einem Leben ausgestiegen, das viel zu wenig Platz für Visionen hatte. Einem Leben, das zum Großteil fremdbestimmt war. Ich glaube, dass es viele Menschen gibt, denen es heutzutage so oder ähnlich geht.
Inzwischen haben sich die Prioritäten unserer kleinen Familie verschoben. Das Leben ist so bunt geworden wie der erste Blick eines Kindes durch ein Kaleidoskop. ich sage nur "WOW"!
Die Arbeit in der Natur ist kräfteraubend, aber zutiefst befriedigend. Besonders jetzt, Ende September, wenn die Bäume in den schönsten Farben leuchten und die letzten Früchte einer üppigen Ernte eingefahren werden. Vor lauter Gartenarbeit bin ich gar nicht mehr zu meinem Hobby, dem Schreiben, gekommen - ein Zeitmangel mit positiver Ursache. Erst jetzt, wo ich nach einer Karpaltunnel Operation quasi Arbeitsunfähig bin, kann ich mich wieder dem Bloggen widmen, noch mehr lesen und nebenbei unsere wunderbare Aussicht genießen.
Wie es bei uns sonst so weitergeht, welche Pläne es gibt und was unsere Tiere so machen, gibt´s beim nächsten Mal. Baba, wir lesen uns!
Neumneyer
Ich finde, hier lässt`s sichs leben.