oder
Der kleine H.C. in jedem von uns
Die Sonne glüht, aber es ist gar nicht so heiß, wie man es sich von Afrika erwarten würde. Meine Frau und ich sitzen in einem geliehenen Toyota Corolla und gurken – anders kann man das Fahrverhalten eines Corollas auf Afrikas Straßen nicht bezeichnen – durch das wunderschöne Südafrika. Plötzlich steht eine Giraffe am Straßenrand, die anscheinend unter zu trockener Haut oder Mosquitostichen leidet, sie reibt ihren Körper an einem trockenen Gestrüpp, um sich Linderung zu verschaffen. Etwas später: ein Nashorn samt Kind, oder heißen die Nashornwelpen? Es folgen drei humorige Warzenschweine, eine undefinierte Anzahl lieblicher Gazellen und ein draller Elefant, der gerade Dusche und Geduschter in einem ist. Für uns eine unglaubliche Erfahrung.
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Gefahr am StraßenrandPlötzlich steht ein schwarzer Mann am Straßenrand. Er zeigt uns eine seiner Hände mit ausgestrecktem Daumen – in der realen Welt kein Zeichen für „Gefällt mir“, sondern die Andeutung mitgenommen werden zu wollen. Oh mein Gott. In nahezu jedem Afrika-Reiseführer wird davor gewarnt, als schwacher, „reicher“ Tourist einheimische Autostopper mitzunehmen. Tut man es doch, läuft man Gefahr ausgeraubt, misshandelt oder gar umgebracht zu werden. Sehr unangenehm. Ein kurzer Blick, ein Tritt aufs Gaspedal und weg sind wir. Wir leben noch und unserer Visakarte geht es gut. Das ist ja gerade nochmal gutgegangen!
Rassismus, das hab ich auchTatsächlich hat uns unser eigenes Verhalten zu denken gegeben. Hätten wir einen Nachfahren der Buren, einen weißen Mann eher mitgenommen. Hätte uns nicht auch ein Weißer überfallen können? Wir wissen es bis heute nicht, haben uns aber mit dem Begriff „Rassismus“ ein wenig auseinandergesetzt. Sind wir am Ende vielleicht alle Rassisten? Unser outgesourctes Weltwissen wikipedia war wiedermal schlauer als wir: „Rassismus ist eine Ideologie, die „Rasse“ in der biologistischen Bedeutung als grundsätzlichen bestimmenden Faktor menschlicher Fähigkeiten und Eigenschaften deutet. Rassismus zielt dabei nicht auf subjektiv wahrgenommene Eigenschaften einer Gruppe, sondern stellt deren Gleichrangigkeit und im Extremfall deren Existenzberechtigung in Frage. Rassische Diskriminierung versucht typischerweise, auf (projizierte) phänotypische und davon abgeleitete persönliche Unterschiede zu verweisen.“ Aha!Weiter unten steht: „Unabhängig von seiner Herkunft kann Rassismus jeden Menschen betreffen. Ein erweiterter Rassismusbegriff kann auch eine Vielzahl anderer Kategorien mit einbeziehen. Menschen mit rassistischen Vorurteilen diskriminieren andere aufgrund solcher Zugehörigkeit, institutioneller Rassismus verweigert bestimmten Gruppen Vorteile und Leistungen oder privilegiert andere. Rassistische Theorien und Argumentationsmuster dienen der Rechtfertigung von Herrschaftsverhältnissen und der Mobilisierung von Menschen für politische Ziele.“ Klingt kompliziert, ist aber nicht. Es zeigt uns nur, dass wir alle dafür anfällig sind. Aber warum, ich will verdammt noch mal kein Rassist sein. Ich will empathisch sein, ein netter Kerl, ein Gutmensch, wenn Sie so wollen, ...aber ein Rassist? Nein danke.
Hirn, was ist dein Problem?Das Problem bei dieser vermaledeiten Sache könnten unsere, mit den unterschiedlichsten Erfahrungen vollgestopften Hirne sein. Die einen haben viel davon, andere weniger, aber das tut hier nichts zu Sache. Was für unser Hirn zählt, und was wir nicht und nicht ignorieren können, ist der allseits bekannte „erste Eindruck“. Ein Blick auf einen uns unbekannten Menschen und nur 100 Millisekunden später hat sich dieser Eindruck auf unsere Festplatte gebrannt. 100 Millisekunden darüber entscheiden, ob wir jemanden sympathisch finden oder für einen unappetitlichen Vollpfosten halten. 100 Millisekunden die unseren freien Willen selbst zu entscheiden, ob wir jemanden mögen oder nicht, aufs grauslichste manipulieren. Böses, böses Hirn!
Ein Blick ist genugWas aber sieht man denn schon, wenn man einen Mitmenschen zum ersten Mal erblickt. Können Sie sich an Ihre Geburt erinnern? Sie haben Ihre verklebten Äugelein zum ersten Mal geöffnet und ins Gesicht einer sehr sympathisch wirkenden Person geblickt. Wahrscheinlich Ihre Mutter (Papa lag zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch ohnmächtig unter dem OP-Tisch). Aber die Mama lacht, riecht unglaublich lecker und wird für gut befunden. Ganz egal ob sie Sie danach mit Heim genommen oder in die nächste Babyklappe geworfen hat.
Die sehen alle so gefährlich ausWas sehen wir, wenn wir den klassischen Asylanten sehen? Wir nehmen einen Menschen mit dunklerer Hautfarbe und zerschlissener Kleidung wahr (oder noch schlimmer: neuem Gewand oder gar einem Handy, ...das müssen schließlich alles wir zahlen). Aber das Schlimmste ist: Wir sehen jemanden, der so gar nicht aussieht wie wir selbst, und da man sich selbst für ganz sympathisch hält, kann das nur ein Schmarotzer, Dieb oder Massenmörder sein. Mit so jemandem will man nichts zu tun haben. In so einem Moment merke ich, dass in meinen Kopf Bilder ablaufen, die ich so nicht bestellt habe, ja die ich für zutiefst ekelhaft halte. Deshalb wieder und wieder diese Frage: Bin ich ein Rassist? Sind wir das nicht alle?
Rassist vs. GutmenschDie Antwort lautet „NEIN“! Was den sogenannten „Gutmenschen“ vom echten Rassisten (und auch Alltagsrassisten) unterscheidet, ist die Fähigkeit der Reflektion. Emphatiefähige Zeitgenossen haben es, sei es durch gute Erziehung, gute Bildung oder anderweitige Erfahrungen, gelernt ihre Vorurteile zu erkennen und nach ihren Ursprüngen zu suchen. Vielleicht gilt auch hier nur einfach: Selbsterkenntnis ist der beste Weg zur Besserung. Meine Frau und ich sind auf unserer Reise durch Südafrika dann tatsächlich noch zweimal über unseren Schatten gesprungen und haben Autostopper mitgenommen. Zwei zierliche Frauen die auf dem Weg zu ihren Familien waren und die offensichtlich ungefährlich waren, ...da geht noch was.
P.S. (oder wie das heißt): Reflektionsfähigkeit kann man lernen, einfach ausprobieren!
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Rassismus, aufgerufen am 25,06.2015.