Meine Frau und ich wohnen nur zwei Ortschaften von Traiskirchen entfernt. Von der unmenschlichen Lagerhaltung und der „Boot ist voll“-Stimmung merken wir in unserer Gemeinde nichts – zumindest nichts Offensichtliches. Selbst als ich letztens mit dem Auto durch Traiskirchen gefahren bin, wäre mir nicht aufgefallen, dass hier etwas im Argen liegt - ich bin allerdings nur die Hauptstraße entlang gefahren. Man darf auf das Ergebnis der Amnesty-Untersuchung gespannt sein. Was man aber merkt, sobald man das Thema anspricht: Viele Menschen brodeln innerlich vor sich hin wie eine Gulaschkanone beim Feuerwehrfest. Die aktuellen Diskussionen in öffentlichen Foren hinterlassen einen bitteren Beigeschmack. Da lob ich mir doch das Geschmacksknospenerlebnis bei den Florianis – lässt man die Stammtischgespräche außer Acht.
Vorurteile stinken
Das Problem mit den Flüchtlingen ist nicht in erster Linie ihre Gegenwart, es ist die Angst die viele von ihnen haben. Aber ist diese Furcht vor dem Fremden eigentlich notwendig? Woher kommt das? Ich habe schon einmal geschrieben, dass wir alle rassistische Tendenzen in uns hätten, weil wir Menschen sofort nach ihrem Aussehen in Schubladen stecken. Erst wer anfängt darüber zu reflektieren, steht meist über diesen Vorurteilen. Erst wer sich selbst kennt, kann auch andere beurteilen. Ein anderes Problem sind jene unappetitlichen Mythen, die durch die sozialen Netzwerke geistern, an den oft intellektfreien Stammtischen durchgekaut werden und von den Boulevardmedien immer noch weiter angeheizt werden. Selbst grundlegend empathische Menschen fallen darauf rein. Die Vorurteile die auf diesen Mythen beruhen halten sich hartnäckig – oft schon seit Jahrzehnten. Zum Glück gibt es Medien die mit spitzer Feder auch dagegen ankämpfen (zum Beispiel die Online-Redakteure des ORF).
Es darf wieder gerülpst werden
In der immer heftiger werdenden Diskussion zur Flüchtlingsdebatte, werden von beiden Seiten immer die gleichen Argumente ausgepackt – es gibt bist jetzt ja noch keine anderen! Die „besorgten Bürger“ die Angst vor allem Fremden haben und am liebsten hinter einer Mauer leben wollen, geraten immer mehr in den Sog von extremen rechten Meinungen. Heute braucht man sich für Aussagen, die im Grunde nichts anderes sind als Aufrufe zum Genozid, nicht mehr verstecken. Jeder kann seine Blähungen anscheinend rausrülpsen wenn ihr/ihm danach ist. Erst wenige wurden dafür zur Rechenschaft gezogen. Wenn es um das Aufnehmen von Flüchtlingen geht – das durch die Genfer Flüchtlingskonvention übrigens ganz klar geregelt ist – erweisen sich viele ÖsterreicherInnen (auch jene die selbst vor noch gar nicht allzu langer Zeit eingewandert oder zu uns geflüchtet sind)als empathielose Kleingeister. Angeblich steht der Untergang des Abendlandes ja kurz bevor. Wie schrecklich!
Die „Unsrigen“
Es werden Meinungen aus dem Massengrab der Geschichte ausgegraben, die man besser hätte ruhen lassen sollen. Aber selbst weitläufig akzeptierte Aussagen, haben einen sehr bitter-bräunlichen Beigeschmack. Plötzlich ist wieder von den „Unsrigen“ die Rede, die „eigenen Obdachlosen“ werden plötzlich wieder wichtig, die „armen österreichischen Kinder“, die ja viel weniger Geld bekommen als Flüchtlingskinder. In Wahrheit kann all diesen Argumenten ganz leicht der Wind aus den Segeln genommen werden, mit sachlich-fachlichen Argumenten - von menschlicher Anteilnahme ganz zu schweigen. Vielen verängstigten ÖsterreicherInnen, denen es anscheinend so furchtbar geht, ist es trotzdem nicht zu dumm, sich selbst auch weiterhin als „Menschenfreund“ darzustellen. Plötzlich erzählen sie überall von ihren unzähligen exotischen „guten Freunden“, die allerdings allesamt brave BürgerInnen sind. Sie erzählen von ihren guten Taten und das sie jeden Abend für irgendjemanden 200 Rosenkränze beten. Unbewusst wissen sie ganz genau, dass sie sich nicht gerade mit Ruhm bekleckern und suchen dafür sowas wie öffentliche Vergebung. Von mir bekommen sie die nicht.
Wenn man so sein muss um zu den „Unsrigen“ zu gehören, dann will ich bitte keiner davon sein. Lasst mich da raus! Vielen Dank.