Vor allem verdient Irmgard Griss Hochachtung, dass sie als unabhängige Kandidatin ohne eigenen Apparat zur Wahl antritt. Damit war sie im Prinzip die einzige wählbare Kandidatin für mich. Leider war sie nicht imstande, Fragen aus dem Volk, wenn ich hier mal pars pro toto reden darf, zu beantworten.
Schon Anfang Jänner bat ich um eine Stellungnahme zum Thema Klubzwang: Ist der Klubzwang im Parlament verfassungskonform? Was sagt die Verfassung über den Klubzwang? Sehen Sie in der Realverfassung unseres Staates Usancen, die von der geschriebenen Verfassung nicht mehr gedeckt sind?
Die Antwort: „Aufgrund der hohen Anzahl an Anfragen, bitten wir Sie um Verständnis, wenn dies leider nicht zeitnah erfolgen kann. Wir bitten Sie das Kontaktformular für Ihr Anliegen über www.irmgardgriss.at zu nutzen. ... Einen finanziellen Beitrag leisten: Interessensgemeinschaft für Mut und Verantwortung ...
IBAN: ...“
Meine Antwort darauf:
„Liebe Frau Griss,
da Sie die einzige Kandidatin aus der Zivilgesellschaft sind, die reale Chancen hat, möchte ich Sie gerne unterstützen. Ich hab leider kein Geld, aber viele gute Ideen. Ich würde mich über ein konstruktives Gespräch freuen um zu klären, wie ich Sie unterstützen könnte.“
Immerhin erhielt ich eine höfliche Antwort: „leider ist bei Frau Dr. Griss der Zeitplan ziemlich beschränkt. Deswegen können wir außerhalb ihrer Termine ein persönliches Gespräch schwer anbieten.“
Nun, das ist kein Grund beleidigt zu sein. Ich hätte mir ja auch mal die Mühe machen können zu einer ihrer Wahlkampfauftritte zu pilgern. Was mich aber stört: es gibt von der ehemaligen Präsidentin des Obersten Gerichtshofes bis heute keine Antwort auf meine essenzielle Frage: wie weit ist die österreichische Realverfassung verfassungskonform?
Leider findet sich diese Frage auch nicht auf ihrer Liste der „Häufigen Fragen“, und leider finden sich in der Erörterung ihres Amtsverständnisses, so wie bei allen anderen Kandidaten, nur Plattitüden: „Gerade heute ist dieses Amt wichtig. … Eine Bundespräsidentin kann wichtige Themen aufgreifen, sachliche Diskussionen anstoßen und sich für ausgewogene Lösungen einsetzen. Doch das setzt voraus, dass eine Bundespräsidentin wirklich unabhängig ist. Unabhängigkeit darf hier kein bloßes Wort sein: Unabhängigkeit ist eine Haltung. … Ich möchte das Amt der Bundespräsidentin nützen, um mich für mehr Gerechtigkeit einzusetzen. … Mein Ziel ist es, drängende Probleme bewusst zu machen und gleichzeitig dazu zu ermutigen, diese Herausforderungen zu meistern. … Ich will Probleme ehrlich ansprechen und die Dinge beim Namen nennen.“
Es gibt viele Gründe nicht zu dieser Wahl zu gehen. Griss hat mich auch nicht motiviert, meiner Staatsbürgerpflicht nachzukommen, sondern nur einen weiteren Grund geliefert, nicht zu dieser Wahl zu gehen.
Siehe auch Beiträge über Richard Lugner und Alexander van der Bellen.