Salzburg und München sind auf vielfältige Weisen miteinander verbunden. Doch Verbindungslinien überbrücken nicht nur Distanzen, sondern machen auch Parallelen in beiden Städten sichtbar.

Eine der Verbindungslinien zwischen Salzburg und München ist die gleichnamige, am Chiemsee vorbeiführende, Autobahn. Unter Hunderten war dieses blassgraue Betonband eines der renommiertesten Bauprojekte des NS-Generalinspektors für das Straßenwesen und SA-Obergruppenführers sowie späteren NS-Reichsministers für Bewaffnung und Munition, Fritz Todt. Bauingenieur Todt verantwortete nicht nur den Bau tausender Kilometer an Reichsautobahnen, sondern mit der „O. T.“, der Organisation Todt, auch die Errichtung des NS-Westwalls, der Führerhauptquartiere sowie zahlloser weiterer Bauprojekte, sogar die Materialbeschaffung für die Wiener Flaktürme organisierte die O. T. Hunderttausende Arbeiter, Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge waren für Todt im Einsatz.

Die Verbindungen und Parallelen zwischen Salzburg und München sind darüber hinaus auch von jener Art, die oftmals Erinnerungslücken nach sich ziehen. Denn in beiden Städten existieren zahlreiche Straßen, die nach wie vor nach Menschen benannt sind, die zum Teil prächtige Karrieren während der NS-Zeit machten.

So zum Beispiel der Komponist Hans Pfitzner, nach dem sowohl Straßen in Salzburg als auch in München-Milbertshofen benannt sind; ebenso wie in Wien, Köln, Frankfurt, Solingen, Wiesbaden, Nürnberg und weiteren Städten. Der renommierte und vielfach ausgezeichnete Komponist war nicht nur während der NS-Diktatur, sondern bis zu seinem Tod 1949 antisemitisch eingestellt. Er sympathisierte mit der NSDAP und versuchte, auch noch nach 1945 in seinen Schriften die NS-Verbrechen zu bagatellisieren. Hamburg und Münster haben sich 2011 und 2012 übrigens bereits ihrer Pfitzner-Straßen entledigt.

Im Kontrast zu derartigen Karrierewegen sind die Opfer der NS-Diktatur zu bedenken, die es aufgrund ihrer Lebenswege und ihrer Vernichtung in den Konzentrationslagern mehr als verdient hätten, mit Straßennamen geehrt und erinnert zu werden.

Wie die jüdische Malerin Helene Taussig, die sich 1934 in Anif bei Salzburg ein Atelier errichten ließ. Wenige Jahre später, 1940, verlor sie ihr Aufenthaltsrecht, wurde 1941 enteignet, fand kurz in Wien-Floridsdorf, im Altersheim des Klosters der Karmelitinnen Zuflucht, wurde 1942 in das Transitlager Izbica deportiert und in einem der drei Vernichtungslager Belzec, Sobibor oder Majdanek ermordet.

Im selben Zeitraum beauftragte Hitler seinen Architekten Albert Speer 1938 damit, in Baldham, am Stadtrand von München, ein monumentales Atelier für den Bildhauer (und NSDAP-Mitglied) Josef Thorak zu planen und bauen zu lassen. Allein die drei wahnwitzigen Eingangstore des für riesige Figuren und Plastiken ausgelegten Ateliers hatten eine Höhe von etwa 11 Metern. Es ist ernüchternd, dass im Jahr 2017 immer noch eine Straße im Salzburger Stadtteil Aigen nach Josef Thorak benannt ist, jedoch keine Straße in Salzburg existiert, die den Namen des NS-Opfers Helene Taussig trägt.

Einem historisch gewachsenen Zynismus gleich erinnert in München auch heute noch eine Straße im Stadtbezirk Neuhausen-Nymphenburg an Friedrich Hilble. Hilble war ein „äußerst pflichtgetreuer“ städtischer Beamter in München, der sich mutmaßlich in den 1930er-Jahren durch „uneingeschränkte Loyalität“ zum NS-Regime „höchst verdient“ gemacht hatte. Ein Blick auf die Straßenkarte Münchens zeigt, dass die Hilblestraße direkt auf die Dachauer Straße stößt! Ist das ein Zufall, verkehrsplanerisches Versehen, oder nur eine verwaltungstechnische Geschmacklosigkeit? Solche Straßen dürfen einander nicht berühren, denn solche Berührungspunkte werden niemals zu Brücken.

Im Bezug auf die Vielen, die damals auf der falschen Seite der Geschichte standen, gilt, was der deutsche Philosoph Theodor W. Adorno in seinen ethischen Reflexionen vermerkte: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen."

Dominik Schmidt, Konstanze Sailer

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