Beitrag aus Georgien von Michael Khachidze
@michaelkhachidze Michael Khachidze
Die Geschichte des Medienmachers Nika Gwaramia zeigt, wie Georgiens Machthaber gegen kritische Medien vorgehen. Gwaramia, einer der bekanntesten Journalisten des Landes, führte einen der bedeutendsten unabhängigen TV-Kanäle im Land: „Mtavari“, jetzt sitzt er im Gefängnis.
Der Sender Mtavari deckte auf, wie die georgische Regierung Moskau hilft und wie Moskau die georgische Regierung beeinflusst. Senderchef Gwaramia wurde deshalb gefasst und hinter Gitter gebracht.
Offiziell sitzt er ein, weil er seiner Frau ein Auto seiner TV-Station überlassen hatte, um mit dem Hund in den Park Gassi zu gehen(Kosten: 24 000 Euro). Allerdings liegt es nahe, dass seine Inhaftierung eine Art Rache des Oligarchen Iwanischwili ist. Denn es waren Gwaramia und sein Fernsehen, die das Regime mehr als einmal bloßstellten.
@michaelkhachidze Nika Gwaramia
In einem aus dem Gefängnis geschmuggelten Brief sagt Gwaramia, dass die Zukunft Georgiens in den Händen der Georgier liege. In dem Schreiben bringt er seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die Nation für eine bessere Zukunft kämpfen wird.
„Der Krieg in der Ukraine hat nicht nur in Georgien alles deutlich gemacht. Der Sieg der Ukraine wird die Trennlinie zwischen der hellen und der dunklen Seite der Geschichte noch deutlicher machen und zeigen, wer wo steht. Wir sollten jedoch auch verstehen, dass der Sieg der Ukraine in Georgien die Situation nicht automatisch ändern kann. Der Schlüssel zur Zukunft Georgiens liegt weder in Kyjiw, noch in Brüssel, noch in Washington. Es ist hier in Georgien und nur Georgier können unser Land in eine glänzende Zukunft führen oder es für immer in der dunklen Gegenwart zurücklassen“- so Gwaramia.
@michaelkhachidze Gwaramias Kassiber an Michael Khachidze aus dem Gefängnis auf Georgisch.
„Nika ist ein Gefangener des russischen Regimes“- meint Gwaramias Ehefrau Sofo Liluaschwili. Wenn es die Regierung in Tbilissi mit den EU-Ambitionen ernst meine, führe kein Weg an mehr Pressfreiheit vorbei – sagt sie weiter.
„Nika ist der einzige inhaftierte Medienmacher in Georgien. Er sitzt seit einem Jahr rechtswidrig in Haft, nur weil er seiner Arbeit beruflich nachging. Seit einem Jahr hören wir so harte Berichte von Menschenrechtsorganisationen wie Freedom House, und das ist wirklich bemerkenswert, denn heute ist ein sehr wichtiger Moment für unseren Staat. Wir haben immer noch die Chance zu beweisen, dass wir Georgier würdig sind, uns dem Westen anzuschließen, dem zivilisierten Teil der Welt, und dass für alle zivilisierten und demokratischen Länder der Welt ein freies Medienumfeld und Redefreiheit wichtig sind, und wenn wir es nicht haben, wird es für uns sehr schwierig sein, unser Ziel zu erreichen“,- sagt Sofo Liluashvili.
@michaelkhachidze Sofo Liluashvili - Gwaramias Ehefrau
Und in der Tat – einer der Gründe, warum Georgien von der EU auf der Liste der Beitrittskandidaten zurückgestuft wurde, ist die Inhaftierung des 46 Jahre alten Gwaramia. Sein Fall ist Teil der 12-Punkte-Aufgabe der Europäischen Kommission, die der georgischen Regierung zur Vorbereitung übergeben wurde. Der siebte Punkt betrifft hier die Freiheit der Medien.
Das EU-Parlament und die georgische Opposition sehen in ihm einen politischen Gefangen. Sie glauben, dass er eine Geisel Russlands und seiner Marionetten-Regierung in Tbilissi ist.
„Gwaramias Inhaftierung ist zynisch und dient dem einzigen Zweck. Es ist eine Botschaft an alle: Wenn Sie ein Gegner sind und eine kritische Meinung zu Iwanischwili und dem russischen Traum haben, kann ich Sie verhaften“- Das gab Levan Khabeishvili, der Vorsitzende der größten Oppositionspartei Georgiens, Vereinte Nationale Bewegung, bekannt.
„Sie wollen die Menschen einschüchtern, indem sie Nika einsperren, damit niemand seine Stimme erheben und etwas anderes sagen kann. Zurabischwili verfügt über ein Werkzeug, um einen der 12 Punkte umzusetzen und diese Person freizulassen. Nikas Freiheit ist wichtig für die Zukunft Europas. Wenn der ehemalige Präsident Saakaschwili, der mit Putin gekämpft hat, verhaftet wird und auch der Direktor des wichtigsten Oppositionskanals verhaftet wird, sind solche Leute in der Europäischen Union nicht willkomen“- sagt Khabeishvili.
@michaelkhachidze Levan Khabeishvili - der Vorsitzende der größten Oppositionspartei Georgiens, Vereinte Nationale Bewegung
„Freiheit von Nika“- Unter diesem Motto fand in der Nähe der Residenz des georgischen Präsidenten eine Kundgebung zur Unterstützung von Gwaramia statt. Bürger, Vertreter verschiedener Fachbereiche, Ärzte, Schriftsteller, Historiker, Journalisten, Politiker vereint heute nur eine Mission – für die europäische Zukunft. Denn die Freilassung von Nika Gvaramia gilt als einer der wichtigsten und entscheidenden Faktoren für eine europäische Zukunft. Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili kann Gwaramia begnadigen und das Land näher an Europa heranführen. Das ist die Forderung der Teilnehmer der Kundgebung.
@michaelkhachidze „Freiheit von Nika“- Kundgebung zur Unterstützung von Gwaramia in Tbilissi
"Die Inhaftierung von Saakaschwili und Gvaramia ist inakzeptabel",- sagt eine der Oppositionsführer Nika Melia, der ebenfalls bei der Kundgebung anwesend war.
"Es ist nicht erlaubt, politische Inhaftierung zur Norm zu machen. Ich möchte hoffen, dass Surabischwili die richtigen Schritte unternimmt" – fügt er hinzu.
@michaelkhachidze Nika Melia - Oppositioneller, Politiker
Eliso Kiladze, Journalistin und Chefredakteurin eines der wichtigsten kritischen Medien, "Qronikaplus" erklärt, dass die europäische Zukunft Georgiens und der Weg zur Freiheit nicht über das Gefängnis führen.
"Depolarisierung bedeutet die Freilassung politischer Gefangener. Der Weg zur Freiheit Georgiens und zur europäischen Zukunft führt nicht über das Gefängnis. Ich möchte, dass die Präsidentin von Georgien das versteht. Wenn sie sagt, dass sie den Westkurs und die Depolarisierung des Landes unterstützt, sollte sie uns das in der Tat zeigen. Der Punkt ist, dass sie Gvaramia und Micheil Saakaschwili begnadigen sollte" – sagt Kiladze.
@michaelkhachidze Eliso Kiladze - Chefredakteurin der kritischen Zeitung "Qronika Plus"
Die Präsidentin sollte der Illegalität ein Ende setzen - sagt eine andere Journalistin, die berühmte Fernsehmoderatorin Tamuna Chikhladze.
"Die Verfolgung von Medienmanagern ist ein Problem, die Präsidentin sollte nicht nur auf die Bürger, sondern auch auf die Europäer hören. Zu diesem Zeitpunkt bleibt sie nur eine Kommentatorin, sie beweist nicht, dass sie Europäerin ist. Nika Gvaramia ist unschuldig. Seine Inhaftierung ist illegal. Mit dieser Begnadigung kann die Präsidentin der Gesetzlosigkeit ein Ende setzen und ein Fenster auf den Weg nach Europa öffnen"- meint die Fernsehmoderatorin.
@michaelkhachidze Tamuna Chikhladze - Fernsehmoderatorin
Hintergründe;
Bidzina Iwanischwili sorgt für das politische Klima in Georgien. Er wird als Moskauer Oligarch bezeichnet.
▶ Die Regierung Iwanischwili versucht, sich Russland anzunähern, während sich die Welt von Russland entfernt.
▶Vor nicht allzu langer Zeit haben Moskau und Tbilissi ihre bilateralen Flüge wieder aufgenommen, weshalb Georgien sogar westlichen Sanktionen drohen.
▶ Ex-Staatschef Micheil Saakaschwili (55) liegt mit einer nicht behandelten Schwermetall-Vergiftung und nach einem Schauprozess als politischer Gefangener totkrank im Knast.
▶ Über Troll-Fabriken und regierungstreue oder Moskau-nahe Firmen werden im Internet Hetz- und Schmutzkampagnen gegen alles „Liberale“ oder „Westliche” geführt.
▶ Oppositionelle Medien werden verboten, kritische Journalisten angegriffen oder eingesperrt.