Wir sollten Strache und Gudenus dankbar sein – Das Offensichtlichwerden ihrer Haltlosigkeit im Ibiza-Video verhinderte – zumindest fürs erste - eine Übernahme der Republik durch die FPÖ.
„Die FPÖ macht wenigstens keinen Hehl daraus – sie will einen Staat à la Órban: Mit einem Anführer, der sich die Gesetze von abhängigen Parlamentariern so basteln lässt, wie es sie braucht, mit Oligarchen, die Wirtschaft und Medien dominieren, mit einer Bürokratie, die sich nicht dem Staat, sondern der Führung gegenüber loyal fühlt, mit einer völkisch und/oder religiös überhöhten Staatsidee und mit Bürgern, die nicht viele Fragen stellen,“ (Brandstätter 2019).
Die Lektüre von Helmut Brandstätters Buch: „Kurz und Kickl – Ihr Spiel mit Macht und Angst“ macht nicht glücklich. Ja, das Pamphlet ist eilig geschrieben; es stand die Nominierung des Autors als Kandidat für ein Neos-Nationalratsmandat an. Herausgekommen ist nicht eben ein großer journalistischer Wurf. Alles, was Brandstätter an Details der Regierungsarbeit von Türkis-Blau vorbringt, hat man anderswo schon gelesen. Und doch verhärtet sich im Laufe der Lektüre der Verdacht, dass da von einem prononzierten Bürgerlichen nicht nur Frust eines ins Abseits gestellten Parteigängers a la Reinhold Mitterlehner (sein Buch Haltung rechnet vor allem mit der Verratsgeschichte samt abschließender Demontage durch Sebastian Kurz) abverhandelt wird. Hinter den Zeilen zeichnen sich die Umrisse eines Staatsstreiches durch die FPÖ ab, dessen Realisierung durch die Veröffentlichung des Ibiza-Videos fürs erste vereitelt wurde.
Seiner Profession als Journalist und Medienvertreter entsprechend verhandelt Brandstätter in erster Linie die neue Qualität der Gängelungsversuche von Medien durch ein ganzes Heer an neuen Staatsfunktionären, die für ein umfassendes System von „Message Control" stehen (als Chefredakteur und Herausgeber des Kurier weiß der Autor da viel zu berichten. Die abrupte Änderung der Blattlinie unmittelbar nach seinem Ausscheiden und der Installierung seiner Nachfolgerin Martina Salomon machen die Wirkungen unmittebar deutlich). Politisches Kalkül des Systems Kurz war es, das prekäre Spannungsverhältnis zwischen Politik und Medien auszuhebeln und damit ein entscheidendes Instrument der demokratischen Kontrolle außer Kraft zu setzen.
Österreich war auf dem Weg in eine autoritäre Staatsform
Hinter diesen medialen Nebengranaten aber deuten sich die Belege einer (gerade noch) verhinderten Machtergreifung einer Clique rund um den freiheitlichen Innenminister Herbert Kickl an, der in und rund um seine Ressortzuständigkeit gezielte Maßnahmen zur Errichtung einer autoritären Staatsform gesetzt hat. Genau darüber reden ja Strache und Gudenus die ganze Zeit im Ibiza-Video: Wie es sein würde, hätten sie einmal die ganze Macht übernommen. Sie skizzieren genau das Szenario einer staatlich sanktionierten Bereicherungsstrategie einer kleinen Politikerkaste auf Kosten der für dumm erklärten Wähler*innen, auf das sich Österreich im Fall einer Regierungsübernahme durch die FPÖ zubewegen würde. Geht es nach Brandstätter, dann hat Sebastian Kurz die Veröffentlichung des Ibiza-Videos dazu benützt, um nach langem Zuschauen endlich doch die Reißleine zu ziehen und Kickl zu hindern, seine Ambitionen der umfassenden Machtergreifung in die Tat umzusetzen.
Von Machtgeilheit, politischer Inhaltslosigkeit und Burschenschaftern, die in alter Tradition genau wissen, wo es politisch lang gehen soll
Die Vorgeschichte ist einfach erzählt. Getrieben vom eigenen Machtanspruch gelingt es Sebastian Kurz mithilfe einer gut vorbereiteten Strategie, eine inhaltlich ermüdete ÖVP zu kapern und für seine persönlichen Ambitionen zu instrumentalisieren. Nach seinem fulminanten Wahlsieg entscheidet er sich für eine Koalition mit der FPÖ, nachdem er bereits im Wahlkampf die zentralen Positionen der rechtsextremen Fraktion übernommen hat.
Selbst inhaltlich ohne jede Fundierung meinte er zu Beginn, mit der FPÖ leichtes Spiel zu haben. Allzu sehr vertraute er auf eine ideologische Wandelbarkeit auch der Strache-Truppe. Diese würde für ihre Klientel zwar immer wieder rechtsradikale Köder auslegen. Diese aber hätten keine allzu großen Auswirkungen auf eine akkordierte Regierungspraxis („Nur nicht streiten“). Allfällige Ausrutsche könne man als „Einzelfälle“ abtun. Im Übrigen würde man sich auf ein formal demokratieverträgliches Politikmodell einigen, mit dem Kurz „Österreich verändern und das Land zurück an die Spitze führen wollte“ (So Kurz im Wahlkampf 2017). Auf diese Weise werde es gelingen, die österreichische Gesellschaft dem Regime neoliberaler Verungleichung auszuliefern zu können. Als wirksame Begleitmusik hatte die FPÖ in den letzten Jahren ein umfassendes rhetorisches Instrumentarium zur Vertiefung der sozialen Gräben entwickelt, das es nunmehr galt, mit vereinten Kräften unter die Leute zu bringen.
Unterschätzt haben die Spin-Doktoren rund um Sebastian Kurz offenbar die geänderten Machtstrukturen innerhalb der FPÖ. Dort hatte in den letzten Jahren ein Kern deutschnationaler Burschenschafter das Heft in die Hand genommen. Dieser wollte sich nicht mehr darauf beschränken, biertrunkene Sprüche gegen Ausländer zu klopfen sondern die Staatsmacht an sich zu reißen. Und so war Kurz (und mit ihm ganz Österreich) zunehmend mit einer FPÖ-Doppelstrategie konfrontiert: Während sich Strache schon rein äußerlich einem bürgerlichen Habitus anzunähern suchte und sich in staatstragender Funktion gegen nationalsozialistische Wiederbetätigung seiner Kameraden aussprechen durfte, kam Kickl die Aufgabe zu, innerhalb der Exekutive harte Fakten zur Übernahme der Republik zu schaffen.
Brandstätter beschreibt detailliert den Aufbau von Präteritorianer-Garden innerhalb der Polizei, die nicht dem Innenministerium sondern direkt der FPÖ unterstellt waren. Ziel und Angelpunkt der FPÖ-Strategie was das BVT, das einerseits über sensible Daten zur Involvierung von führenden FPÖ-Funktionären in neonazistische Umtriebe (siehe die zweifelhafte Umgangsweise mit den Identitären) verfügte und sich andererseits dafür nutzen ließ, belastendes Material über den Koalitionspartner zu sammeln.
Da muss selbst dem ansonsten am rechten Auge völlig blinden Sebastian Kurz eine Ahnung gekommen sein, dass hier eine Revolte aus den eigenen koalitionären Reihen gegen ihn angezettelt werden könnte. Vieles spricht für die Annahme, dass der innere Kreis um Kurz um die Existenz des Ibiza-Videos wusste, das ja bereits 2017 und damit vor den letzten Wahlen gedreht wurde. Irgendwann wird sich herausstellen, ob die Kurz-ÖVP die Veröffentlichung des Videos selbst lanciert oder bloß als ein Geschenk des Himmels entgegen genommen hat, um der drohenden Gefahr einer Entmachtung durch eine FPÖ, die zu viel weiß, zu begegnen.
Dieser Gefährdung der eigenen Machtbasis galt es mit einem dramatischen Kurswechsel Einhalt zu gebieten. Und – wie von Wolfgang Schüssel gelernt – rasch zu reagieren. Schon am Tag nach der Veröffentlichung des Videos, in denen Strache die Konturen einer von der FPÖ verwirklichten neuen Verfasstheit Österreichs wortreich geschildet hatte, trat dieser nach Absprache mit Kurz von seinen staatlichen Funktionen zurück. In seiner Chronologie der Ereignisse weist heute Strache in irrlichternden Interviews von Russia today bis zum ORF wehleidig darauf hin, er – wohl aus Dank für seinen Rücktritt – von Kurz die Zusage erhalten, dass nach seinem Ausscheiden aus der Regierung die Koalition weiter geführt werden könne.
Kurz ging es nie um Strache sondern immer um Kickl
Wir alle erinnern uns an den Samstag, den 18.Mai, als Strache um die Mittagszeit öffentlich seinen Rücktritt erklärte und Kurz danach eine öffentliche Erklärung abgeben wollte. Das tat er aber nicht, stattdessen trat in der Republik Funkstille ein. Erst am Abend verkündete Kurz seine Entscheidung, die Kooperation nicht nur mit Strache sondern mit allen FPÖ-Regierungsmitgliedern aufkündigen zu wollen.
Brandstätter zwischen den Zeilen lesend läuft meine Vermutung darauf hinaus, dass es zu diesem Zeitpunkt Kurz um Strache gar nicht (mehr) gegangen ist. Sein Bauernopfer machte den Weg frei, das Ausscheiden seines eigentlichen Gegners, des Innenministers Herbert Kickl und gab ihm die Gelegenheit, die Entfernung seiner Gefolgsleute von den Hebeln der Macht zu verlangen. Das hieß für alle anderen FPÖ-Minister*innen: mitgehangen, mitgefangen. Diese Entscheidung bedurfte freilich ein paar Stunden Zeit, auch um hinreichende Argumente zu finden, deren Erläuterung mit keinem Wort auf das zentrale Gefecht zwischen Kurz und Kickl als Machtrivalen hindeuten sollte, um statt dessen auf prozedurale Unvereinbarkeiten zu verweisen (so hieß es u.a. Kickl könne in seiner Funktion als Innenminister nicht glaubwürdig als oberste Aufsicht bei der Aufklärung des Wahrheitsgehaltes seines Parteifreundes Strache im Ibiza-Video fungieren).
Im Licht der Machtambitionen von Kickl und seiner Burschenschafter-Riege gewinnen die Aussagen Straches im Video eine besondere Bedeutung. Immerhin bezieht sich Strache mehrfach auf die Errichtung einer von Victor Orbán inspirierten illiberalen Demokratie auch in Österreich, damit genau auf eine Realverfassung, die Kickl drauf und dran war, konkret in die Tat umzusetzen. Als führender Funktionär einer Partei, die schon unter Jörg Haider die Errichtung einer „dritten Republik“ annonciert hatte, agierte Strache in den Verhandlungen mit der Oligarchen-Nichte nicht als von Drogen beeinträchtigter Privatmann sondern als rhetorische Verkörperung von FPÖ-Ambitionen, von denen seit dem FPÖ-Regierungseintritt mehr in die Tat umgesetzt worden sind, als der Mehrheit der Österreicher*innen lieb sein kann (die aktuellen Untersuchungen der Staatsanwaltschaft in der Glückspiel-Szene machen das deutlich: https://www.derstandard.at/story/2000107362366/razzia-bei-strache-gudenus-co-wegen-casinos-postenschachers)
"Und Strache ist ein ehrenwerter Mann"
In seiner Analyse der jüngsten Strache-Verteidigung nach einer Hausdurchsuchung übernahm Peter Filzmaier im ORF-Interview die Rhetorik Mark Antons aus Shakespeares Julius Cäsar (http://www.rhetorik-netz.de/marc_ant ). Er wollte damit den Widersinn von Straches Argument deutlich machen, dass alles, was er da in insgesamt sieben Stunden von sich gegeben habe, eine eruptive Einmaligkeit dargestellt habe („Ich war nicht Ich selbst“), die sich auf keinerlei akkordierte Strategie innerhalb seiner Partei zurückführen lasse. Er sei ja ein ehrenwerter Mann und habe außerhalb der Villa nie und niemals Böses für Österreich im Schilde geführt. Und so tönt er ja in seiner Verteidigung selbst, wenn er von sich sagt, eine „weiße Weste“ zu haben (https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/5675107/ExFPOeChef-plant-Comeback_Strache_Ich-war-noch-nackt-als-die).
Zweifel könnten spätestens dort aufkommen, wo Strache davon gesprochen hatte, in Österreich ungarische Verhältnisse herstellen zu wollen. Immerhin gibt es auch von anderen prominenten FPÖlern vielfältige Wohlwollens-Bekundungen gegenüber dem Orbán-Regime. Und jetzt soll mir noch jemand erklären, was ganze Kohorten an FPÖ-Neuzugängen in den staatlichen Administrationen (Stichwort: Generalsekretäre und ihre Entourage) daran gehindert haben sollte - an die Schalthebeln gekommen- die so bewunderte autoritäre Staatsform in Ungarn auch in Österreich umzusetzen? Es spricht fast alles dafür, dass Kickl als Mastermind der FPÖ genau deswegen in den Maschinenraum der Machtzentrale geschickt wurde, um nicht nur die rhetorischen sondern jetzt auch die faktischen Voraussetzungen für eine nachhaltige Veränderung der Staatsverfassung zu Gunsten seiner Parteigäner*innen zu erzwingen.
In dieser Interpretation war Strache in Ibiza freilich nicht von einem extraterrestrischen Einflüsterer gepeinigt sondern hat einfach und ungeschminkt Auskunft darüber gegeben, was eine an die Macht drängende FPÖ umtreibt, ohne von ihrem Koalitionspartner wirksam eingehegt zu werden (Die besondere Pointe besteht dabei, dass die Frage der Migration und damit das behauptete Kernthema der FPÖ (und damit auch der ÖVP) keinerlei Rolle spielt. Und wir erfahren so, dass es sich dabei bestenfalls um ein Markenzeichen für eine verängstigte Wählerschaft handelt, hinter der sich schon in Ermanglung eines signifikanten Zuzugs die eigentlichen Machtansprüche, wie sie Strache im Video so unverblümt zum Ausdruck gebracht hat, verbergen).
Was der Historiker-Bericht auf keinen Fall erzählen darf
Die FPÖ hat in diesen Tagen eine 39seitige sogenannte „Kurzfassung“ eines Historiker-Berichts veröffentlicht (https://www.profil.at/oesterreich/fpoe-historikerbericht-blamage-10896404?fbclid=IwAR0zLagbvEwf_jfZHs3oyzm8z4m6YVr-nKJSCKy7MUr0aunfNUFlXUHIMWQ). Dieser habe laut dem Vorsitzendem Wilhelm Brauneder ( https://www.profil.at/oesterreich/wilhelm-brauneder-fpoe-kommission-9033454) vor allem eines ergeben: Dass die FPÖ eine Partei eine „normale Partei“ wie jede andere innerhalb des Verfassungsbogens sei.
Brauneders Reputation als Universitätsprofessor und ehemaliger Dritter Nationalratspräsident in Ehren. Und doch ist Aussage weniger denn je wahr. Zeitgeschichter*innen wie Margit Reiter haben zuletzt noch einmal akribisch die beherrschenden neonazistischen Einflussnahmen schon bei der Gründung (und in Abgrenzung vom national-liberalen VdU) nachgewiesen (https://www.spiegel.de/politik/ausland/fpoe-margit-reiter-analysiert-die-geschichte-der-rechtspopulistischen-partei-a-1268544.html). Von diesen hat sich die FPÖ in all den Jahren ihrer Existenz in ihrer extremistischen Substanz nicht befreit (wohl der entscheidende Grund, warum nicht parteigebundene Kenner*innen der FPÖ-Geschichte wie Margit Reiter vom Wiener Institut für Zeitgeschichte erst gar nicht als Mitverfasser*innen eingeladen wurden) . Selbst dem wahrlich nicht zimperlichen und doch politisch so chamäleonesken Jörg Haider ist es während der schwarz-blauen Regierung Schüssel nur für eine kurze Zeit gelungen, eine für die Regierungsarbeit notwendige Balance zwischen national-liberalen und autoritär anti-demokratischen und verfassungsfeindlichen Kräften in „seiner“ Partei aufrecht zu erhalten. Seine Antwort mit der Gründung des BZÖ als nicht nazistisch infiltrierter national-liberaler Ansprechpartner sollte sich als ein politischer Fehlschlag erweisen.
Bitterer Beigeschmack: Es ist ausgerechnet der frühere sozialdemokratische Stadtschulratspräsident und Sonderbeauftragte der Stadt Wien für Restitutions- und Zwangsarbeiterfragen Kurt Scholz, der in seinem Beitrag für den Historiker-Bericht – durchaus im Wissen um die aktuelle verfassungsfeindliche Radikalität der Partei – die sukzessive Weiterentwicklung der FPÖ zu einer irgendwie normalen, auf demokratischen Grundlagen stehenden Partei beschwört: https://www.docdroid.net/gZn0xK2/vom-vdu-zu-erich-fried-historikerkommission-fpo-2018-08-19.pdf?fbclid=IwAR3KE2yzyp5mFwgqdHCmDmDlUUru4FBbufLzDpqGplyuf0nJAUx49Dxmxsc#page=12). Henning Scharsach kam mit der Veröffentlichung seines Buches „Stille Machtergreifung“ (https://kurier.at/politik/inland/scharsach-ueber-die-fpoe-rechtsextreme-akademiker-clique/283.584.852) zu einer ganz anderen Einschätzung: War die FPÖ von 2000 bis zumindest 2005 (dem Jahr der Abspaltung des BZÖ) in der Tat in einer Phase der kontroversen Auseinandersetzung mit dem Ziel einer Etablierung einer, vom alten Nazi-Mief weitgehenden befreiten rechts-liberalen Partei so hat in der aktuellen FPÖ-Formation ein kleiner Kreis an rassistischen und verfassungsfeindlichen Burschenschaftern das Heft an sich gerissen, um mit einer ideologiefreien ÖVP als Steigbügelhalterin dauerhaft die Macht in der Republik zu übernehmen. „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist“, meinte der knapp unterlegene Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer, der sich jetzt nach dem Ausfall von HC Strache anschickt, das nette Gesicht einer Partei zu verkörpern, die seit 2017 ihre vorrangige Aufgabe darin gesehen hat, die Grundfesten der Republik zu unterminieren.
Die Abwahl der gesamten Bundesregierung samt Neuwahlen sollte nicht vergessen machen, dass der mit dem Video augenscheinlich gewordene grundsätzlicher Konflikt über die demokratische Zukunft Österreichs damit zwar unterbrochen aber beileibe nicht beendet ist.
HC Straches Verhalten sagt mehr über die FPÖ als tausend Seiten Historiker-Bericht
Das Insistieren Kicks auf die Funktion des Innenministers auch in der nächsten Bundesregierung zusammen mit der Mantra artigen Wiederholung anderer FPÖ-Funktionäre, die bewährte Regierungsarbeit gemeinsam mit der ÖVP fortsetzen zu wollen, lassen darauf schließen, dass die führenden Kräfte innerhalb dieser rechtsextremen Partei (die sich aktuell weigert, ein Verbot der Identitären auch nur anzudenken) den Plan nicht aufgegeben haben, eine Republik a la Orbán zu installieren.
Aus der Sicht der FPÖ stellt größte Gefahr für eine Behinderung ihrer Machtambitionen nicht Kurz da; er kann sich im Glauben wiegen, ohne Kickl als Innenminister das Heft wieder fest in die Hand zu bekommen – wo es hingehen soll, das werden die laufenden Meinungsbefragungen schon weisen. Die größere Gefahr für die weitere Zusammenarbeit bedeutet zur Zeit Strache, wenn er drauf und dran ist, seine Diktion als staatstragender Besänftiger zu verlassen und sich in seinem Wunsch, seine gekränkte Ehre zu retten, zu radikalisieren. Damit handelt er im Sinne der Partei nicht klug; aber auch in rechtsradikalen Kreisen grassiert die Dummheit und macht ihre Exponenten besonders gefährlich.
Bitte genau hinhorchen: In der Verfolgung seiner individuellen Ambitionen wäre er der prototypische Vertreter einer Umsturzpartei, dessen Erscheinungsbild er als staatlicher Funktionär mühsam zu kaschieren versucht hat. Mit seinem aktuellen Habitus trägt er ungewollt bei zur Wahrheitsfindung über eine Partei, bei die in ihrem historischen Verlauf als die Allmacht herbeiphantasierende Repräsentanz einer völkischen Elite bis heute alles andere sein will als eine „ganz normale Partei“.
Es wird an den Wähler*innen liegen zu verhindern, dass diese Form der Unnormalität das künftige Schicksal Österreichs bestimmt
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