Über den Hass auf die Eliten und den Bedeutungsverlust von Schulen

In diesen Tagen erscheint der Roman von Julian Barnes "Der Lärm der Zeit" zum Leben von Dmitri Schostakowitsch. Im Zentrum steht dabei das künstlerische Schaffen des sowjetischen Komponisten, der gegen jede Wahrscheinlichkeit den eigenen Untergang überlebt. Während er gefordert war, die von Stalin persönlich überwachte kulturpolitische Parteilinie zu befolgen, geriet er mit einigen seiner "dissonanten" Werke unter Verdacht, zu einem "Speichellecker" der Bourgeoisie und ihres überfeinerten Kunstgeschmacks geworden zu sein. Zu Beginn der Geschichte sehen wir einen durch und durch verängstigten Menschen mit einem Köfferchen voller Leibwäsche auf dem Stiegenabsatz seiner Wohnung auf seine Häscher warten. Am Ende lässt ihn der Diktator leben und zwingt ihn stattdessen, den existentiellen Wiederspruch zwischen seinen künstlerischen Ansprüchen und den engen Vorgaben der sowjetischen Führung zu leben.

Begründet wurden diese Todesdrohungen, denen in der Zeit der großen Säuberungen viele KünstlerInnen und Intellektuelle zum Opfer fielen, mit dem Anspruch des ersten Führers der Sowjetunion Wladimir Iljitsch Lenin, wonach alle Kunst "dem Volk gehöre" und damit jede Kunstäußerung unmittelbar dessen Wohlergehen zu dienen habe. Jede Abweichung von diesem Prinzip sei gnadenlos zu bestrafen.

Die Geschichte der kompromittierten künstlerischen Existenz von Dimitri Schostakowitsch scheint mir paradigmatisch für die globale Infragestellung einer liberal-demokratisch verfassten Gesellschaftsordnung, zu deren Wesenselementen die Vielfalt unterschiedlicher, zum Teil konfligierender wissenschaftlicher und künstlerischer Positionen gehört. Wieder geraten insbesondere KünstlerInnen und Intellektuelle unter Generalverdacht, wenn ihnen unterstellt wird, sie würden als eine parasitäre Klasse die Interessen des Volkes verraten, dem es ohne deren Zutun weit besser gehen könnte. Und die politischen Wegbereiter einer Abkehr von demokratischen Verhätlnissen sehen es als eine ihrer ersten und vordringlichsten Aufgaben, die künstlerischen und wissenschaftlichen Produktionsbedingungen nachhaltig zu zerstören. (Erst in diesen Tagen hat Donald Trump ein weiteres Wahlversprechen wahrgemacht und die Mittel für die National Endowments for the Arts and Humanities gestrichen. Und auch andere Rechtspopulisten wie Geerd Wilders in den Niederlanden kündigen an, im Fall eines Wahlsiegs die öffentlichen Mittel für die Künste zu streichen.)

Das Bestehen auf demokratische Errungenschaften als Projekt einer Intellektuellenverschwörung

Was sich hier abzeichnet ist das politische Ausschlachten einer Tendenz, die Jens Jessen in der jüngsten Ausgabe von "Die Zeit" (2017/Nr. 8, S. 43) als "Hass auf die da oben" beschreibt. Er bringt damit eine zunehmend mehrheitsfähige Stimmungslage zum Ausdruck, wonach sich eine selbsternannte Elite verschworen hätte, den einfachen Leuten zu schaden. Ihre wesentliche Ressource wäre nicht das Geld, sondern Bildung, die auf den abgehobenen sozialen Status der Begünstigten verweisen würde, die schlicht nicht mehr wüssten, was wirkliche Not ist.

Nun ist die Geschichte der traditionellen politischen Parteien voll mit anti-intellektuellen Ressentiments. Aber das Aufkommen rechtspopulistischer Bewegungen macht ganz offensichtlich Antiintellektualismus zu einem Kernelement der politischen Rhetorik, die ganz offensichtlich auf breite Zustimmung trifft. Zur Disposition steht also wieder einmal eine Gruppe, die bislang als Mitwirkende an der Ausgestaltung des öffentlichen Raums wesentlich für die Aufrechterhaltung eines kulturellen Kontextes verantwortlich waren. Diese stand bislang für den Zusammenhalt der nationalen Gesellschaft, der durch das individuelle Gewinnstreben ihrer MitgliederInnen nicht gewährleistet werden konnte. Im Kern geht es um die Infragestellung der im Bereich der Wissenschaften und Künste tätigen Menschen. Ihnen soll die Funktion als MeinungsbildnerInnen abgesprochen werden, wenn sie der Aufgabe nachgehen, über die Bedingungen zur Gestaltung einer besseren Welt, die über die unmittelbaren Notwendigkeiten wirtschaftlichen Handelns hinausgehen, nachzudenken. Und doch sind sie es, die bislang den öffentlichen Raum mit immer neuen Ideen und Vorstellungen beliefert haben, der nur so als Ort kollektiver Vernunft gedacht werden kann. Ihr zentraler Rohstoff war und ist die Kritik am Bestehenden.

Es ist kein Wunder, wenn eine der ersten VertreterInnen des Neoliberalismus Margaret Thatcher bereits in den 1980er Jahren mit der Losung angetreten ist: "There is no such thing as society." Damit wollte sie auch zum Ausdruck zu bringen, dass ihr die Existenz einer Gruppe von gebildeten Menschen, die bereit und willens sind, sich über die notwendigen Bedingungen für ein, über das individuelle Eigeninteresse hinausgehendes Zusammenleben zu verständigen, herzlich egal ist.

Nun war die Beziehung der "einfachen Leute" zu den gebildeten Schichten immer eine prekäre. Wie kein anderer hat sich Antonio Gramsci in seinen Gefängnisaufzeichnungen in den 1930er Jahren mit diesem Verhältnis auseinandergesetzt und ist zum Schluss gekommen, dass ihre VertreterInnen dazu tendierten, die Interessen der BesitzstandswahrerInnen zu vertreten. Dazu entwickelte er das Konzept des "organischen Intellektuellen", der das gesellschaftliche Leben nicht nur mit wissenschaftlichen Regeln, sondern in gleicher Weise durch die Sprache der Kultur, die Gefühle und Erfahrungen gestalten würde, ohne dass er in der Lage wäre, dies breiten Teilen der Bevölkerung zu vermitteln.

Um dieser Abgehobenheit der Intelligenz von den "einfachen Leuten" entgegen zu wirken, vertrat Gramsci die politische Forderung, eine ihnen eigene Kultur der Arbeiterklasse zu schaffen. In einer, die Interessen der arbeitenden Menschen hinlänglich berücksichtigenden Gesellschaft solle jede/r zunehmend auch die Funktion eines/r Intellektuellen einnehmen. Hierzu bräuchte es ein Bildungssystem, in dem Zugehörigkeit zur Arbeiterschaft und zur Intelligenz keinen Gegensatz darstellen sollte. Dieses Bildungssystem würde nicht mehr auf der strukturellen Entfremdung von KünstlerInnen und WissenschafterInnen von ihren sozialen Ursprüngen beruhen, sondern eine neue soziale Organisationsform der Bildung ermöglichen, die dem Prinzip einer auf sozialen Ausgleich abzielenden Gesellschaft folgt. Die bereits bestehenden intellektuellen Tätigkeiten der Menschen sollten durch diese neue Organisation der intellektuellen Tätigkeit kritisch hinterfragt und erneuert werden. In den Bildungseinrichtungen sei es ein vorrangiges Anliegen, das Verhältnis zwischen LehrerIn und SchülerIn dahingehend umzugestalten, dass jeder die jeweilige Funktion ausüben soll, zumal die Erziehenden ebenso permanent weitergebildet werden müsse wie die Studierenden.

Wissenschaft und Kunst als zunehmend abkömmliche Ressource

Wie wir heute erfahren müssen, ist es anders gekommen. Ganz offensichtlich ist es der Intelligenz nur in sehr ungenügender Weise gelungen, eine überzeugende Allianz mit den arbeitenden Menschen zu schließen. Geht es nach den aktuellen Wahlauseinandersetzungen, in denen die PopulistInnen die Gebildeten als parasitäre Elite erfolgreich an den Pranger stellen, so wird das ganze Ausmaß der Entfremdung deutlich. Die notwendige Folge ist eine generelle Desavouierung von Wissenserwerb, der zunehmend als abkömmlich, darüber hinaus als Verrat an der eigenen sozialen Gruppe interpretiert wird. (Dass es für eine diesbezügliche Hegemoniebildung selbst wiederum intellektueller Wortführer bedarf, bleibt als elementarer Widerspruch solange von jenen undiskutiert bis es ihnen gelingt, vom aktuellen Intellektuellen-Bashing ausgeklammert zu werden.)

Als neue paradigmatische Figur kann in diesem Zusammenhang Donald Trump gesehen werden. Er gehört zweifellos zur besitzenden Klasse; seine Einkommens- und Einflussmöglichkeiten weisen ihn klar als Mitglied einer Elite aus. Und doch vermochte er sich bislang dieser Zuschreibung erfolgreich zu entziehen. Stattdessen versucht er, sich bei seinen AnhängerInnen als Antiintellektueller zu präsentieren; mehr, es ist Teil seines politischen Geschäfts, seiner ganz persönlichen Verachtung gegenüber jeder Form des Intellektualismus Ausdruck zu geben. Seine Ressource ist nicht Bildung, seine Ressource ist das Geld, das er nicht durch Studium, sondern mit Hilfe seiner starken Ellenbogentechnik erworben hat.

In jedem soziologischen Schema gehört Trump zur Elite und mit ihm all die anderen RechtspopulistInnen, die mit ihrem rabiaten Antiintellektualismus in den letzten Jahren die politische Arena betreten haben. Gerade aufgrund seiner herausgehobenen Stellung gelingt es ihm wie keinem vor ihm, den Elitebegriff umzudeuten und mit seiner neuen Definitionsmacht darüber zu entscheiden, wer zur Elite gehört und wer nicht. In dem er das tut, trägt er wesentlich zu einem umfassenden Elitenwechsel bei, der früher oder später unser aller Denken über die Welt und unser Zusammenleben nachhaltig bestimmen wird.

Zur Elite gehört neuerdings, wer anderer Meinung ist

Als bislang unmittelbarste Repräsentationsform neoliberaler Ideologie im national-protektionistischen Gewand steht Trump für individuellen ökonomischen und damit auch sozialen Erfolg. Mit seiner Karriere repräsentiert er die Hoffnung ausgerechnet derer, die von neoliberalen Wirtschaftskonzepten besonders benachteiligt sind, politische Führer könnten – unter Ausschaltung des Einflusses intellektueller Kräfte – noch einmal per Social Media ohne jede intellektuelle Vermittlung einen direkten Draht zu ihrem Elektorat aufbauen. Darüber hinaus funktioniert er als ein, wenn auch unerreichbares Role Model, das sich – ausschließlich auf narzisstischen Egoismus vertrauend – dank eigener Anstrengung ohne viel Firlefanz hinaufgearbeitet hat. Auf einem solchen Weg nach oben erweist sich Denken bestenfalls als eine unnötige Erschwernis. Trump und seine Kumpanen sind dann und nur dann erfolgreich, als es ihnen gelingt, ihre Ellenbogen auszufahren und ohne Skrupel zu handeln, sobald ein Vorteil winkt.

Da ist er wieder, der Traum vom Tellerwäscher, der es schafft, ganz nach oben zu kommen. Diesmal wird zu seiner Realisierung ein Fußabstreifer in Gestalt der "Gscheitn" bedient, wenn diese ohnehin nur alles zerreden und besser wissen wollen. Sie werden als Störenfriede gesehen auf dem Weg in den „totalen Neoliberalismus“, der auf geld-geölte Durchsetzungsmacht um jeden Preis als einzig verbliebene Ressource setzt. Mit diesem Anspruch erzählt Trump im Sinne Thatchers auch eine Geschichte der umfassenden Privatheit, der bei allen rituellen Anrufungen von „Amerika first!“ die Idee einer diskursiven Öffentlichkeit als Vorbedingung jeglicher Form von Staatlichkeit fremd bleiben muss. Diesen Anspruch sollen neuerdings wieder verstärkt die Kirchen bedienen. Als Institutionen, die wie keine andere Erfahrung im Umgang mit den Vielen haben, die es auf ihrem Weg nach oben nicht geschafft haben, sollen sie nicht nur wie in Russland nochmals das gemeinschaftsstiftende Unterfutter herstellen, um die gemeinschaftsstiftende Ideologie in ideologieloser Zeit bereit zu stellen.

Amerika reiht sich mit Trumps Präsidentschaft in eine globale Tendenz des Antiintellektualismus ein. Dieser zeigt sich mittlerweile wieder unverhohlen in autoritär regierten Gesellschaften wie Russland und der Türkei, in denen Intellektuelle massenhaft ihrer Positionen enthoben und in Gewahrsam genommen werden. Aber auch in einer Reihe von europäischen Ländern wie Ungarn oder Polen drängen führende PolitikerInnen darauf hin, den störenden Einfluss von KünstlerInnen und Intellektuellen zu eliminieren (so wurde erst in diesen Tagen eine geplante Ausstellung der Künstlerin Monika Piorkowska am Polnischen Kulturinstitut in Wien aufgrund "politischer Unvereinbarkeit" abgesagt).

Mit Jens Jessen kann man die obigen Fragmente zur Neuvermessung des Verhältnisses von Politik und Intellektualität ganz einfach zur Aussage zusammenfassen, dass zur Elite all diejenigen gehören, die eine andere Meinung als die der Herrschaft vertreten. Um diese Nichtzugehörigkeit zumindest zu erschweren, muss Bildung abgewertet werden. Denn in der neuen rechtspopulistischen Sprachregelung bedeutet gebildet zu sein in erster Linie, verbildet zu sein und damit den wahren Wert des Regimes nicht zu erkennen. Diese Verbildeten gälte es, in ihrer störrischen Suche nach möglichen Alternativen als Abweichler zu denunzieren und, wenn es der Extremfall – siehe Schostakowitsch – verlangt, auch die Existenzgrundlagen zu entziehen.

Der neue Kult um die Unbildung

Und so geraten wir unversehens in eine Phase, in der nicht mehr der Grad der Bildung, sondern der Grad der Unbildung maßstabgebend für politische Zugehörigkeit wird. Wir erkennen schemenhaft das neue Objekt der politischen Begierde autoritärer Gesinnung: Es handelt sich dabei um den/die maximal Ungebildete bzw. bildungshassende BürgerInnen, die im Kampf gegen politisch Andersdenkende in Stellung gebracht werden können.

Mich beschäftigt, was dieser Paradigmenwechsel in Bezug auf die Weiterentwicklung von Schule bedeutet. Noch nie war Schule so weit weg vom bildungspolitischen Anspruch eines Antonio Gramscis, wenn es darum geht, (kritisches) Denken und Handeln zu einer sinnstiftenden Einheit zu verknüpfen und so als kulturbildende Institution in die Gesellschaft hineinzuwirken. Sie hat die Losung "Wissen ist Macht!" hinter sich gelassen und ist so immer weniger in der Lage, das Versprechen, dass sich die oft mühsam erworbene Ressource Bildung positiv auf die eigene Karriere, die individuelle und kollektive Lebensgestaltung und auch auf die Fähigkeit zur politischen Mitwirkung am gesellschaftlichen Zusammenleben auswirken würde, einzulösen.

Ihr kommt gegenwärtig eine zentrale Leitfigur des/der souveränen, weil gebildeten Bürgers/Bürgerin abhanden. Immerhin wird da einer nachwachsenden Generation suggeriert, wer über die Welt nachdenkt, die Verbindung herstellt zu allem, was vor uns gemacht und gedacht wurde und uns daran erinnert, dass der geltende Gesellschaftsvertrag verbindlicher, zivilisatorischer Errungenschaften verpflichtende Regelungen vorsieht, an die wir uns halten sollten, würde nicht mehr gebraucht. Dies umso mehr, als die digitalen Medien den Eindruck befördern, man könne sich alle, oft nur schwer zu vermittelnde Aneignungsformen ersparen. Wissen stünde ja ohnehin per Mausklick in unbegrenztem Umfang zur Verfügung (und dessen Analyse und Interpretation in Bezug auf die Verfolgung der eigenen Lebensgestaltung könne künftig entfallen).

Darüber hinaus steht zu befürchten, dass in dem Maß, in dem der grassierende Antiintellektualismus die Tore der Schule erreicht, diese Bildungsinstitution seiner besonderen Qualität als Ort, an dem verschiedene Meinungen gebildet und miteinander in Beziehung gebracht werden können, verlustig geht. Und so könnte Schule als letzter verbliebener Ort, in dem junge Menschen mit unterschiedlichen sozialen, kulturellen, ethnischen oder religiösen Hintergründen zusammenfinden und im Rahmen von gemeinsamen Lernprozessen gegenseitigen Respekt und Anerkennung lernen können, bald ausgedient haben.

Geht es nach den neuen politischen FührerInnen, dann könnte Schule schon bald umfunktioniert werden zu einer Anstalt der Rekreation von Menschen, die tunlichst von ihrer kulturellen Überformung befreit als WiedergängerInnen des "edlen Wilden" die politische Bühne betreten. In seiner neuen Natürlichkeit soll er es allen, die ihn angeblich mit viel intellektuellem Brimborium in die Irre geführt haben, noch einmal so richtig zeigen. In dieses Bild fügt sich wunderbar der aktuelle Hype um Kreativität, die in diesem Setting auf ihre Funktion als Betriebsmittel des individuellen Fortkommens reduziert wird, während die politischen Herrschaftsverhältnisse als scheinbar unhintergehbare Grenzen akzeptiert werden. Vor diesem Hintergrund kann der Verlust an spezifisch künstlerischer Kreativität nur zu leicht als störendes Überbleibsel auf dem Weg in die neue nachdemokratische Zeit interpretiert werden.

Die unendliche Geschichte organisatorischer Reformversuche – Aber in der Bildungspolitik fehlen die Inhalte

Die aktuelle Bildungspolitik – zumindest in Österreich, wo sie ja auch im "Plan A" von Bundeskanzler Christian Kern ganz groß geschrieben wird – orientiert sich einmal mehr an organisatorischen Fragen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zugunsten mehr Autonomie oder zugunsten mehr Computer für die SchülerInnen mögen gut gemeint sein, sie lassen aber keine inhaltlich-politische Handschrift erkennen. Sie negieren, dass Schule – aufgrund eines nunmehr Jahrzehnte andauernden bildungspolitischen Patts – heute weitgehend inhaltlich entleert erscheint und es den LehrerInnen, die sich umstellt wissen von Standards, Normen, Vorschriften und Routinen zunehmend verunmöglicht, ein erstrebenswertes Menschenbild zu zeichnen, dem sie sich verpflichtet fühlen.

Während außerhalb ihrer Mauern der Kampf um die kulturelle Hegemonie voll entbrannt ist, wirkt Schule als eine zunehmende Bürde, die weitergeschleppt wird, um den Schein eines überkommenen Gesellschaftsvertrags – Bildung bedeutet Aufstieg – aufrecht zu erhalten. Vielleicht ist dieser Verlust an Wirkmächtigkeit, wenn es darum geht, das Schicksal der ihr Anempfohlenen nachhaltig zu verbessern einer der ersten Gründe, warum LehrerInnen in der ihnen auferlegten Funktion als Spaß-InszenatorInnen („Lernen muss zuallererst Spaß machen!“) zunehmend frustriert erscheinen in ihrem Bemühen, mit dem, was sie tun, einen tieferen Sinn zu stiften.

Das betrifft auch und in besonderem Maße das Angebot an kultureller Bildung, die mit ihrer engen Beziehung zu den Künsten in besonderer Weise prädestiniert erscheint, den zunehmend dominanten anti-liberalen, anti-demokratischen und anti-intellektuellen Kräften entgegen zu wirken. Wenn es aber nicht gelingt, diese Angebote noch einmal soweit mit Inhalten zu füllen, dass die jungen Menschen darin eine glaubwürdige Alternative zu den mittlerweile allgegenwärtigen Ressentiments gegen Wissen, Bildung, Kunst und Kultur zu erkennen vermögen, werden wir bald nicht nur über das Schicksal von Dmitri Schostakowitsch lesen. Nicht nur KünstlerInnen und Intellektuelle werden es am eigenen Leib selbst wieder erfahren.

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Gerhard Novak

Gerhard Novak bewertete diesen Eintrag 23.02.2017 17:44:52

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