Ausgelöst durch den Tod von Pirandello, der Mutter meines ältesten Freundes vor wenigen Wochen, die so etwas wie meine zweite Mutter war, nahe Verwandte, sowie die jetzige Jahreszeit nach Allerheiligen, wo der Tod, das Sterben, die Nächte und damit die Dunkelheit länger werden, die damit einhergehende Kälte, die der Winter mit sich bringt; - fordern von uns eine Besinnung auf diesen dunklen Fürsten der Vergänglichkeit.

Wer will schon über den Tod reden, geschweige denn sich mit ihm gedanklich auseinandersetzen, wenn ihn nicht das Leben selbst dazu zwingt. Jedes Mal, wenn jemand in unserer Umgebung stirbt, sei es ein geliebtes Tier oder ein Mensch, löst dies in uns zwei grundlegende Reaktionen aus: Die Trauer über diesen Verlust und die Frage nach dem Sinn des Lebens, der diesen Tod unweigerlich mit dem Leben verbindet.

Wir kommen dann an eine Grenze des Verstehens, die uns keinen Einblick mehr gewährt und uns in unseren Gefühlen, in unserer Trauer und in der Angst vor dem Tod, dem ewig Unbekannten, zurücklässt. Die meisten von uns hier in Europa haben nicht gelernt, mit dem Tod umzugehen. Wir sind ihm mental erfolgreich ausgewichen. Unsere Eltern, unsere Lehrer und die Gesellschaft, in der wir leben, gehen ihm aus dem Weg, sie sprechen nicht darüber und wir als Kinder, Jugendliche und Erwachsene lernen nicht, wer oder was der Tod ist. Bis, ja bis zu jenem Tag, an dem jemand, der uns nahe stand, von uns geht.

Wir haben Priester, wir haben Gelehrte, wir haben Heiler und Schamanen und alle möglichen Seelsorger, die uns über den Verlust des Verstorbenen hinwegtrösten, etwas sagen, ein wenig heilen oder uns erklären, wohin die Reise des Verstorbenen geht. Aber jeder von uns hat seine eigene Art zu trauern, seinen eigenen Schmerz über den Verlust und seinen ganz persönlichen Raum, in den er eintaucht, um diese Trauer zu verarbeiten und eines Tages heil aus ihr ins Leben zurückzukehren. Und in diesem Raum kann uns niemand begleiten - da sind wir ganz allein und das ist auch gut so...

Aber am Ende bleiben wir allein mit der Frage, was der Tod ist. Ohne jetzt auf andere Kulturen einzugehen, die den Tod anders definieren als wir hier in Europa, möchte ich folgende Gedanken mit euch teilen, die ich in der Auseinandersetzung mit ihm erfahren habe. Natürlich haben wir hier auch das Feld der Philosophen, die sich seit der Antike bis heute ausgiebig und vielfältig mit dem Tod beschäftigt haben. Ich will mich nur auf unsere kognitiven Fähigkeiten beziehen. Also auf unser Gehirn, auf seine Funktion in den verschiedenen Phasen unseres Lebens. Denn dabei habe ich etwas entdeckt, was uns vielleicht helfen könnte, die Frage nach dem Tod zu verstehen oder zumindest eine neue Sichtweise zu gewinnen. Mehr nicht...

Ich erhebe auch keinen Anspruch auf Allwissenheit, oder Gott behüte, hier zu missionieren, geschweige denn jemanden davon überzeugen zu wollen, dass meine Erkenntnis die einzig wahre ist, neben Millionen von Erkenntnissen anderer Menschen zum Thema Tod. Ich habe gesagt, es ist meine und nur meine, aber ich lade euch trotzdem ein, mit mir auf eine Reise zu gehen, die von unserem Kopf handelt.

Ich möchte auch vorausschicken, dass ich seit meiner Jugend bis heute in meiner Familie sehr oft mit Tod und Sterben konfrontiert wurde. Mein Großvater starb im 98. Lebensjahr, wie es früher oft der Fall war, zu Hause in den eigenen vier Wänden. Ich war zwölf Jahre alt und erlebte, wie ein großer, starker Mann, der in seinem Leben viel erreicht hatte, langsam aus dem Leben schied. Die ganze Familie war dabei. Er war in diesen letzten Tagen, die er auf dieser Erde verbrachte, von uns allen aus der Familie umgeben, sogar die Nachbarn kamen manchmal vorbei, um zu sehen, wie es ihm ging. Das Haus war immer voll von Menschen, die ihn mochten oder liebten.

Der Tod meines Großvaters war meine erste Erfahrung mit der Vergänglichkeit des Menschen. Es hatte auch etwas Komisches, als der Großvater, nachdem der Arzt den Tod festgestellt hatte, im Leichenwagen zum Bestatter gefahren wurde und durch ein Schlagloch auf der Straße wieder aufwachte. Und im Sarg anfing zu rufen und zu schimpfen, was das jetzt soll. Einer der Mitfahrer bekam sogar einen Schock und wollte nicht mehr mit Opa im Auto sitzen. Sie brachten ihn nach Hause und wir wussten nicht, ob wir uns freuen oder noch mehr weinen sollten. Diese Szene wiederholte sich genau dreimal. Und jedes Mal, dank der besonders schlechten Straßen in der Stadt, brachten sie uns unseren verstorbenen Großvater zurück.

Beim dritten Mal brauchten wir sehr lange, um den Arzt, den Bestatter und den Pfarrer zu überreden, endlich zu uns zu kommen, ihm die letzte (allerletzte) Ölung zu geben und ihn wieder abzuholen. In der Gasse wurde noch lange über dieses Ereignis gesprochen. Manche witzelten darüber und sagten: Jesus ist nur einmal auferstanden, euer Großvater dreimal. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, welche Tiefen der Tod auftut, aber auch, dass er etwas Komisches hat.

Als ich erwachsen war, starben meine Mutter 2017 und mein Vater 2021. Beide ebenfalls bei uns zu Hause im Kreise der Familie. Zum Glück gingen sie sehr sanft, nicht so wie Großvater - und es war für mich in der Erfahrung ein ähnlicher Prozess wie bei Großvater, den ich bei meinen Eltern wiedererkannt habe. Wenn wir Glück haben und nicht durch Krankheit oder Unfall aus dem Leben gerissen werden, geschieht im Laufe unseres Lebens ein besonderer Prozess in unserem Gehirn.

In jungen Jahren, wenn unser Gehirn noch wie ein leerer Schwamm ist und alles aufsaugt, erleben wir das Hier und Jetzt viel intensiver. Der Augenblick der Wahrnehmung dehnt sich nicht so aus wie im Alter, wenn wir schon viel erlebt haben. Das Gehirn kann im Alter zwar noch sehr viel aufnehmen, ist aber auch stark mit Erinnerungen beschäftigt. Wer alte Menschen kennt, weiß, wovon ich spreche, von ihren endlosen Wiederholungen dessen, was sie erlebt haben. Je älter wir werden, desto mehr verlagert sich unsere Aufmerksamkeit nach innen, in unsere Erinnerungen. Dies geschieht den ganzen Tag über.

Junge Menschen, die noch wenig Erfahrung haben, konzentrieren sich auf das Leben selbst, verlieren sich nicht in Gedanken, und deshalb vergeht ihnen die Zeit nicht so schnell. Das Erleben des Augenblicks ist ihnen näher als uns Alten. Wir Alten driften oft in unsere Erinnerungen ab und merken nicht, dass dabei Zeit vergeht. Über den Tag, die Wochen, die Monate und die Jahre verteilt, kommt da einiges an Gesamtzeit zusammen. Die uns dann plötzlich sagen lässt, mein Gott, wie schnell dieses Jahr wieder vergangen ist. Vielleicht erklärt dieser Umstand, warum für uns Ältere die Zeit viel zu schnell vergeht als für uns Jüngere.

Je älter man wird, desto größer wird dieses Abdriften in den Gedanken. Man beginnt mehr in Gedanken zu leben als im Hier und Jetzt. Bei allen Sterbeprozessen habe ich festgestellt, dass dieses gedankliche Drübensein sehr stark ausgeprägt ist. Mit meiner Mutter habe ich vor ihrem Tod viel gesprochen, aber sie hat auch gerne geschwiegen. Beim Großvater und auch beim Vater hatte ich den Eindruck, dass die Phasen, das Abdriften in die Anderswelt der Gedanken, bevor sie starben, immer enger wurden, bis sie irgendwann - für immer - dort verblieben.

Ist das der Tod, fragte ich mich. Ist Sterben ein Hinübergleiten in die eigene Gedankenwelt? Ist der Tod selbst nur ein Gedanke, der seit der Geburt in uns schlummert und im Laufe des Lebens wächst, bis er eines Tages unseren ganzen Raum einnimmt. In der Kindheit wächst er durch Erlebnisse, im Erwachsenenalter stabilisiert er unser Tun und Leben, und im Alter beginnt er, all das Erlebte noch einmal Revue passieren zu lassen, es aufzuarbeiten, damit wir es nicht vergessen - und uns eines Tages in diesen Erinnerungen für immer aufnimmt. So gesehen wäre der Tod nichts Schlimmes, eher eine Rückkehr zu sich selbst.

Aber welche Meinung, welchen Gedanken oder welches Wissen wir auch immer über den Tod haben mögen, jeder wird anders sein. Und das ist auch gut so...

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