Die unbekannte Seite der Biodiversität…

Jeder hat es bereits gehört oder gelesen, dass unser bestes Stück, oder besser gesagt „Miststück“ VDL uns Europäer zum Verzehr von Insekten verdammt hat. Hier ein paar Fakten über die wir nachdenken sollten. Wir beginnen bei den Würmern, die auch Insekten befallen:

Daher soll gleich zu Beginn ein Blick auf eine jener Spezies geworfen werden, die es einem richtig schwermacht, sie zu mögen. Schon heute zählt sie zu den wohl seltensten der Seltenen und ist dennoch auf keiner Roten Liste zu finden. Dabei offenbart uns die bloße Existenz dieses Tieres mitsamt seiner für uns fremdartigen Lebensweise, wie sehr uns Menschen der unerbittliche Kampf mit und in der Natur geprägt hat, wie sehr diese Auseinandersetzung unsere eigene Natur ausmacht und wie wenig wir bislang davon wissen.

Aber reicht das aus, um uns für dieses Wesen zu entscheiden? Vor wenigen Jahrzehnten lebte diese Art in vielen feuchtwarmen Regionen der Alten Welt – vom tropischen Afrika über den Vorderen Orient bis hin nach Indien und Pakistan. Wo es Wasser gibt, da war sie zu finden. Seither ist ihr Verbreitungsgebiet stark geschrumpft: Im Jahr 2017 gab es noch Berichte aus dem Tschad und Äthiopien, auch im Südsudan soll es Restvorkommen geben. Der Niedergang dieser einzigartigen, weithin unbekannten Spezies wird also gut dokumentiert und vollzieht sich dennoch nahezu unbemerkt von der Weltöffentlichkeit.

Dabei ist dieses Tier durchaus von kulturhistorischer Bedeutung: «Feurige Schlangen», so heißt es im Alten Testament im vierten Buch Mose (Numeri 21,6), hätten die Israeliten in der Wüste beim Auszug aus Ägypten geplagt, sodass viele von ihnen starben. Gott sprach daraufhin zu Moses, mit einer ehernen Schlange an einem Stab könne er das Volk retten. Auch um den Stab des griechischen Gottes Asklepios, des mythologischen Begründers der Heilkunst, ringelt sich eine Schlange. Bis heute ist der «Äskulapstab» das Symbol der Ärzteschaft – als Logo der Weltgesundheitsorganisation (WHO), des deutschen Hartmannbundes und etlicher weiterer Ärzteorganisationen.

Hinter beiden erwähnten «Schlangen», so eine Erklärung vieler Parasitologen, könnte jenes immer seltener werdende Tier stecken. Erstaunlicherweise genügt es aber nicht, das weltweit bekannte Symbol der Heilberufe zu sein, um diese Spezies retten zu wollen. Im Gegenteil: Die Kampagne eines Friedensnobelpreisträgers, des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter, rottet diese Art aus – unerbittlich und gezielt, in einem geradezu generalstabsmäßig geplanten Feldzug. «Berüchtigte Tiere» sind es nämlich, so schreibt es schon Karl May in seiner «Sklavenkarawane».

Dieses Wesen «scheint mit dem Trinkwasser in den Menschen zu kommen, wandert durch dessen Körper und verursacht an den Ausbruchstellen dicke Eiterbeulen». Ein deftiges literarisches Denkmal setzt ihm auch der amerikanische Schriftsteller T.C. Boyle in seinem fulminanten Abenteuerroman «Wassermusik»: «Dumpf und deprimiert» siecht dort der Entdeckungsreisende Fred Frair irgendwo auf dem Fluss Niger dahin, denn er ist von dieser Kreatur befallen. Dem Kranken ist «der Gedanke an das blinde Wesen – diesen Wurm, der da in ihm gedeiht, sein Fleisch auffrisst, ihm ins Blut pisst und kackt – einfach unerträglich».

Es gibt nur eine Möglichkeit, dieses oft über einen Meter lange Getier aus dem menschlichen Körper zu entfernen: Man muss seinen vorderen Teil zu fassen kriegen, wenn er wie eine Glasnudel aus der Eiterbeule herausbaumelt. Um ihn dann «wie Garn auf eine Spule» langsam auf ein Stöckchen zu wickeln, damit er nicht in den Körper zurückschlüpfen kann. Die qualvolle Prozedur kann sich über viele Wochen hinziehen; sie muss extrem vorsichtig erfolgen. Wenn der Wurm nämlich beim Herausziehen zerreißt, verbleibt sein langer Rest im Körper, stirbt im Gewebe ab und verfault.

Und genau das geschieht Boyles armem Entdeckungsreisenden: In seiner Ungeschicklichkeit, seinem Ekel zerrt Frair viel zu heftig und reißt das Geschöpf entzwei. Bald darauf verreckt der Mann, über und über mit Fliegen bedeckt, in der dreckigen Tropenschwüle an den Folgen der Infektion durch den sich zersetzenden Wurm in seinem Körper. Boyles Beschreibung macht deutlich, weshalb nicht eine Schlange, sondern jene gruselige Existenz hinter dem alten Symbol der Ärzteschaft stecken könnte.

Denn jenes Hölzchen, um den sich am Ende der tote Wurm wickelt, ist bis heute die einzige Behandlungsmethode: Keine Medizin hilft, keine Wurmkur treibt den Eindringling aus dem menschlichen Körper heraus, keine Impfung schützt vor ihm. So liegt es nahe, den Äskulapstab als Symbol der Hoffnung, Genesung und erfolgreichen Heilung von diesem Ungetüm zu deuten, das schon lange in menschlichen Leibern haust. Bereits in über dreitausend Jahre alten ägyptischen Mumien wies man diesen Wurm nach.

Viele Jahrhunderte haftete dieser Krankheit etwas Unerklärliches an. Denn erst wenn plötzlich starke Schmerzen auftreten, bemerkt die befallene Person, dass etwas nicht stimmt. Lange rätselte man, was aus der aufgeplatzten Eiterbeule hängt: abgestorbenes Körpergewebe, austretende Nerven, verlängerte Venen? Erst Carl von Linné erkannte, dass da ein lebender Wurm aus dem menschlichen Körper herauskommt, und machte ihn zum Dracunculus medinensis, zum «kleinen Drachen von Medina», bekannt auch als Guineawurm, weil er ebenso am Golf von Guinea vorkommt.

Nur selten erleiden Menschen das Schicksal des armen Entdeckungsreisenden Frair und sterben nach einer Infektion. Den «kleinen Drachen» in sich zu haben, kann dennoch schlimme Folgen haben: Die plötzlich auftretende Blase fühlt sich an «wie mit einer glühenden Nadel gestochen» – was zum Bild der «feurigen Schlangen» aus dem Alten Testament passt. Viele Betroffene können daher während der gut zwei Monate, die eine Extraktion des Wurmes mit der Holzdrehmethode dauert, kaum auftreten und laufen.

Noch in den 1940er Jahre litten fast fünfzig Millionen Menschen weltweit unter Guineawürmern, meist in den ärmsten Regionen ihrer Länder. Viele bestellten vor lauter Schmerz ihre Felder nicht mehr oder ließen die Herden unbehütet. Wegen der wirtschaftlichen Verluste nicht nur für einzelne Familien, sondern für ganze Dörfer heißt die Dracunculiasis in Mali auch die «Krankheit der leeren Kornkammer»; in Nigeria verringerte sie regelmäßig die Reisernten um zwölf Prozent. In manchen Ortschaften gingen mehr als sechzig Prozent aller Kinder nicht zur Schule, weil sie selbst den Wurm in sich trugen oder weil sie für behinderte Familienmitglieder die Arbeit auf den Feldern verrichten mussten.

Deshalb sagte die Weltgesundheitsorganisation 1986 jenem Wurm, der sich wohl um ihr eigenes Symbol, den Äskulapstab, schlängelt, den Kampf an. Im gleichen Jahr begann das Carter Center mit der Ausrottungskampagne. Damals gab es noch jährlich dreieinhalb Millionen Fälle in mindestens einundzwanzig Ländern Afrikas und Asiens. Im Jahr 2018 wurden nur noch achtundzwanzig infizierte Menschen weltweit gemeldet. Das Ziel, so hieß es, sei zu 99,99 Prozent erreicht, der «kleine Drache» stehe demnach kurz vor dem endgültigen Aus. Wer also will dagegensprechen, diesen grässlichen Wurm endgültig loszuwerden? Seine Ausrottung scheint vernünftig: ein großer Fortschritt für die Menschheit! Kurz vor seinem Verschwinden lohnt es sich dennoch, einmal einen Blick auf seine ungewöhnliche Lebensweise und unsere spezielle Beziehung zu ihm zu werfen.

Als kleine wurmförmige Larve wartet Dracunculus darauf, gefressen zu werden. Erst wenn sie von einem Ruderfußkrebschen der Gattung Cyclops verspeist wurde, sich im Inneren dieses «Hüpferlings» durch dessen Darmwand gebohrt und ein-, zweimal gehäutet hat, und erst wenn der winzige Hüpferling von einem Trinkwasser schöpfenden Menschen verschluckt wurde, erst dann hat die Wurmlarve die Chance, sich zu vermehren. Wenn das Krebschen im menschlichen Magen verdaut wird, kommt sie frei, bohrt sich durch die Schleimhaut des Dünndarms in die Leibeshöhle hinein und wandert fortan durchs Bindegewebe.

Dort wächst sie innerhalb von drei Monaten zum fortpflanzungsreifen Wurm heran, der nun auf einen passenden Partner für ein Rendezvous im menschlichen Körper treffen muss. Dann paart sich der nur wenige Zentimeter lange männliche Wurm mit dem oft über einen Meter langen weiblichen. Das Männchen stirbt bald darauf, das befruchtete Weibchen hingegen wandert weiter – entlang der Muskeln meist in Richtung Gliedmaßen, zu den Unterschenkeln, Füßen oder Armen. Unterwegs reifen Unmengen von Eiern in ihm heran, Hunderttausende oder sogar Millionen.

Erst ein Jahr nach dem Verschlucken des befallenen Hüpferlings bemerkt der Mensch, wen er da die ganze Zeit in sich trug. Dann nämlich begibt sich der befruchtete Guineawurm an die Oberfläche der Haut und erzeugt jene taubeneigroße Blase, die das starke Brennen verursacht und extrem schmerzt. Mittlerweile sind aus den befruchteten Eiern winzige Wurmlarven geschlüpft, die es nach draußen drängt. Weil die entstandene Blase wie «heiße Nadeln» schmerzt, tauchen viele Infizierte die befallenen Gliedmaßen zur Kühlung ins Wasser von Flüssen, Bächen oder Tümpeln.

Der wimmelnde Wurmnachwuchs presst sich nun gegen die dünne Haut der Mutter, die platzt auf und mit ihr die entzündete Haut über der Blase: Ein Schwall von Larven schwimmt hinaus. Über Tage hinweg, immer wenn es den befallenen Menschen zum Abkühlen ans Wasser zieht, entlässt die Wurmmutter unter Kontraktionen neue Schwärme von Wurmlarven ins Freie, bis sie irgendwann abstirbt. Nun wartet die nächste Generation von Guineawürmern im Wasser darauf, von Hüpferlingen gefressen zu werden, damit ein neuer Zyklus beginnt, der ein Jahr andauert.

Warum ich euch diesen Mist erzähle? Bedenkt, dass dieser Wurm mit den Krebs- und Schalentieren wieder in unsere Körper gelangt. Mit Einwanderungen aus Afrika kommen neue Varianten in unsere unmittelbaren Nähe und der Möglichkeit auf Kontakt. Aber selbst das ist nicht das Problem, vielmehr sollte uns die Europäische Führung Gedanken zur Sorge machen, indem Sie uns Schalentiere auf die Teller verordnet, die wir nie wollten…

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