Und damit meine ich nicht die Nachbarländer unserer Nation. Auch nicht dem illusionsbehafteten woken Traum, wer uns da am nächsten steht, oder wir als Mensch verpflichtet, jene zu betrachten, die absolut mit uns nichts zu tun haben. Nein, diese alle meinte ich nicht – sondern eher jene, die als Nachbar uns aber sowas von, am Arsch vorbeigehen.

Und damit katapultieren wir uns als Wesen in die nächste Evolutionsklasse der Arschlöcher der Arschloch-Welt, oder es mit der Stimme eines alten Favoritner Wiener Hausmeisters zu sagen: Ole Mensch ‘n, san ma z´wida.

Jeder der einmal in Wien verweilte, auch wenn nur für kurz, wobei kurz hier eine durchaus befreiende Wirkung hätte, weiß über die Freundlichkeit der Urwiener zu berichten. Nicht zu vergessen, auch ihr Wiener Scharm, der bis heute unerreicht und wahrscheinlich in allen Zeiten – das Herz so mancher Wiener Touristen erfreut hat - und haben wird.

So wie die Hessen ihr Kehrwochn hom, haben die Wiener das traditionelle „Imma guckta im Stiegenhaus“ Was vordergründig jeder Wiener Hausfrau geschuldet ist. Denn nichts, absolut nichts, kann diesen neugierigen Augen einer nachbarschaftlichen Wohnung entgehen. Besonders, und da sind wir kaum frauenfeindlich, eher Frauen aufklärend, der femininen Seite solcher einer, geschuldet.

Was ich damit meine: Hier eine Szene, aus einem Wiener Roman. „A dreifoche Leich“. Die mich an die alte Zeit Wiens erinnerte und herzhaft zum Lachen brachte:

Langsam setzte Krannbichl ihren Renault Clio in die Parklücke zurück. Die Freude, einen Parkplatz in der Quellenstraße bekommen zu haben, erhellte ihr diesen Morgen. Gutgelaunt und mit flotten Schritten erreichte sie den Haustoreingang, der sich gleich neben einer Pizzeria befand. Sie sah kurz hinauf zu der obersten Reihe der Fenster eines dreistöckigen, in zitronengelber Farbe gefärbtes Jahrhunderthaus. Ihr Kollege sah leider nicht runter. Sie rief ihn an, um nicht extra hineingehen zu müssen.

Schargll hob nicht ab. Sie sah sich die Türschilder an. Dann blieb ihr der Mund offen. Auf den Türschildern standen, neben Hausmeister Pospischil, der auf Nr 1. wohnte - weitere Namen. 2.3. Josef und Aloisia Schargll

4.5. Franz und Theresa Schargll

6.7. Konrad und Heide Schargll

8.9. Robert und Karin Schargll

10. Susana Pantic

Auf 11.12. dann endlich Karl Schargll. »Was ist das hier. Ein Schargll-Hof?«, murmelte sie.

»Zu wem woin´s junge Frau?«, riss sie eine raue Frauenstimme aus den Gedanken. Krannbichl fuhr herum und sah, wie eine Frau, die nach dem Alter zu urteilen ihre Mutter sein konnte, in grünem Arbeitsmantel und Gummistiefeln, mit einem Besen in der Hand das Haustor offenhielt und sie prüfend ansah.

»Zum Karl Schargll«, sagte Krannbichl gedrängt. »Jösass, hob i Sie erschreckt?«, fragte die Frau. »Nein, das schafft nur einer und der wohnt auf Top 11.«

Sie versuchte, an der Frau vorbeizugehen. »Jo, do so ofoch vorbei, geht net jung´s Mensch, göö.« Sie schob den Besenstiel vor Krannbichl, wie eine Lanze der einstigen Leibgarde von Schönbrunn.

»Hallo, was soll das? Wer sind Sie?«, fragte Krannbichl und wich einen Schritt zurück.

»I bin die Hausmasterin Pospischil.« Die Frau kratzte sich am Kopf und sagte: »Naa, eigentlich net. I bin die Dobrila Pantic. Die Pospischil woar vur mir do, is oba scho long vasturb´n. I trog den Noman aus rein nostalgischen Gründen. Vastehn´s?«

»Kein Wort, lassen´s mich vorbei«, drängte Krannbichl. »Naa. Die Pospischil is mit hundartzwa Johr gsturb´n. Hot sogor unsren oidn Kaiser kennt. So wie der Opa vom Karli. Der wor scho Gendarm, als der Kaiser do da vurbaispaziert is.«

»Hören Sie auf. Das kann man sich nicht anhören. Es ist hinlänglich bekannt, dass die Wiener Hausmeister alte Stiegenkucker und Quatschtanten sind. Und Sie dürften die Königin aller Hausmeister sein. Lassen´s mich vorbei!«

»Sicha net. Mit Komplimenten komman´s bei mir net duarch. Zuerst missan´s ma ihran Ausweis zang.«

»Ich bin Kriminalbeamtin, Sie falscher Fünfziger, gehen Sie mir aus dem Weg, sonst passiert gleich was.«

»Naa gornet, außerdem bin i scho sechz´g. Und geh Kindl, des gonze Haus is volla Kibara, wos soi scho fü passier´n? Her mit´n Ausweis oder es setzt wos mit dem Besentsü!«

Beate Krannbichl wich ein paar Schritte zurück. Prüfte, ob diese Irre zuschlagen würde. Ärgerte sich gleichzeitig über ihren Kollegen, der längst hier unten auf sie warten sollte. Sie sah kurz zu den Fenstern. Biss sich auf die Lippen und überlegte, ob sie die alte Frau umrennen sollte. Im selben Moment öffnete sich im dritten Stock ein Fenster. Schargll blickte runter und fragte, warum sie nicht raufkomme. Sie erklärte ihm, dass sie an der Dobermann-Hausmeisterin nicht vorbeikomme.

Er nickte und verschwand im Fenster. »Dooobrillaaa, loos endlich die Frauuu rein!«, schrie eine Stimme hinter der Hausmeisterin aus dem Gang. »I hob aufgwischt, des geht net, Josef!«, schrie sie zurück. »Wuarscht, gib ihr wos zum drübazahn!«, sagte die Stimme. Frau Pantic, alias Pospischil, spitzte ihre Lippen verärgert und musterte Krannbichl mit Schlitzaugen. »Na guat, aber hoitn´s die Händ so, dass i sie sehen ko«, sagte sie und rückte ein kleines Stück zur Seite.

Krannbichl sah sie kopfschüttelnd an und drängte sich an ihr vorbei. Kaum überschritt sie das Eingangstor, erfasste die Hausmeisterin ihre rechte Hand, verdrehte sie mit beiden Händen und drückte Krannbichl an die Wand. Das geschah dermaßen schnell, dass beide auf die Wand schlugen. »Woss sogs´t Puppal, ha? Des hot ma da Karli zagt, wenn Verdächtige hier oftauch´n. Und Sie san ma sehr vadächtig. Des hob i glei gseh´n.«

Beate Krannbichl, in Selbstverteidigung geschult, drehte den Arm zurück und Frau Pantic an die Wand. »Jetzt reicht´s, Sie Irre! Ein Wort noch und ich lass Sie verhaften. Haben Sie das verstanden?« Dabei fletschte sie die Zähne neben dem linken Ohr der sichtlich perplexen Frau Pantic. »Is jo guat, hobs nuar guat gmoant«, winselte die Frau.

»Kein Wort mehr. Und überhaupt. Pantic heißen und so daherreden ist beachtlich.« »Na wir oid´n Jugos san net so wia di Tirk´n, di wenn´s begrobn wern, in Wern, als Leich ka Wurt deitsch kenna´n.«

»Das stimmt nicht und das, was Sie daherplappern, ist auch kein richtiges Deutsch.« »Na imahin, vastehens mi. Des reicht.« Krannbichl schmunzelte, die Frau war unglaublich...

Ja meine lieben Schwestern und Brüdern der leichten Unterhaltung, das war ein kleiner Beitrag unserer Nachbarschaft geschuldet, die wie in diesen humorvollen Wiener Roman – die Realität berührt.

Also schaut in euren Stiegenhäusern, sucht die Menschen, die neben euch wohnen, den alle anderen sind viel weiter weg und manchmal – auch nicht mehr da… In Großstädten vielmehr als am Land, weil dort die Entfremdung größer ist. Und eines sage ich euch: Seid froh, wenn Ihr so eine Hausmeisterin wie die alte Pospischil habt …

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