Dank der lieben @Leela Vogel, die mich mit ihrem Beitrag „Schach“ in eine Zeit zurückversetzte und dabei motivierte diesen Beitrag zu schreiben. Somit möchte ich eine neue Seite zu diesem Spiel aufschlagen, die ich selbst erst vor dreißig Jahren angewendet habe. Man könnte sinnesgemäß sagen, sie hat den Eröffnungszug gemacht – und ich ziehe hiermit nach…
Natürlich kann man den Titel auf alle beruflichen Qualitäten, Fertigkeiten und Lebensweisen anwenden. Mit dem begleitenden Hinweis zwischen den Zeilen, dass man von manchen Dingen die Finger lassen soll, die man nicht versteht oder gar beherrscht. Somit auch ein kleiner Beitrag von mir zum Leben und Schach…
Doch dieser obere Eingangssatz, für mich vielmehr ein Leitsatz, der mich mein halbes Leben begleitet hat. Mein Großvater spielte Schach, meine Oma spielte Schach, mein Vater spielte Schach, meine ältere Schwester spielte Schach und ich, was soll ich sagen - bei der Familie…
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Danke!
Mein Leid und Kummer zu diesem Spiel begann mit meinem achten Lebensjahr. Vater ließ mich nie gewinnen, der Opa noch weniger. Nur die Oma erbarmte sich meiner – manchmal – und ließ mich gewinnen. Meine Rechtfertigungsverluste formulierte ich immer damit, wenn ich sagte, was willst du sonnst mit Kommunisten spielen. Und Kommunisten waren sie allemal. Und bei jedem Mattzug hörte ich mir an: „Wenn du nicht Schach spielen kannst – dann spiele nicht Schach“
Ich vergesse niemals den Augenblick, als ich im sechzehnten Lebensjahr, es war Sonntag, es war Winter und saukalt. Fortgehen kam nicht in Frage, also war der Wink meines Vaters zum Schachtisch eine freudige Einladung, mich der Kälte da draußen im Wienerwald – zu entziehen. Wir spielten den ganzen Vormittag. Mutter reif zum Mittagstisch, wir winkten ab, da wir gerade neu aufgesetzt haben. Die letzte Partie dauerte genau 28 Minuten. Das Ende sah ich kommen, als meinem Vater Schweißperlen die Stirn runterliefen. Ich setzte ihn Schachmatt mit der Königin, gedeckt durch den Läufer und den König blockiert - durch den Turm.
Vater blieb stumm, ich auch. Er ging das Spiel durch konnte es nicht fassen, ich auch nicht. Freudetränen bildeten sich auf mein Gesicht, ich fing zu jubeln an und sprang auf. Mutter gesellte sich zu uns und ich fing mit ihr zu tanzen an. Wir lachten – Vater nicht. Es war wie ein Rausch – das Unfassbare, dass bis dorthin Unerreichbare für mich, gelang mir, als hätte es in diesen Momenten – keine andere Möglichkeit gegeben. Es war wie ein Geschenk. Wahrscheinlich nehmen wir unsere Erfolge meistens wie Geschenke auf – weil sie es auch sind – durch uns selbst überreicht…
Danach, hat Schach für mich jegliche Existenz und Bedeutung verloren. Es gab in diesem Spiel für mich nichts mehr zu erreichen. Ich habe das Ungeheuer besiegt, der Drache lag am Boden, zu keiner Regung fähig. Acht Jahre Kampf, acht Jahre verlieren, immer wieder aufstehen und wieder kämpfen und wieder verlieren. Nur meine Oma meinte manchmal, dass wir von diesem Spiel einmal die Finger lassen sollen, der unseren Rücken krümmt und unsere Bandscheiben vernichtet. Nein. alle Strategien gespielt, alle möglichen Züge vorausgedacht, alle Bitterkeit der verlorenen Figuren runtergeschluckt und in nächsten Spiel wieder vergessen. Es war genug – und für mich, als kleinen Jungen gegen diesen Meisterspieler zu gewinnen – war die Krönung aller Schachspiele. Es war ein Genuss ihm zu sagen: Wenn du nicht Schach spielen kannst – dann spiele nicht Schach.“
Dachte ich. Als mir im 32. Lebensjahr, 1991, mein Freund Manfred ein computergesteuertes Schachbrett auslieh, konnte ich nicht widerstehen - noch ein paar Partien zu spielen. Ich besann mich auf meine damaligen Schachspiele mit meiner Familie und dachte ich stelle den Computer gleich auf die mittlere Schwierigkeitsstufe von 12 ein. Natürlich verlor ich. Ich spielte eine ganze Woche und verlor jedes Mal. Am Anfang war ich frustriert, alte Gefühle kamen hoch. Wäre es mein Schachbrett gewesen hätte ich es an die Wand geworfen.
Jene von euch, die mich wirklich kennen und wissen welche Wandlungen mein Leben für mich, während meinen weltweiten Reisen, bereithielt, werden womöglich die nächste Schilderung gut verstehen. Ich verstand in diesem Moment, dass ich mit Logik, Mathematik, Strategie und Schnelligkeit und am wenigsten mit Ausdauer, diesen Schachcomputer besiegen kann. Wenn ich seinen Vorgaben und Programmierungen folge, wenn ich mit ihm auf einer strategischen Ebene den Kampf austragen möchte – werde ich verlieren. Weil ich in seiner Welt spiele, nicht in meiner. Also was machte ich? Ich wechselte in ein anderes Bewusstsein, ich spielte zwar mit ihm, aber ich spielte nicht Schach.
Das ist die neue Seite, die ich aufschlug und euch näherbringen möchte. Ich eröffnete das Spiel. Der Computer setzte nach. Ich entspannte mich, ließ vollkommen los. Im Bewusstsein wusste ich, es gibt den absolut perfekten Zug. Ich dachte darüber nicht nach, suchte keine brauchbaren Strategien, nein. Ich ließ nochmals los. Und da war es… Es ist um uns, es ist in uns, es ist in der Luft, es ist im Wasser und in der Erde. Es umströmt uns es durchströmt uns – es ist ein Teil von uns und wir ein Teil von allem…
Ich setzte den nächsten Zug, ohne zu wissen, was dieser bewirken wird, außer im Gefühl, dass es der perfekte Zug war. Ich fand ihm im Gefühl, nicht im Kopf. Es gab keinen Zweifel oder Hoffnung, dass es der richtige war – es war der Richtige, unumstößlich in der Empfindung. Der Computer setzte rasch nach. Ich lies mir Zeit, suchte in mir das Gefühl für den perfekten Zug. Und wie das Gefühl sich in mir formte, setzte ich den nächsten Zug. In diesem Spiel besiegte ich den Computer – auch alle weitere zehn Spiele. Dann gab ich Manfred das Schachbrett wieder zurück.
Wir Menschen sind sonderbare Wesen. Wir streben trotz aller unserer Fehler, Schwächen, Verluste und Dämonen – nach Perfektion. Wir sind in der Lage auf alles angemessen zu reagieren, wenn wir es zulassen in uns zu gehen – und unsere Mitte finden. Dann erreichen wir die Harmonie. Somit ist alles was uns heute geschieht, oder angetan wird, oder wir anderen antun – außerhalb dieser Harmonie mit uns selbst.
Schach ist ein Strategiespiel – man kann es vorausdenken, man kann es trainieren bis zum Umfallen, es wird immer einen geben der besser ist. Ich empfehle jeden der Schach spielt – einmal über ein anderes Bewusstsein dieses zu spielen, so wie ich es oben geschildert habe. Mit etwas Übung und Loslassen – wird es euch gelingen…