Heute vor 60 Jahren wurde der ungarische Volksaufstand niedergeschlagen. Zigtausende Menschen flüchteten über die Brücke von Andau nach Österreich.
Und dann stehe ich auf dieser Brücke. Der Einserkanal liegt strömungslos unter mir.
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Auf Ungarnseite wird er von einem schmalen Weg begleitet, der sich, gesäumt von Blumen, in der Weite der Landschaft verliert.
Auf Österreichseite liegen Felder bis an den Horizont.
Ich stehe hier und fühle mich allein auf der Welt. Ruhe und Frieden umgeben mich, die unspektakuläre Fernsicht hat etwas Meditatives.
Es ist mir fast unmöglich, diesen Ort mit den Ereignissen des Jahres 1956 in Verbindung zu bringen, wie sie mir aus der Geschichte bekannt sind.
Jenseits der Brücke tobte damals Kampfgeschehen. 70.000 Menschen versuchten ihm über den Kanal zu entkommen.
Die heutige Brücke wurde zum Gedenken im Jahr 1996 gebaut. Die damalige war ein schmaler Holzsteg, über den sich die Menschen drängten, ihr Hab und Gut in Bündeln, mehr ging nicht.
Im Verlauf des Kampf- und Fluchtgeschehens wurde der Steg von den Russen zerstört. Die Flüchtenden überquerten den Kanal auf den noch vorhandenen Resten oder auch direkt durch das Wasser.
Am Fuß der Brücke ein Aussichtsturm, der einem ehemaligen Wachtturm nachempfunden ist. An seinen Aufgängen Tafeln mit der Geschichte der damaligen Ereignisse.
Eine 9 km lange, kerzengerade Straße führt durch die Ebene in den Ort.
Heute trägt sie den Namen Fluchtstraße und ist zum Gedenken von 90 Skulpturen gesäumt.
Die Bevölkerung des kleinen Dorfes Andau erbrachte eine heute unglaublich scheinende humanitäre Leistung. Sie brachten Decken, Kleidung, versorgten die Ankommenden mit Essen und warmen Getränken. Alle öffentlichen Räume, wie Kindergärten, Schulen, auch das Kino, wurden bereitgestellt, um den Ankommenden ein Dach über dem Kopf anbieten zu können.
Insgesamt flohen damals über 200.000 Menschen aus Ungarn nach Österreich.
James A. Michener, Autor des Buches "Die Brücke von Andau" sagte: "Müsste ich je flüchten, so hoffe ich, dass es nach Österreich sein kann"
Doch dieser Satz hatte nur für kurze Zeit Bedeutung.
Damals wie heute schlug nach einigen Tagen die Stimmung der österreichischen Bevölkerung um. Die Landeshauptleute erfüllten ihre Quoten nicht, die skandinavischen, wie auch die südlichen Länder ließen keine Flüchtlinge einreisen. Das Chaos wurde unüberschaubar. Es bildete sich rasch eine Gruppe, die saftig an den Flüchtlingen verdiente, aber es waren die Ungarn, die als Parasiten bezeichnet wurden, die uns nur unterwandern wollten. Die katastrophalen Zustände in den Lagern wurden nicht verbessert, damit es sich die Leute nicht in unserem Land bequem machen sollten. Gerüchte über Gratisfahrten mit der Straßenbahn, Vorwürfe von sexuellen Übergriffen und Diebstählen, heizten die Stimmung an.
Heute, 60 Jahre danach, weiß man, dass wir nicht von den Ungarn unterwandert wurden, dass sie uns nicht in den finanziellen Ruin getrieben haben, sondern dass sie maßgeblich am Aufbau unseres Landes beteiligt waren.
Und ich stehe auf dieser Brücke. Plötzlich beginnt sie unter meinen Füßen zu schwanken. Und ich weiß, die trügerische Idylle rund um mich bietet keinerlei Halt. 60 Jahre, ein Fingerschnipper der Zeit, die keinen Gesinnungswandel mit sich brachte. Noch immer ist Humanität ein Kurzzeitwort für den Menschen.