Letztens lernte ich eine Mutter kennen, ihr Kind war noch kein Jahr alt, und doch stand die Trennung von ihrem Mann schon im Raum. Er würde Tag und Nacht nur mehr arbeiten, sie hätte keinerlei Unterstützung mit dem Kind, und die Liebe… ja, die Liebe hatte schon vor geraumer Zeit ihre Koffer gepackt.
Tatsächlich finden rund 20 Prozent der Scheidungen im ersten Jahr nach der Geburt des gemeinsamen Kindes statt. Ohne Trauschein ist die Trennungsrate wahrscheinlich noch höher. Erschreckende Zahlen, wie ich meine. „Familie“ steht in der Werteskala der jungen Menschen in Deutschland nach wie vor ganz weit oben. Und Kinder wollen sowieso am liebsten, dass Mama und Papa zusammenbleiben und sich immer liebhaben. Warum klappt das so oft nicht?
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Ich will nicht abstreiten, dass es Fälle gibt, in denen die Trennung das geringere Übel ist. Dennoch bedeutet eine Trennung auch immer Schmerz, Verlust, Trauer und einen radikalen Einschnitt in das bisherige Leben – für die Eltern wie auch für die Kinder. Ließe sich dieses Leid verhindern?
Zwei wichtige Aspekte spielen hier meiner Meinung nach eine zentrale Rolle: überhöhte Erwartungen – auch an sich selbst – und Überlastung durch die Struktur der modernen Kleinstfamilie. Vielen Paaren ist nach wie vor nicht klar, welche komplette Umwälzung des bisherigen Lebens die Geburt eines Kindes mit sich bringt. Auch wir haben uns damals vor drei Jahren, bevor unser Sohn zur Welt kam, gedacht, dass wir ihn „dann halt einfach ins Tragetuch stecken und überall hin mitnehmen“. Dass das nur bedingt klappt, wissen wohl alle, die selbst Kinder haben.
Eltern erfahren in Ihrem Bedürfnis nach Zweisamkeit zu wenig Unterstützung
Einerseits ist also Frustrationstoleranz gefragt, und das ist eine Eigenschaft, die in unserer Kultur der schnellen und unbedingten Bedürfnisbefriedigung nicht mehr wirklich populär ist. Auf der anderen Seite findet die Kleinstfamilie oft auch für ihre durchaus berechtigten Bedürfnisse nach ein bisschen Zweisamkeit und Abstand vom Alltag kaum mehr Unterstützung.
In unserer unmittelbaren Nachbarschaft gibt es 21 Kinder im Vorschulalter, und nur eine einzige Familie hat Großeltern oder andere Verwandte in der näheren Umgebung. Alle anderen – darunter auch wir – sind mit der Kinderbetreuung auf sich allein gestellt und können sich nur untereinander vernetzen und gegenseitig aushelfen, was leider auch viel zu selten passiert. Es scheint mir fast so als ob sich in unserem Perfekte-Eltern-Wahn niemand die Blöße geben wollte, zuzugeben, dass sie die Kinder auch gerne mal für einen Abend außer Haus hätten…
Klar, als unser Sohn noch kleiner war, war es – und ist es noch – immer auch eine Risikoabwägung: Wenn wir ihn einen Abend bei den Nachbarn lassen, um ins Konzert zu gehen, und er sich dort vielleicht nicht hundertprozentig wohl fühlt, weil er sich lieber wie gewohnt von Mama oder Papa ins Bett bringen lassen würde, schaden wir ihm damit? Oder schaden wir ihm langfristig gesehen mehr, wenn wir gemeinsame Aktivitäten als Paar in den ersten Jahren völlig streichen und damit riskieren, dass wir uns immer mehr voneinander entfernen und es vielleicht zu einer Trennung kommt?
Sprecht über Eure Wünsche!
Das wichtigste scheint mir in jedem Fall, als Paar im Gespräch und in echtem Kontakt zu bleiben. Auch wenn es vielleicht gerade nicht möglich ist, die Bedürfnisse nach Freiheit und Abenteuer in dem Maß zu befriedigen, wie man es von früher gewohnt ist, so sollte es doch möglich sein, den Wunsch danach zumindest auszudrücken. Und zwar ohne Vorwurf, nicht jammernd, aber ehrlich.
„Ich weiß, dass Deine Geschäftsreisen keine Ferien sind, aber manchmal beneide ich Dich richtig darum, dass Du einfach in ein Flugzeug steigen und von allem hier wegfliegen kannst!“ So einen Satz aussprechen zu können, ändert zwar scheinbar an der Situation nichts – trotzdem tut es gut, mit dem zeitweiligen Alltagsfrust einer Hausfrau und Mutter auch gesehen zu werden.
Genauso kann der Partner ausdrücken, dass er das Gefühl hat, er schufte rund um die Uhr, um der Familie ein gutes Leben zu ermöglichen und trotzdem höre er immer nur Klagen, dass er sich zu wenig einbringe. Das mag sich im Moment tatsächlich nicht ändern lassen, aber klarzumachen, dass er sich das eigentlich auch anders wünschen würde, kann richtungsweisend für zukünftige Entscheidungen sein. Und ihn seiner Partnerin wieder näherbringen.
Im Elternleben gibt es viele Sexverhinderer
Die eigentlich naheliegendste und wunderbarste Art, sich wieder als Liebespaar zu fühlen, ist, sich körperlich aufeinander einzulassen. Die sexuelle Intimität ist es, die eine Liebesbeziehung von anderen, freundschaftlichen Beziehungen unterscheidet. Wenn es innerhalb einer Partnerschaft die Möglichkeit gibt, einigermaßen regelmäßig, unkompliziert und vertrauensvoll Sex zu haben, dann stehen die Chancen gut, dass sich angesichts dieser innigen Basis viele andere Probleme relativieren.
Leider ist es ein großes Tabu, dass Eltern auch mal Zeit für Sex, Kuscheln und Streicheleinheiten brauchen. Im Elternleben gibt es viele Sexverhinderer: Kinder, die nicht zuverlässig schlafen, Mütter, die abends einfach zu müde sind und Väter, die zu spät heimkommen (um hier wieder einmal alle Klischees zu bedienen – die dennoch von der Rollenverteilung her in den meisten Fällen einfach den Tatsachen entsprechen.)
Auch wenn es keine Großeltern gibt, die das Kind (oder die Kinder) mal übers Wochenende übernehmen können, kenne ich keine Eltern, die zu ihrem Babysitter sagen: „Bitte geh mal zwei Stunden mit ihr zum Spielplatz, und kommt nicht eher heim, wir brauchen mal wieder Zeit zum Liebe machen!“
Liebe Paare: nehmt Euch die Zeit, die Ihr braucht!
Weitere Gründe, warum Eltern-Paare die gemeinsame Sexualität nicht als kraftvolle Ressource in ihrer Beziehung erleben, können zum Beispiel die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper nach Schwangerschaft und Geburt sein, unausgesprochener Groll gegen den Partner, oder das Gefühl vieler Väter, gegen die enge Beziehung zwischen Mutter und Kind keine Chance zu haben und als Liebespartner nicht mehr gebraucht zu werden.
Die meisten dieser Probleme lassen sich lösen. Das Entscheidende ist, der Paarbeziehung wieder den Stellenwert zu geben, den sie verdient. Schafft Euch Raum für Eure Beziehung! Ihr seid nicht nur Eltern, Ihr seid auch ein Paar. Wenn Euch das nicht klar ist, seid Ihr es vermutlich nicht mehr lange.
Es ist wichtig, sich Zeit für Austausch und Gespräche zu nehmen, die über den täglichen Organisations-Kram hinausgehen. Es ist wichtig, sich Zeit für gemeinsame Interessen und Hobbys zu nehmen, um Euch wieder einmal als die Menschen zu erleben, in die Ihr Euch damals verliebt habt. Und es ist wichtig, sich in den Armen des Partners entspannen zu können, um tiefe Intimität und Vertrautheit spüren zu können.
Ich bin Mutter meines Sohnes UND Geliebte meines Mannes. Diese beiden Rollen im Blick zu haben, auch wenn sie nicht in jeder Phase gleichermaßen präsent sind, macht mich stärker und glücklicher, und das tut auch meinem Kind gut.