Rebellion der Unzufriedenen: Versuch einer Annäherung

Ja klar, viele versuchen sich an einer schnellen Zuordnung. Bezeichnen Menschen als Wutbürger. Oder als Modernisierungsverlierer. Dabei wirft gerade dieser Versuch einer Kategorisierung Fragen auf. Das Individuum verschwindet im Sumpf der Namenlosen. Die wenigsten sind Wutbürger. Denn Wut ist etwas Unkontrolliertes. Die meisten sind konstruktiv lösungsorientiert. Natürlich immer im Rahmen ihrer intellektuellen Möglichkeiten. Ich hätte auch viele Gedanken für Österreich und Europa. Diskutierte diese auch, zugegebenermaßen in letzter Zeit etwas seltener. Ich habe ausdiskutiert. Denn in Wahrheit interessiert niemanden, was Menschen wie ich denken. Ich bin aber auch kein Modernisierungsverlierer. Ich lebe mit meiner Frau in einem Haus. Mein Job ist im oberen Management und die Kinder besuchen eine Privatschule. Obwohl es mir gut geht, habe ich Sorge, ob es meinen Kindern auch einmal gut gehen wird. Ich tue dafür alles, was ich kann. Doch damit auch die Rahmenbedingungen dafür existent sind, dafür wähle ich mit Millionen anderen Volksvertreter. Früher war es mir gleich, wenn diese nach der Wahl wieder Versprechen brachen. Denn sie hatten noch Versprechen und manche wurden auch erfüllt. Dieses Vertrauen ist nun dahin. Durch die abstrakten Visionen fühle ich mich verhöhnt. Der eine verspricht 400.000 Jobs mehr, der andere 100.000. Eines zieht sich jedenfalls wie ein rot-schwarzer Faden durch die letzten Regierungen: Leistung wird nicht mehr belohnt. Im Gegenteil: Sie wird durch Steuererhöhungen und kalte Progression bestraft. Der Sozialstaat gesteht sich unausgesprochen sein Scheitern ein: Pensionisten bekommen demnächst ein Almosen von 100 Euro. Was ist das für eine Republik, wo Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, öffentliche Geschenke brauchen, um sich etwas leisten zu können?

Der Blick nach vorne, eine ungefähre Vorstellung wie Österreich in zehn Jahren dasteht, dieser Blick scheint verloren. Vorbei die Zeit klarer Positionen, auch auf europäischer Ebene. Von Mitterand und Kohl blieb nur Merkel. Letztere scheint ziemlich einsam zu sein, während Juncker und Schulz ihre realitätsfernen Spiele spielen. CETA hin, TTIP her – Hauptsache Schulz bleibt Parlamentspräsident. Trotz angeblich gegenlautender Vereinbarung. Aber wenn "die da oben" sich schon gegenseitig austricksen, was machen "die da oben" dann mit uns Normalbürgern?

Auch Österreich erscheint ziemlich planlos. Wir lassen Flüchtlinge ins Land, ohne darüber nachzudenken, was aus diesen Menschen werden soll. Jetzt haben wir schon seit Jahrzehnten keine funktionierende Integration, kein Geld – trotz stetig steigender Steuern - und glauben, uns als Samariter Europas aufspielen zu müssen. „Willkommenskultur“ nennt sich das. Eine funktionierende Integrationskultur wäre mir lieber. Vieles ist anders geworden. Ich ging damals auf öffentliche Schulen. Das kann ich meinen Kindern heute leider kaum mehr zumuten. Gerade in Wien, trotz engagierter Lehrer. Denn vor lauter Willkommenskultur scheint vergessen, dass wir hier in Österreich eine eigene Kultur haben. Und eigene Werte. Diese sollten Flüchtlinge inhalieren und danach leben. Denn offensichtlich haben wir nicht viel falsch gemacht. Wir leben heute in Frieden und Wohlstand. Aber was ist morgen? Ich bin kein Wutbürger, kein Modernisierungsverlierer. Ich bin schlicht und einfach besorgt. So wie viele andere. Aber diese Sorgen werden nicht ernst genommen, sie zählen nicht, werden mit Worthülsen und leeren Versprechungen abgetan. Sind wir besorgt, ob sich die Integration tausender Flüchtlinge ausgeht, werden wir Nazis genannt. Haben wir Angst, ob sich bei geringer werdender Staatseffizienz und hohen Transferzahlungen auch für unsere Kinder noch ein gehobener Lebensstandard ausgeht, werden wir als Wutbürger bezeichnet. Von euch, dem Establishment. Diejenigen, die sich alles richten. Diejenigen, die in der Vergangenheit, als Korruption noch ein Kavaliersdelikt war, zu viel Geld gekommen sind. Und jetzt offensichtlich Angst haben und auch vor Lügen nicht zurückschrecken: Verbindet Hofer mit Öxit. Lachhaft. Glaubt ihr, wir merken nicht, wie verzweifelt ihr uns manipulieren wollt? Aber es ist zu durchsichtig. Und zu spät. Es wird wohl einen Grund haben, warum ihr alle Sascha haben wollt. Aber euer Grund ist nicht unser Grund. Genauso wenig, wie wir zu eurem Sauschädelessen eingeladen sind. Und wenn ihr Hofer so fürchtet, dann ist er wohl der Mann des Volkes. Wir wissen zwar nicht, was danach kommt – aber eines ist klar: Es wird alles anders. In unserer sorgenvollen Verzweiflung sind wir an genau dem Punkt angelangt, wo es gleichgültig ist, was passiert. Aber eines wissen wir ganz genau: Irgendetwas muss passieren.

Dabei wäre es so einfach. Redet mit uns wie mit Erwachsenen. Sprecht uns Mut zu. Zeigt uns, dass ihr einen Plan habt. Gebt uns die Möglichkeit durch eigene Leistung zu Geld zu kommen. Erhöht nicht die Steuern oder Gebühren. Auch nicht indirekt, indem ihr andere zwingt, uns das Geld aus der Tasche zu ziehen. Spart bei euch ein, steigert die Staatseffizienz. Macht einfach euren Job. Denn wenn ihr den Job nicht machen wollt, dann setzen wir unsere Hoffnung eben in andere. Spätestens 2018.

2
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Claudia56

Claudia56 bewertete diesen Eintrag 22.11.2016 22:00:38

baur peter

baur peter bewertete diesen Eintrag 22.11.2016 19:28:59

1 Kommentare

Mehr von Narmer