Gemeinsame Wege gehen: "Links" und "Rechts" hinter sich lassen

Mit den Gegensatzpaaren "Rechts" und "Links" lässt sich gut arbeiten, vor allem journalistisch. Ausreißer wie jener vom situationselastischen Marcus Franz, wonach Hitler eigentlich ein Linker gewesen sei (dass das einen Sturm der Entrüstung nach sich zog, sagte mehr über die Empörten aus als über Franz), treiben die Dichtotomie auf die Spitze.

Ich möchte einmal in Richtung Nachhaltigkeit, Generationengerechtigkeit und Versorgungssicherheit vorstoßen und diskutieren, inwieweit die Kategorien "Links" und "Rechts" hier fehlschlagen und dringend überdacht werden sollten.

Der Schuhmacher "Heini" Staudinger, esoterisch angehaucht, tritt gerne kapitalismuskritisch auf (und - ganz wichtig in unseren Tagen - er hat Schuhe für "Flüchtlinge" gestiftet). Er hat erkannt, wohin die Profitgier und die Gewinnmaximierung führen. Für mich wird vor allem immer deutlicher, dass sie in Wahrheit unglücklich machen. Nicht nur Einzelpersonen, sondern ganze Völker, die bis vor wenigen Jahren noch definitiv von der "Globalisierung" und "Exportorientierung" schwärmten, da sie einen (nur scheinbaren) "Wohlstandsgewinn" brachten. Nun aber, da sich das kapitalistische Karussell immer schneller dreht, purzeln unsere überalterten, saturierten Gesellschaften immer mehr. Der Mittelstand zerbröselt (die Unterschicht ist sowieso nach wie vor komplett am Sand), kleinere und mittlere Unternehmen haben es nicht erst seit gestern zunehmend schwerer, zu überleben - dasselbe gilt für die Bauern.

Wenn ich früher in der "Presse" oft las, dass die Allgemeinheit in Österreich so profitiert hätte von freier Marktwirtschaft und Kapitalismus, da sich die breite Masse noch nie so viel leisten konnte wie jetzt, dann versetzte mich das ins Staunen. Was für ein Gottesgeschenk ist es, dass ich mir beim Deichmann um 20 Euro Billigschuhe aus kontrollierter Kinderarbeit aus Bangladesch kaufen kann, die über den halben Globus transfriert werden und nach ein paar Mal Tragen auseinanderfliegen? Dass ich mir das auch öfters im Jahr leisten kann, ist also der große Sprung nach vorne. Währenddessen sperrten unsere Schuhmacher zu (bis auf ein paar wenige wie Steinkogler in Ebensee). Heimische Arbeitsplätze gingen und gehen verloren, da viele kleinere Betriebe im globalen Wettbewerb preislich nicht konkurrieren konnten. Wie auch, wenn das Motto des Einzelnen "Geiz ist geil" lautet? Uns hat man das Hirn verrußt, uns beseelt mit Gier, Acht- und Wurzellosigkeit.

Neben dem finanziellen Aspekt fehlt nämlich auch das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Heimat, das zwar bei Lebensmitteln in Österreich eine Rolle spielt, bei vielen anderen Artikeln jedoch nicht. Beispiel Tracht: ein urwüchsiger, überlieferter Ausschnitt alpenländischer Tradition. Geht man in Trachtengeschäfte und fragt, woher die Ware stammt, erntet man bisweilen erstaunte, ahnungslose Blicke. Darauf ist man nicht gefasst, es spielt offenbar keine Rolle. Warum auch, bei Adidas fragt auch niemand nach (woher kommt die Milch? - Vom Billa. Man kennt das). Lange muss man suchen, aber man wird auch hier fündig. Es sind jene, die eher still und ohne Aufmachung arbeiten und Werte hochhalten. Hier verknüpft sich Nachhaltigkeit, ökologisches Handeln, Handel auf Augenhöhe, der Verzicht auf Ausbeutung und die regionale und nationale Wertschöpfung und Produktion. Dies bedeutet die Stärkung der nationalen und regionalen Wirtschaft, die ein Widerhaken ist gegen die totale Amerikanisierung und Globalisierung unseres Landes und Lebens.

Mich beschleicht nur sehr oft das Gefühl, dass diese Themen politisch besetzt sind. Und das finde ich jammerschade. Mir ist es doch vollkommen egal, ob der Staudinger ein Grüner ist oder Frau XY ÖVP-nahe oder freiheitlich. Hier wäre es - einmal mehr - an der Zeit, diese unsinnigen Kategorien einzureißen. Dasselbe gilt für TTIP-Proteste oder andere globalisierungskritische Themen und Veranstaltungen. Es muss nicht immer alles aussehen wie eine Grüne Basisveranstaltung, aber auch nicht wie ein burschenschaftlicher Diskussionsabend in Farbe. Ich plädiere dafür, bei gleicher Interessenslage gemeinsame Kraftakte zu vollführen und nicht einander im Weg zu stehen, bloß weil man bei anderen Themen ganz anderer Meinung ist.

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